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Hier hat s mir schon immer gefallen

Titel: Hier hat s mir schon immer gefallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx Melanie Walz
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er seine hoffnungslose Verehrung für Mrs. Dorgan ausdrückte und dessen zerknitterte Blätter ausgiebige Anspielungen auf »elfenbeinerne Schenkel«, »Adams und Evas Tanz«, »ihren verborgenen Schlitz« und dergleichen mehr enthielten. Was Tom Ackler für einen alten Sattel und einen Stapel Getreidesäcke auf der Veranda gehalten hatte, war der Tote.
    »Kein Rauch ohne Feuer!«, belferte Robert F. Dorgan. »Das ist der Dank dafür, dass ich dich aus diesem Puff in Omaha geholt und zu einer anständigen Frau gemacht und dir jeden Wunsch von den Augen abgelesen habe, du verkommenes Miststück! Wie oft bist du zu ihm rübergeschlichen? Wie oft hast du dir seinen verpickelten alten Schwanz reinstecken lassen?«
    »Niemals! Nicht im Traum! Dieses dreckige alte Scheusal!«, schluchzte Mrs. Dorgan, außer sich vor Zorn, weil dieser niederträchtige alte Kerl sie zum Gegenstand seiner Aufmerksamkeit auserkoren und die Dreistigkeit besessen hatte, seine lüsternen Phantasien als wahre Begebenheiten zu Papier zu bringen, angereichert mit der detaillierten Schilderung ihres rosa durchschossenen Hemdchens und des roten Mals an ihrer linken Hinterbacke, bevor er zuerst das ganze Telegrafenbüro mit schwarzem Blut vollgekotzt hatte und danach die Veranda der Dorgans, wohin er sich geschleppt hatte, um zu sterben, das vierhundertseitige Bündel Lügen in sein Hemd gestopft. Seit Jahren hatte sie sich bemüht, zu einer ehrbaren Vertreterin des weiblichen Geschlechts aufzusteigen, denn sie war Robert F. Dorgan dankbar, dass er sie von der wirtschaftlichen Ausbeutung ihrer Sexualität erlöst hatte, und sie war entschlossen, diese Vergangenheit zu vergessen.Wenn Dorgan sie jetzt fortjagte, würde sie wieder auf den Strich gehen müssen, denn das war das einzige Gewerbe, das sie kannte. Und womöglich auch Queeda, die sie zur Dame erzogen hatte! Ihr Selbstwertgefühl war schwer angeschlagen, doch dann flammte es auf wie mit Kerosin getränkt und entzündet.
    »Du elende alte Schnapsnase«, sagte sie heiser, »wie kommst du dazu, dir einzubilden, du hättest ein Recht auf eine schöne Frau und eine schöne Tochter? Wie kommst du auf die Idee, dass wir bei dir bleiben würden? Schau dich doch an - du willst Inspektor werden, aber wenn Queeda und ich nicht wären, dann würden die Männer mit politischem Einfluss einen großen Bogen um dich machen und du könntest sehen, wo du bleibst.«
    Dorgan wusste, wie recht sie hatte, und kaute wütend auf seinem ungepflegten Schnurrbart herum. Er drehte sich um, stapfte theatralisch in sein Haus und schlug die Tür mit einem so lauten Knall zu, dass die Mäuse im Keller tot umfielen. Mrs. Dorgan hatte den Sieg davongetragen und folgte ihrem Mann ins Haus, um sich mit ihm zu versöhnen.
    Tom Ackler sah Queeda an, die mit der Spitze ihres Glacélederstiefels einen Halbkreis in den Staub malte. Aus dem Haus hörten sie das Klappern einer Ofentür - Mrs. Dorgan machte Feuer, um Salon und Schlafzimmer zu wärmen.
    »Rose McLaverty …«, sagte er, aber Queeda zuckte nur die Achseln. Ein Windstoß wirbelte den Staub zu einer Miniaturwindhose auf, die es in Form und Beschaffenheit mit jedem Tornado aus finsteren Wolken aufnehmen konnte und sich Strohhalme, Pferdehaare, winzige Glimmerpartikel und eine Feder einverleibte. Dann fiel der Staubsturm zusammen und erstarb. Queeda wandte sich ab und ging zur schattigen Rückseite des Hauses der Dorgans. Tom Ackler stand mit den Zügeln in der Hand da, und dann stieg er wieder auf sein Pferd und ritt zurück, wobei sein Reittier eine Gangart wählte, die man bei einem Menschen als Schlendern bezeichnet hätte.
    Auf dem Rückweg dachte er an den Whiskey in seinem Schrank und dann an Rose, und er beschloss, sich abends zu betrinken und sie am nächsten Tag zu begraben. Mehr konnte er nicht für sie tun. Er dachte auch, dass sie vielleicht nicht von Utes ermordet worden war, sondern von ihrem jungen Ehemann in einem Anfall besinnungsloser Wut und dass Archie danach in irgendeine ferne Hafenstadt geflohen war. Er erinnerte sich an die verbrannte Zeitung mit Archies Botschaft, die in Flammen aufgegangen war, bevor er sie entziffern konnte, und überlegte sich, dass Archie wohl kaum bei seinem Nachbarn vorbeischauen würde, um eine signierte Botschaft zu hinterlassen, nachdem er seine junge Frau im Affekt erschlagen hatte. Es sei denn, es handelte sich um ein Bekenntnis. Man würde nie erfahren können, was vorgefallen war. Je länger er an Archie dachte, desto

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