Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hidden Moon

Hidden Moon

Titel: Hidden Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
beiden Augen darin, und das Blut, das nicht seinem Körper entsprang, sondern den Leibern der toten Vögel ihm zu Füßen, hatte -ob zufällig oder in obskurer Absicht - kryptische Symbole von furchtbarer Ausdruckskraft darauf gezeichnet.
    Manches von diesem Blut war geronnen, jenes in Hidden Moons Mundwinkeln mit Sicherheit aber noch ganz frisch .
    Er hatte Lilith schon früh bemerkt, nicht erst, als sie unmittelbar bei ihm ankam.
    »Besser, du wärst nicht gekommen .«
    »Stimmt«, gab sie zu. »Aber das wußte ich vorher nicht. Ist es nicht verrückt, daß ich mir Sorgen um dich machte?« Sie hatte Mühe, zurückzuhalten, was sich hinter ihrer Kehle staute.
    »Ich konnte nicht dagegen an«, sagte er, ohne wirklich den Eindruck zu erwecken, sich rechtfertigen zu wollen. Dennoch schien Li-liths Ankunft etwas in ihm zu bewegen - und zu verändern. Bewegung kam in die wie in Stein gemeißelte Mimik. Auch die Pupillen verloren ein wenig von ihrem gläsernen Frost.
    »Hast du es denn versucht?«
    Er schwieg.
    »Warum hast du mich belogen?«
    »Belogen?«
    Sie zeigte auf die Kadaver, insgesamt drei. »Das sind nicht deine ersten Opfer. Der Adler, den du mir in der Stadt gezeigt hast, war auch von dir getötet, oder?«
    Er richtete den Blick nach innen, zögerte kurz, dann nickte er.
    »Warum?« fragte sie. »Ich dachte, die Adler seien euch heilig. Haben nicht Chelana, Pacahee und Metseeh dasselbe getan wie du -weil sie besessen waren von einer abgründigen Kraft?«
    »Das kannst du nicht vergleichen.«
    »Nein?«
    Sein Blick ging ins Leere. Seine Lippen zuckten. Lilith wußte nicht, was er gerade in sich selbst erkannt hatte, aber es schien ihn zu entsetzen. Plötzlich streckte er die Hände aus. Die Maske fiel - aber darunter kam auch nur etwas zum Vorschein, was die Frage aufwarf, ob dies nicht eine erneute Verstellung war.
    »Hilf mir ...«, stammelte der Arapaho, ohnmächtig wie das Kind, das vor kaum noch vorstellbar langer Zeit durch diesen Wald gerannt war - auf der Flucht vor einer Werwölfin, die ihn schließlich im Unterholz aufgespürt und sein Schicksal besiegelt hatte. »Wenn du kannst . dann hilf mir! Ich weiß nicht mehr weiter .«
    Seine Stimme versagte. Fast angeekelt starrte er auf seine Hände -auf das Blut daran, das nur von den bestialisch verstümmelten Vögeln um ihn herum stammen konnte. »Ich wollte es nicht . Ich wollte es nicht! Ich rief nach ihnen. Ich wollte einen neuen . Seelenvogel erwählen! Aber jedesmal, wenn ich den Kontakt vertiefen wollte - reagierten sie mit ... Verweigerung, und aus Wut darüber .«
    »Aus Wut?«
    Hidden Moon nickte. »Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Ich konnte meine Emotionen einfach nicht mehr zügeln. Sie gingen mit mir durch . und du hast recht, es war nicht das erste Mal .«
    Lilith wußte nicht, was sie antworten sollte. Der Mann vor ihr auf dem Baumstumpf war nicht mehr derjenige, zu dem sie sich intuitiv und überaus stark hingezogen gefühlt hatte .
    ... warum akzeptierte sie es dann aber nicht einfach, ihn verloren zu haben? Warum dachte sie nicht endlich an sich und ihre Not?
    Auch wenn sie nach außen hin die Fassade aufrechterhielt, innerlich ähnelte sie längst dem Zerrbild, in das sich Hidden Moon verwandelt hatte.
    »Du wirkst auf mich bedauernswert, krank, ja geradezu ... schizophren«, sagte sie.
    Er widersprach nicht einmal, im Gegenteil. »Das bin ich wohl auch. Ich mißtraue mir selbst. Bei allem, was ich tue oder sage, beobachte ich mich wie jemanden, den ich nicht kenne und nie kennenlernen möchte! Als ich dir den Leichnam des ersten Adlers brachte, wollte ich dich schon .«
    »Wolltest du mich ...?«
    Er mied das Wort. Aber Lilith las es in seinen Augen.
    »Töten?« fragte sie.
    Da entflammte in seinen Augen ein Licht.
    Hidden Moon schrie qualvoll auf - so laut, so tollwütig, daß die Adler am Himmel auseinanderstoben, während sich der auf dem Baumstumpf kauernde Arapaho ein Gefieder überstreifte und Lilith zu seiner Beute erkor. Mit rauschendem Flügelschlag und irrlich-ternden Gedanken schoß Hidden Moon auf sie zu.
    Erneut durfte er sich dabei begleiten, wie er Dinge tat, für die er sich bei klarem Verstand gehaßt hätte .
    * Es kam von ganz innen und war ein verzweifeltes Aufbäumen von Hidden Moons finsterer Seite. Die es nicht duldete, wie er sich einer Fremden gegenüber zur Rechtfertigung verpflichtet fühlte. Die nicht wahrhaben wollte, daß diese Fremde alles andere als fremd war .
    Wyando wurde zum Berserker.

Weitere Kostenlose Bücher