Hi, Society
habe, ich weiß, dass ich es allein nicht schaffe, und ich würde mich nie so verantwortungslos Maries Schuhen gegenüber verhalten und ihre Absätze im Pflaster riskieren. Ich meine, ich habe heute schon einen Strassstein verloren. Zum Glück habe ich ihn wiedergefunden und gleich morgen werde ich ihn zum Schuhmacher bringen und ich bin sicher, dass man hinterher nichts mehr davon merken wird.
Ich stelle die Heels neben die Steinstufe, die zum Brunnen hinaufführt. Noch immer dreht sich alles. Wow, ich glaube jetzt, wo ich sitze, kann ich gar nicht mehr aufstehen. Ich bin so fertig, am liebsten würde ich mich gleich hier hinlegen und ein wenig verschnaufen.
»Komm Elli!«, dringt da Eriks Stimme zu mir durch.
Mensch, kann der manchmal nervtötend sein. Dabei raste ich doch nur ein wenig. Sie wissen schon – meine Augen … die … sollen sich blooooß …
»Elli!«
Ich nehme verschwommen wahr, wie er sich über mich beugt. Mhm, er riecht gut und ich bin zu müde, um mich zu wehren. Er umfasst meine Taille und hebt mich hoch. Ich will meinen Kopf gerade auf seine Schulter legen, als es passiert. Erst verstehe ich gar nicht, was eigentlich passiert. Ich sehe alles ziemlich unscharf und bloß aus den Augenwinkeln, aber da kommt ein Mann mit blonden Haaren den Graben entlang und auf Höhe des Josefsbrunnen schlägt er einen Haken, direkt auf uns zu. Erik ist so damit beschäftigt, mich auf seine Schulter zu hieven, dass er es überhaupt nicht bemerkt, aber dieser Typ, der bückt sich blitzartig und ich traue meinen Augen kaum, er greift sich meine Schuhe.
»Meine Manolos!«, schreie ich aus tiefster Kehle und fuchtle wie wild geworden in die Richtung, in die er auch schon davonrast, während Erik geistesgegenwärtig die Verfolgung aufnimmt. Er muss Profisprinter oder von der Securitate oder so höchst selbst ausgebildet worden sein, er rast in einem Höllentempo den Graben hinauf. Erik hat alle Mühe hinterherzukommen in seinem Anzug.
»Polizei, Polizei!«
»Überfall!«, schreie ich mir derweil die Stimme aus dem Leib! Doch nichts rührt sich. Die paar Passanten, die noch am Graben unterwegs sind, ignorieren mich genauso wie die Kostüm-Kartenverkäufer für völlig überteuerte Touristenkonzerte. Es ist, als hätte ich gesagt ›Mozart-Konzert‹ und dieser Typ hier will mir doch allen Ernstes die Morgenzeitung verkaufen. »Ich bin überfallen worden!«, brülle ich ihn voller Entsetzen an, worauf er mich nur anlächelt und sagt: »Vielleicht steht’s morgen im Kurier.«
»Polizei, Polizei!«, schreie ich weiter, während der Zeitungsverkäufer kopfschüttelnd von dannen zieht. »Wo bleiben die nur?« Na bestimmt müssen sie irgendwo den Ring absperren, ist ja Life-Ball oder Redoute oder Premiere in der Burg. Das ist ja auch viel wichtiger als höchst gefährliche High Heel-Diebe zu stellen.
Ich schreie noch immer, aber ich sehe nichts mehr. Weder ihn noch Erik. Sie sind beide irgendwo im Dunkel hinter der Peterskirche verschwunden.
Ich weiß nicht, was ich machen soll. Erik taucht nicht mehr auf, aber dafür nach einer gefühlten Ewigkeit zwei Polizisten vom Hof, die mir in diesem Moment in ihren Uniformen direkt gegenüberstehen und ich kann nur sagen, es ist nicht lustig. Sie nicken zwar, aber irgendwie scheinen sie weder von meiner Glaubwürdigkeit noch der Dringlichkeit meines Anliegens so recht überzeugt. Ich meine, sie machen sich überhaupt keine Notizen und sie haben mir noch nicht mal erlaubt, ihnen die Schuhe aufzuzeichnen. Sie wissen schon, für das Fahndungsfoto. Und die ganze Zeit tauschen sie so komische Blicke aus und erst diese ganze überflüssige Fragerei: »Können Sie sich ausweisen? Diebstahl? Sind Sie sicher? Eine Manolo-Blahnik-Bande? Organisiertes Schuhverbrechen?«
Jetzt hört aber alles auf. Der hat gegrinst!
»Bestünde die vage Möglichkeit«, er räuspert sich, »dass Sie sie vielleicht einfach vergessen haben, ihre Mona-Lisa Blasscheks, gnädige Frau?« Er zieht erfreut die Brauen hoch.
»Hören Sie, das ist Ernst!«, bin ich knapp davor auszuflippen. »Es gibt Leute, die Schuhe stehlen.« Ich meine ehrlich, haben die noch nie Sex and the City gesehen?
»Elli!«, ertönt da eine abgekämpfte Stimme im Hintergrund. Ich drehe mich um und da ist er. Erik. Er ist ziemlich außer Atem und ich weiß nicht, wo sein Sakko abgeblieben ist, aber er hat sie, die Schuhe, und sie sind unversehrt.
KAPITEL 13
D
er Morgen von Sophie Schwarz begann mit einer Überraschung. Doch
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