Hibiskusblüten
mein Junge“, fuhr er fort, „aber für den guten Franky sieht das doch verdammt übel aus. Ich werde ihm ganz gewaltig auf dem Nerv herumbohren.“
Und dann erklärte er mir, wie herrlich einfach alles sei, wenn Franky dahinter steckte; er hatte das stärkste Motiv.
Anschließend erklärte ich ihm, nun ohne Mary-Ann, meine wirkliche Ansicht. Sie war so, daß Marting anfangs nur das Gesicht verzog, die Nase rümpfte und heftig abwinkte. Aber ich sprach unbekümmert weiter, und so absurd mir diese Idee anfangs selbst erschienen war, so logisch und rund wurde sie, während ich sprach. Mein altes Rezept bewährte sich wieder einmal: wenn man etwas selber nicht ganz klar weiß, muß man es jemand anderem erklären — dann weiß man’s hinterher genau.
„Teufel noch mal“, sagte er, „wenn das stimmt — es ist überhaupt die einzig mögliche Lösung. Aber woher wollen Sie die Beweise nehmen?“
„Als ich anfing“, erklärte ich ihm, „hatte ich nur einen Ansatzpunkt: die Hibiskusblüten. Jetzt habe ich schon drei: die Blüten, das fehlende Fotoalbum und Eve. Lassen Sie mich arbeiten, und halten Sie mir den Rücken frei.“
„Wird gemacht, mein Junge.“
„Und dann noch etwas: Sie haben mir meine Pistole abgenommen. Ich hatte nur die eine. Könnten Sie mir...“
Er öffnete seine Schreibtischschublade und schob mir einen Neun-Millimeter-Colt samt Halfter zu.
„Ist ein Veteran“, sagte er, „aber genauso zuverlässig.“
Er schob mir auch noch eine Schachtel mit Munition herüber.
„Das reicht für die nächsten Tage“, bemerkte er lächelnd.
„Vielen Dank, Marting“, sagte ich, „ich werde mir die größte...“
Er hielt sich die Ohren zu.
„Nun fangen Sie schon wieder an zu quatschen, junger Mann“, sagte er, „hauen Sie endlich ab.“
Er drückte auf seinen Knopf, und als diesmal ein anderer Sergeant hereinkam, hielt er ihm den Eisbeutel hin.
„Neues Eis, Elvin“, sagte er, „dieser Detektiv da hat mir Kopfschmerzen verursacht.“
Er streckte mir die Hand hin.
„Gnade Ihnen Gott“, sagte er, „wenn Ihr Märchen mit den Hibiskusblüten ein Märchen bleibt! Aber nun wollen wir doch mal den Alten aufschnippeln lassen. Wenn das Mädchen noch lebte, hätte ich Ihnen das glattweg abgeschlagen.“
Er wählte die Nummer des Krankenhauses und ließ sich mit Doktor Cassner verbinden. Er sagte ihm, daß die Leiche Joshua Pickles beschlagnahmt sei und ins Gerichtsmedizinische Institut verbracht werden würde. Die schriftliche Bestätigung würde er noch bekommen.
„Das ist alles“, sagte er zu mir. Er nickte mir zu, grinste wie ein alter Teufel und fuhr fort: „Und wenn Sie wieder Sorgen haben, kommen Sie ruhig zu Onkel Marting.“
„Vielleicht“, sagte ich, „schaue ich heute abend noch einmal bei Ihnen vorbei. Ich möchte wissen, wie Ihr Eindruck von Franky ist.“
„Tun Sie, was Sie nicht lassen können“, sagte er, „aber eins sage ich Ihnen gleich: Mein Dienst ist um sechs Uhr beendet und ich bleibe nicht eine Minute länger im Büro.“
Ich fuhr langsam nach Hause. Ich hatte bei Marting eine große Rede geschwungen, wirklich, und nun war mir Angst vor meiner eigenen Courage.
Unterwegs entdeckte ich einen Laden, wo ich ein kleines Halsband, eine Leine und eine Hundeschüssel kaufte. Außerdem nahm ich noch eine Schachtel Welpenfutter mit, von dem mir der Verkäufer versicherte, es gäbe nichts Besseres für einen jungen Hund.
Vor meinem Haus stand ein großer, schwarzer Cadillac mit offenem Verdeck. Neben dem Fahrersitz, auf dem roten Lederpolster, lag ein weißer Strohhut und darunter weiße Handschuhe.
Ich wartete vor dem Eingang, und kurz darauf erschien Doktor Howard.
„Ach“, rief er, „da sind Sie ja. Ich rief einige Male bei Ihnen an, und nun habe ich oben eine Nachricht für Sie hinterlassen.“
„Haben Sie noch Zeit?“ fragte ich. „Kommen Sie mit hinauf?“
Er schaute auf seine weißgoldene Armbanduhr.
„Ja“, sagte er, „eine halbe Stunde.“
Ohne zu fragen, schenkte ich ihm oben ein Glas Whisky ein.
„Was wollten Sie mir sagen, Doktor?“
„Ich hatte Mrs. Buttom empfohlen, sich Ihnen anzuvertrauen“, begann er, und ich unterbrach ihn sofort:
„Vielen Dank, ja, das hat sie auch getan.“
Er schaute mich prüfend an.
„Ich sprach heute mittag nochmals mit ihr“, fuhr er fort, und ich unterbrach ihn wieder.
„Wann war das?“
„Vielleicht um eins.“
„Sagte sie, woher sie kam?“
„Ja, und das ist einer der Gründe,
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