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Hi, Society

Hi, Society

Titel: Hi, Society Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolin Park
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Ernst. In letzter Zeit passieren mir wirklich ganz seltsame Dinge mit diesen Schuhen«, fahre ich fort. Sophie zieht neugierig ihre Augenbrauen hoch, während sie ein Stück Punschtorte hervorholt und ich mich ernsthaft wundere, dass sie all diese Torten ohne Angst um ihre Figur einfach so in sich hineinstopft. Mal im Ernst, sie kann normalerweise noch nicht mal eine Trockenaprikose essen, ohne mir einen Vortrag über die negative Wirkung von Fruchtzucker auf die Hautzellenerneuerung zu halten.
    »Da war so ein Typ, der meine Schuhe fotografieren wollte!«
    »Igitt!« Sie zieht ein entsetztes Gesicht und ich nicke. »Direkt vorm Sacher stand er mit dieser Kamera. Es war extrem gruselig. Bestimmt ein Peeptoe-philer oder so.«
    »Gibt es denn so was?«
    »Keine Ahnung!«, zucke ich mit den Schultern. »Vielleicht war es auch ein Peeptoe-Paparazzo oder ein Stiletto-Stalker. Aber ich habe ihn heimlich mit meinem Handy fotografiert. Man weiß ja nie.« Ich greife eben nach meinem iPhone, um ihr die darauf gespeicherten Bilder zu zeigen, als es schon wieder klingelt. Keine Ahnung, was da heute los ist.
    »Frau Dr. Weitzman?«, erklingt eine fremde Stimme, sobald ich abgehoben habe. Sie scheint sehr weit weg, es rauscht ein wenig und im Hintergrund sind Fluggeräusche zu vernehmen.
    »Am Apparat«, sage ich in meinem professionellen Therapeuten-Ton und meine Augen vergrößern sich augenblicklich, als sie sagt: »Ich brauche dringend Ihre Hilfe. Hier ist Katharina Thor.«

KAPITEL 16
     

    A
    ls ich ablege, kann ich es noch gar nicht fassen. Ein Glück, dass Sophie das ganze Gespräch mit angehört hat, sonst würde ich echt denken, dass ich irgendwie zu viel Zucker abbekommen habe oder irgendeine toxische Reaktion auf Eiweißglasur und Hangover zu einer fiesen Form von Halluzination geführt haben muss, weil es nämlich tatsächlich Katharina Thor war, die mich eben aus Los Angeles angerufen hat. Sie zählt zum Ensemble des Theaters in der Josefstadt, ich habe sie in Lumpazivagabundus mit Erik gesehen und jetzt halten Sie sich fest: Sie wird in wenigen Wochen die Rolle von Marie von Stetten in dem neuen Woody-Allen-Film übernehmen und als stimm- und sprechtechnische Vorbereitung darauf will sie ein paar logopädische Therapiestunden bei mir.
    Also im ersten Moment hab’ ich ja gedacht, sie hätte sich verwählt, als ich ihren Namen hörte und dann hätte ich am liebsten vor lauter Freude lauthals: »Danke, D-a-n-k-e, Danke!«, gequietscht und »Wann immer Sie wollen. Ich stehe jederzeit zur Verfügung. Sie brauchen nichts zu bezahlen und ein Parfum gibt’s gratis oben drauf!«, gesagt, so sehr habe ich mich gefreut. Ein echtes Glück, dass Sophie da war und mir entsprechende Gesten geschickt hat. So bin ich völlig professionell geblieben und habe ihr erklärt, dass ich eine sehr lange Warteliste hätte und unmöglich so kurzfristig Termine freimachen könnte, weil ich nämlich die Donatella Versace der Voice and Vocal-Coaches sei – das war ein weniger genialer Einfall von Sophie – und nachdem sie mich schon um eine Empfehlung einer Kollegin bat, da sie nämlich dringend jemand bräuchte, da habe ich noch schnell das Ruder rumgerissen und erklärt, dass ich unter diesen besonderen Umständen vielleicht den einen oder anderen Termin verschieben könnte, was so viel heißt, dass ich das Lesen der Vogue um eine Stunde nach hinten verschiebe und sie hat ja gesagt. Ja! Ist das nicht spitze?
    Ich weiß, kein Grund gleich auszuflippen, bisher haben wir bloß einen Termin für kommenden Montag vereinbart, um uns näher kennenzulernen und die weiteren Details zu besprechen und vielleicht braucht sie überhaupt gar keine weiterführende Therapie, aber es ist doch so, es ist ein Anfang und wenn alles gut läuft, dann brauche ich mir hoffentlich keine Sorgen mehr zu machen, wie ich die nächste Monatsmiete auftreibe.
    »Das müssen wir unbedingt feiern!«, juble ich, gleich nachdem ich meinen Freudentanz um den Wohnzimmertisch vollendet habe, und zische hinüber ins Schlafzimmer, wo ich die kleine schwarze Karte aus meinem Schreibtisch hervorziehe, die ich vor Wochen bei Marie gefunden habe, während Sophie, die mir gefolgt ist, etwas verwirrt das komplizierte Styropormodell auf meinem Schreibtisch in Augenschein nimmt. »Wow!«, sagt sie auf einmal. »Ist das der Sitzplan?«, während sie interessiert den kompliziert-bunten Entwurf nummerierter Stecknadeln, dazu passender Legenden und ausgedruckter Namenslisten

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