Hibiskusblüten
wieder auf seine Armbanduhr.
„Ich bin froh“, sagte er aufstehend, „daß ich Sie angetroffen habe. Lassen Sie mich’s bitte wissen, wenn sich etwas Neues ergibt. — Was werden Sie jetzt tun?“
„Einen jungen Mann suchen, der Teddy heißt.“
Ich begleitete ihn bis zum Lift. Wir schüttelten uns nochmals kräftig die Hände.
„Ich bin auch froh“, versicherte ich, „daß ich weiß, in Ihnen einen Verbündeten zu haben.“
Als er im Lift verschwunden war, kehrte ich in mein Büro zurück. Ich mußte ihn bei nächster Gelegenheit einmal nach seinem Schneider fragen; wenn ich jemals im Leben viel Geld verdienen sollte: meine Anzüge müßten vom gleichen Schneider stammen!
Ich fing an, John zu suchen. Er hockte unter meinem Schreibtisch und begann, einen meiner Hausschuhe aufzufressen.
Ich tat etwas von dem Welpenfutter in sein Schüsselchen, goß Milch darüber, und stellte es ihm hin. Er schnupperte daran, setzte sich daneben hin und schaute mich erwartungsvoll an. Wir aßen dann beide zusammen mit bestem Appetit den Rest kalten Braten, den ich noch im Kühlschrank hatte.
Um drei Minuten vor sechs rief ich Marting an.
„Nichts“, sagte er, „keine Widersprüche in den Aussagen und keine neuen Verdachtsmomente. Er hat alles zugegeben, die Zeiten stimmen, und er sieht nicht gerade aus wie ein Mörder. Aber man kann sich natürlich irren. Jedenfalls war er zur fraglichen Zeit draußen. Ich möchte aber annehmen, daß er ein besseres Alibi hätte, wenn er der Mörder wäre. Ach ja — da liegt gerade der Obduktionsbefund im Falle Dinah Clearney vor mir. Das Mädchen war schwanger.“
„Weiß ich, Mister Marting.“
„Was?“ rief er. „Sie wußten das? Sind Sie Hellseher? Sie war doch erst im...“
„Doktor Howard war gerade bei mir und hat es mir gesagt.“
Ich hörte ihn leise durch die Zähne pfeifen.
„Ja“, sagte ich lachend, „es läuft alles viel zu schön, um wahr zu sein. Der Vater des Kindes soll Teddy heißen — mehr wußte Howard auch nicht. Können wir in Los Angeles einen jungen Mann suchen, von dem wir nichts anderes wissen, als daß er Teddy heißt und in einem Werbebüro arbeitet, dessen Namen wir auch nicht kennen?“
„Natürlich können wir das. — Sonst noch was?“
„Genügt’s Ihnen noch nicht?“
Wir hängten lachend ein, und ich rief Muriel an. Ich freute mich, ihre Stimme zu hören.
„Hallo, Liebling“, sagte ich, „es wird ungefähr eine Stunde dauern.“
„Was wird so lange dauern?“
„Bis ich bei dir sein kann.“
„Kannst du nicht ein klein bißchen schneller fahren?“
„Nein. In dieser Zeit sind ohnedies schon ein paar Strafen einkalkuliert. Was ist los da draußen?“
„Oh, allerhand! Den ganzen Tag über sind Leute gekommen, die sich Dinahs Häuschen angeschaut haben. Unglaublich, wie rasch sich so was herumspricht. Es ist aber alles versiegelt.“
„War die Polizei nicht mehr bei dir?“
„Nein.“
Während ich sprach, sah ich, wie sich John in die Nähe der Türe setzte und es laufen ließ.
„He! John!“ rief ich. „Wirst du das wohl sofort..
„Mit wem sprichst du denn?“ fragte Muriel.
„Mit John“, sagte ich.
„Ist das ein Freund von dir?“
„Ja. Ich bring’ ihn später mit.“
„Oh!“ machte sie nur, und dieses „Oh!“ verriet mir mehr als eine komplette Liebeserklärung.
„Ja“, sagte ich, „es wird sich nicht vermeiden lassen. Aber du wirst sehen, daß er uns nicht stört.“
Nun wurde sie borstig.
„Ich wüßte nicht, wobei er uns stören könnte. Und nun mach Schluß, setz’ dich in dein Auto und komm ganz schnell heraus!“
Wir hängten ein, und ich hielt John einen Vortrag darüber, daß man so was grundsätzlich nicht tut, schon gar nicht, wenn Herrchen telefoniert und nichts unternehmen kann.
Ich duschte, zog mich um, kontrollierte Martings Colt, und dann fuhr ich mit John zu Muriel. Es war einer jener violetten Abende, wie sie hier häufig sind, wenn das Wetter beständig bleibt. Trotzdem war es noch fast hell, als ich droben ankam. Muriel kam aus dem Haus gelaufen. Sie hatte heute einen bunten, weiten Rock an, und sah noch viel mehr wie ein Mädchen aus.
Während ich sie im Arm hielt, schaute sie über meine Schultern.
„Wo ist dein Freund John?“
„Sitzt noch im Wagen“, sagte ich.
Sie machte große Augen. Wir gingen hin und ich hob John heraus. Ich gab ihn ihr auf den Arm.
„Wo ist denn Oliver?“ fragte ich, „wir müssen achtgeben, daß er John nicht aus Versehen
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