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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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langwierig und langweilig. Das Leben bestand aus Satteln, Reiten, Lassowerfen, Einfangen, Zusammentreiben, Absatteln, Essen, Schlafen und das Ganze wieder von vorn. In klaren, trockenen Nächten schien das Gekläff der Kojoten in geraden Linien von einem einzigen Punkt auszugehen, gekreuzt wie gespannte Drähte. Wenn der Himmel sich bedeckte, folgte das Geheul anderen geometrischen Gesetzen und überschnitt sich wie konzentrische Kreise um eine Handvoll ins Wasser geworfene Steine. Doch meistens schmirgelte der Wind, der über die Ebene brauste, die Schreie zu einer Art Kojotenstaub aus vielen kleinen Klangpartikeln. Archie sehnte sich nach seinem geliebten Zuhause, wo er die Weide für seine Pferde einzäunen und mit Rose glücklich sein konnte. Er dachte an das Kind, das sie erwarteten, stellte sich einen halbwüchsigen Jungen vor, der ihm half, in der Wüste Fallen für wilde Pferde zu errichten und die Mustangs zu fangen. Ein Baby konnte er sich nicht recht vorstellen.
    Gegen Ende des Spätsommers sah Sink, dass Archie aufrecht im Sattel saß, still und beherrscht war und mit Pferden umgehen konnte. Der Junge gehörte zu jenen, denen Pferde trauten, war ruhig und gelassen. Er jodelte morgens nicht mehr und sang nur noch nach dem Abendessen, wenn andere zu singen begannen und seine Stimme sich einfügte, ohne aufzufallen. Er war ein Einzelgänger, starrte oft in die Ferne, doch jeder von ihnen hatte jenseits des Horizonts etwas Wertvolles. Trotz seines Könnens im Umgang mit Pferden hatte ihn ein Wildpferd abgeworfen, das von Wally Finch zugrunde gerichtet worden war, und als er instinktiv eine Hand ausgestreckt hatte, um sich abzustützen, hatte er sich das Handgelenk verstaucht und hatte monatelang mit badangiertem Arm reiten und alle Arbeiten einhändig verrichten müssen. Vorarbeiter Alonzo Lago hatte Wally Finch gefeuert und sich geweigert, ihn für ruinierte Pferde zu bezahlen, auch wenn es wilde Mustangs waren, und hatte ihn zu Fuß nach Montana zurückgeschickt.
    »Junge, man kann so fallen, dass man sich nicht wehtut«, sagte Sink. »Du musst die Arme verschränken, eine Schulter hochziehen und deinen Kopf ducken. Wenn du hinfällst, drehst du dich ein bisschen, damit du mit der Schulter auf den Boden triffst, und dann rollst du dich ab und kommst auf die Füße.« Er wusste nicht, warum er ihm das erzählte, und sagte mürrisch: »Scheiße auch, wirst schon sehen.«

Rose und die Kojoten
    Es war ein heißer Juli, die Luft summte, das Land war so trocken wie ein abgewetzter Schafhuf. Die Sonne sog die Farbe aus allen Dingen, und der Little Weed tröpfelte zwischen stumpfen Steinen dahin. Einen Monat später würde sogar dieses Tröpfeln von den heißen Steinen im Fluss aufgesogen sein, das Gras weiß gebleicht, und Prediger würden um Regen beten. In der Hütte, in der es so heiß war wie in einer schwarzen Hutschachtel, konnte Rose nicht mehr schlafen. Einmal trug sie ihr Kissen zu der breiten Türschwelle und legte sich auf den kühlen Stein, bis die Moskitos sie in das Haus zurücktrieben.
    Eines Morgens erwachte sie erschöpft und verschwitzt und ging zum Little Weed in der Hoffnung auf nachtkühles Wasser. Im Süden ballte sich eine dunkle Wolke, und erleichtert hörte Rose fernes Donnergrollen. Vorausschauend stellte sie den großen Kessel und zwei Eimer für das Regenwasser draußen auf. Der Wind, der das Unwetter ankündigte, schüttelte Äste und Zweige und riss die Blätter entzwei. Das Gras beugte sich zur Seite. Auf dem Gipfel von Barrel Mountain tanzten Blitze, und dann verschwand die Landschaft in dem klirrenden und dröhnenden Schauer eines Hagelsturms. Rose lief in die Hütte und schaute zu, wie die Hagelkörner auf die Felsbrocken im Fluss trafen und sich dann in einen Platzregen verwandelten. In der Gischt des steigenden Wassers verschwanden die Felsen. Der Regen endete fast so schnell, wie er begonnen hatte, ein paar vereinzelte Hagelkörner fielen, und ein doppelter Regenbogen vor der abziehenden Wolke versprach alles. Rose’ Eimer waren voll frischem Wasser mit einer Decke von Hagelkörnern. Sie entkleidete sich und goss sich immer wieder eiskaltes Wasser über den Kopf, bis ein Eimer fast geleert war und sie vor Kälte zitterte. Die Hitze war gewichen, und es war so kühl und frisch wie im September. Gegen Mitternacht begann es wieder zu regnen, langsam und gleichmäßig. Im Halbschlaf hörte sie, wie der Regen auf die Schwelle tropfte.
    Am nächsten Morgen war es kalt und eisig,

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