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Hibiskusblüten

Hibiskusblüten

Titel: Hibiskusblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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gesagt?“
    Nun huschte so etwas wie ein schmerzliches Lächeln über ihr Gesicht, und ihre blassen Wangen röteten sich ein wenig. Halb lachend, halb weinend sagte sie:
    „Eine alte Spinatwachtel hat er mich genannt. Er meint, er werde dies bißchen Erkältung bald überstanden haben und...“
    „Weiß er nicht, daß es Lungenentzündung ist?“
    „Doch, aber er nimmt’s nicht ernst. Den Hibiskusdieb, sagte er, den würden Sie schon fassen.“
    „Haben Sie ihm nicht gesagt, daß Eve es war?“
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Nein; denn erstens war sie’s ja nicht allein, und zweitens mag er das Kind nicht besonders gern. Er sieht in Eve immer nur meinen Mann, und er sagt, Eve würde auf die gleiche schiefe Bahn geraten wie Franky. Außerdem — ach, es ist alles so unheimlich, Mister Stretcher! Ich habe keinen Menschen, dem ich mich anvertrauen kann; wenigstens nicht sowie Ihnen. Sie müssen den Fall klären, sonst habe ich keine ruhige Minute mehr.“
    „Ich will es versuchen“, versprach ich ihr, „ich will mir jede erdenkliche Mühe geben. Haben Sie auch mit Doktor Howard gesprochen?“
    „Ja. Als der andere Arzt fortgefahren war, sprach ich mit ihm. Er sagte mir, daß er dran schuld sei, weil er Eve diese dumme Geschichte erzählt habe. Ich sagte ihm, daß ich Angst hätte.“
    „Und? Was meinte er dazu?“
    Nun lächelte sie wirklich.
    „Er riet mir, mich an Sie zu wenden. Er sagte, er halte Sie für einen klugen Menschen, der es bestimmt herausbringen würde, wenn irgendwas nicht mit rechten Dingen zuginge. Er sagte auch, daß er Völkerstämme kenne, die an einen Fernzauber glaubten, aber er halte es für ausgeschlossen, daß so was in Wirklichkeit geschehen könne. Das ganze, sagte er, müsse ein Zusammentreffen merkwürdiger Zufälle sein. Er gestand mir sogar, daß er sich Sorgen gemacht habe, ob er seinerzeit, beim Tode meiner Mutter, eine richtige Diagnose gestellt habe — ob es nicht doch etwas anderes gewesen sein könne, aber nun habe er ja auch die Bestätigung von Doktor Cassner. Eine Lungenentzündung liege ganz bestimmt vor — wie bei meiner Mutter —, und das sei eine zwar traurige, aber durchaus natürliche Krankheit. Doktor Howard hofft, daß Sie den Hibiskusdieb bald finden, wodurch sich alles aufklären würde.“
    Ich nahm mir vor, Doktor Howard anzurufen und mich bei ihm für seine Unterstützung zu bedanken. Er hatte genau das getan, was ich mir wünschte: er hatte mir nun die Möglichkeit verschafft, mich öfters im Pickleshaus aufzuhalten, und was mir noch wichtiger war, ich konnte nun mit Mrs. Buttom offen reden und hatte in ihr eine zuverlässige Verbündete.
    „Ich will mir die größte Mühe geben“, wiederholte ich, „machen Sie sich keine Sorgen. Sicherlich hat Doktor Howard recht, und wir sind alle das Opfer einer dummen Mystifikation.“
    Sie schaute auf ihre Platinarmbanduhr und stand rasch auf.
    „Ich muß gehen“, sagte sie. Sie war nun wieder von der gleichen, zerfahrenen Hastigkeit wie anfangs.
    „Einen Augenblick noch, Mrs. Buttom“, bat ich sie. „Ich möchte Ihnen nur noch einige Fragen stellen. Wie stehen Sie augenblicklich mit Ihrem geschiedenen Mann?“
    Sie hätte nicht mehr erschrecken können, wenn ich sie plötzlich geohrfeigt hätte.
    „Was — was — meinen Sie mit dieser Frage?“
    „Verzeihung, es gehört zu meinem Beruf, Fragen stellen zu müssen. Oft bin ich gezwungen, Fragen zu stellen, die mit der Sache selbst scheinbar nichts zu tun haben. Treffen Sie ihn noch ab und zu?“
    Sie senkte den Blick und wurde richtig rot.
    „Ja, manchmal.“
    „Sie lieben ihn noch?“
    Sie nickte stumm.
    „Und er?“ forschte ich unbarmherzig. „Liebt er Sie auch noch?“
    „Ich weiß es nicht“, sagte sie leise, so daß ich sie kaum verstand, „ich weiß es nicht, ob er mich liebt. Ich weiß auch nicht, ob er mich jemals geliebt hat. Vielleicht hatten meine Mutter und Onkel Joshua recht, die sagten, Franky liebe nur mein Geld. Ich glaube aber nicht, daß er so ist. Ich glaube, daß ich ihm mehr war als alle die anderen Mädchen, deretwegen wir geschieden wurden.“
    „Warum haben Sie sich scheiden lassen, Mrs. Buttom?“
    Sie seufzte tief auf.
    „Mein Gott“, sagte sie, „das brach damals alles so über mich herein. Es hätte vielleicht einen Skandal gegeben; denn Onkel Joshua drohte, uns das Geld zu sperren. Ich dachte auch hauptsächlich an Eve — vielleicht auch war ich anfangs selbst zu wütend, um vernünftig denken zu

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