Hier kommt Hoeneß!
Kalbsgeschnetzeltes mit Nudeln oder Spätzle. Oder Gulasch. In einem Interview mit der »SZ Wochenende« sagte er der Butter den Kampf an: »Was auch so eine schlimme Sache ist: immer mit Butter. Eine schöne Semmel ohne Butter war ja undenkbar. Jetzt habe ich festgestellt, dass eine Marmeladensemmel auch ohne Butter schmeckt.«
Hoeneß ist ein Gelegenheitsesser – bei einer Pressekonferenz, im Vorbeigehen, im Flugzeug, das Angebot bestimmt die Nachfrage. Und dann diese leidigen Geschäftsessen mit Spielern und deren Beratern, dem Trainerstab, Sponsoren, Journalisten. Neuerdings lauert eine weitere Gefahr: die Verköstigung in den VIP-Bereichen der Stadien. Seit der Manager nicht mehr unten bei den Spielern auf der Bank sitzt, ist er oben auf der Tribüne viel näher dran an den Büfetts. Luxusverpflegung! Er müsse dort sehr auf sich achten, sagt er. Immerhin: Hoeneß hat sein Problem erkannt: »Was ich – in meiner schlimmsten Zeit – im Laufe des Tages zusammengefressen habe. Da einen Keks, hier eine Wurstsemmel, und im Flugzeug, wenn sie dir ein Sandwich anbieten, dann nimmst du das einfach. Lauter so Automatismen, über die man nicht nachdenkt.«
Genussmensch, Gelegenheitsesser, Frustfresser. »Wenn ich Probleme habe, kann ich an keiner Wurstsemmel und keinem Kuchen vorbeigehen«, gesteht Hoeneß. »Meine Frau ist da anders, sie hat während der Daum-Geschichte abgenommen wie verrückt. Und ich habe zugenommen wie verrückt.« Da gleicht Hoeneß einem Messgerät: An dem, was er an Kilos auf die Waage bringt, kann man die Tabellenposition des FC Bayern samt aktueller Problemlage ablesen. Doch was tut Hoeneß, der Exfußballer, gegen die Pfunde? Fußball spielen! Jeden Montagnachmittag, so es Termin- und Spielplan erlauben, wird auf einem der Plätze an der Säbener Straße gekickt. Mit dabei in der Riege der Montagskicker ist auch Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge, zahlreiche Angestellte wie der Fanbeauftragte Raimond Aumann, Merchandising-Chef Hansi Pflügler sowie Physiotherapeuten und Geschäftsstellenmitarbeiter. Dabei geht es dann zur Sache, die Zeit scheint stillzustehen. Der Ehrgeiz, die Kommandos, die Frotzeleien, alles wie früher. Nur der Schweiß rinnt schneller. Ex-Profis können eben nicht anders – vor allem dann, wenn das Duell zwischen dem »Team Hoeneß« und dem »Team Rummenigge« ansteht. In der Saison 2008/09 kam es sogar vor, dass Trainer Klinsmann und seine Assistenten gegen ihre Vorgesetzten die Schuhe schnürten. Grätschen und flachsen – eine schöne Abwechslung vom Stress des Alltags.
Manchen Kilometer legt Hoeneß auch beim Joggen zurück. Im Weihnachtsurlaub, wenn die Familie in Lenzerheide in der Schweiz beieinander ist, läuft Hoeneß auf 1500 Meter Höhe, sogar durch den Schnee, wenn es sein muss. Fährt er mit den Profis ins Trainingslager, hat er immer die Laufschuhe dabei. Weitaus angenehmer aber ist ihm das Abspecken so ganz nebenbei, bei einer Runde Golf. »Ohne Bewegung geht nichts«, sagt Schuhbeck, »sein Problem ist natürlich der Jo-Jo-Effekt, mir geht’s doch da genauso.« Mal mehr, mal weniger – was sein Gewicht angeht, ist Hoeneß den Launen und dem Tabellenstand ausgeliefert. Im Job sieht er sich als Getriebener, als Rastloser. Ringt er sich aber zu einer Diät durch, freuen ihn die entspannenden Nebenwirkungen: »Auf einmal ist man ganz euphorisch, man lernt seinen Körper neu kennen. Ich schlafe besser, ich nehme die Umwelt viel mehr wahr, ich fühle mich fünf oder zehn Jahre jünger. Das ist ein Riesengewinn an Lebensqualität.«
Von Spiel zu Spiel, von Diät zur Völlerei – der Jo-Jo-Effekt zählt zum Alltag des Uli Hoeneß. Mit der Fülle seines Körpers tritt er für das Wohl des FC Bayern ein. Er ist der Bauchmensch des Vereins. Das gute Gewissen, der Seismograph für alle Stimmungslagen. Auch deshalb haben sie ihre Rollen klar verteilt im Vorstand. Rummenigge gibt den Weltmann, die kühle Eleganz. Er sieht sich als Außenminister, seine Zeit als Aktiver in Italien und der Schweiz sowie seine Sprachkenntnisse dienen ihm als Ausweis für seine Funktion. Anders bei Hoeneß, der die Bundesliga nie verlassen hat. Rummenigge vertritt den Verein in den europäischen Gremien, im Januar 2008 übernahm er die Funktion des ersten Vorsitzenden der European Club Association.
Der Dritte im Bunde ist Karl Hopfner, der »Finanzminister«. Außer auf der jährlichen Mitgliederversammlung, wenn er über Soll und Haben referiert, tritt er öffentlich kaum in
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