Hier kommt Hoeneß!
blau-weiß längs gestreiftes Hemd, je nach Wetter noch ein Sakko drüber, eine Hose – niemals eine Jeans–, dazu Lederschnürschuhe, und fertig. An diesem Abend trägt er jedoch Schwarz. Nicht aus Trauer, nein, zur Feier des Tages. Der Anlass bestimmt die Kleidung. Schwarzer Anzug, weißes Hemd, schwarze Krawatte. Uli, der Blues Brother. Nur der schwarze Hut und die Sonnenbrille hätten noch gefehlt.
Der Abend des 29. Mai 2009 in Berlin: Bei einem Festakt im Hotel »Adlon Kempinski« wird Hoeneß die wohl größte persönliche Auszeichnung seines Lebens überreicht. Mit 57 Jahren erhält er die Goldene Sportpyramide von der Stiftung Deutsche Sporthilfe und wird als 44. Mitglied in die »Hall of Fame« aufgenommen. In der Begründung heißt es, Hoeneß bekomme die Auszeichnung für sein sportliches Lebenswerk, seine humanitären Aktivitäten und seine ungewöhnlichen Verdienste um das Ansehen des deutschen Fußballs. Nach Uwe Seeler und Franz Beckenbauer ist Hoeneß erst der dritte Fußballer, dem diese Ehre zuteilwird. Zur Einordnung der Auszeichnung ein Blick in die Liste der vorherigen Preisträger: Hans Günter Winkler (2000), Rosi Mittermaier-Neureuther (2001), Uwe Seeler (2002), Manfred Germar (2003), Roland Matthes (2004), Ingrid Mickler-Becker (2005), Franz Beckenbauer (2006), Heiner Brand (2007) und Steffi Graf (2008). Max Schmeling wurde 2005 drei Tage nach seinem Tod von Bundespräsident Horst Köhler posthum geehrt.
350 Gäste sind zur Benefizgala zugunsten der Sporthilfe geladen. Moderatorin Franziska Schenk glänzt im blau glitzernden Sommerkleid, die Musicalinterpretin Anna Maria Kaufmann in elegantem Schwarz-Weiß und mit ihrer Stimme. Hoeneß hat seine gesamte Familie mit nach Berlin genommen. Auch Frau Susi, die solche Auftritte normalerweise eher meidet, schreitet mit ihrem Mann über den roten Teppich. Als Hoeneß die Auszeichnung bekommt, stemmt er sie auf der flachen rechten Hand in die Höhe, als wäre es eine Fußballtrophäe. »Wir zeichnen Menschen aus, die als Sportler und im Leben erfolgreich sind. Und da ist Uli Hoeneß ein hervorragendes Beispiel«, lobt Jürgen Hubbert von der Stiftung Deutsche Sporthilfe.
René Obermann, der Laudator, trägt eine Fliege. Er ist der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, diesmal als Awardsponsor Stifter des Preisgeldes und zugleich Hauptsponsors der Bayern. Bevor seine Rede beginnt, flimmern Fotos aus vier Jahrzehnten Uli Hoeneß über die Leinwand im Bühnenhintergrund. Eine tiefe Stimme spricht aus dem Off zu den Gästen: »Uli Hoeneß, das Gesicht der Fußball-Bundesliga. Ein Charakterkopf als Manager, der eine Weltmarke geformt hat. Er ist Mr. Bayern München.« Dann ist die Reihe an Obermann: »Lieber Uli Hoeneß, mit 57 haben Sie sicher noch einiges vor. Bekanntlich werden Männer ja nicht älter, sondern lediglich interessanter. Und was auch immer es ist, was Sie vorhaben, ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Glück. Und ich bin mir sicher, Sie werden ihn haben. Und, lieber Uli Hoeneß, ich finde auch, dass die Goldene Sportpyramide besonders gut zu Ihnen passt, denn genau wie bei diesen Pyramiden, also den Originalen in Ägypten, steht man auch vor Ihrem Werk als Sportler und Manager voller Bewunderung und fragt sich, wie hat dieser Mann das alles nur geschafft.«
Sichtlich bewegt, geht Hoeneß nach minutenlangem Applaus der Festgäste zum Rednerpult, hält sich rechts und links mit beiden Händen fest und spricht seine Dankesworte mit leicht zittriger Stimme: »Ich glaube, dass ich das große Glück hatte, immer in der Sonne zu stehen. Ich habe das irgendwann erkannt und war von dem Moment an bereit, auch zurückzuzahlen. Der Sport, der Fußball, der FC Bayern München haben mir alles gegeben. Und so habe ich vor vielen Jahren begonnen, meine Werbeeinnahmen, die ich habe, alle in vollkommener Höhe, zu spenden. So werde ich das auch diesmal tun.«
Die 25 000 Euro Preisgeld für seine Auszeichnung stockt er aus eigenen Mitteln auf 75 000 Euro auf. Nach seiner Dankesrede führt Hoeneß’ Weg als Erstes zurück zum Tisch seiner Familie. Er beugt sich zu seiner Frau herunter und gibt ihr einen innigen Kuss.
50 000 Euro – eine für seine Verhältnisse fast schon läppische Summe. Schließlich hatte Hoeneß im Rahmen der Feier zu seinem 50. Geburtstag am 5. Januar 2002 verkündet, über die nächsten fünf Jahre verteilt, eine Million Euro für wohltätige Zwecke spenden zu wollen. Auch seine Profis stiftet er immer wieder an, etwas zu
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