Hier stinkt's!
sein, ihr beim Fahren zuzusehen war echt eine der schaurigsten Erfahrungen der letzten Zeit.
»Ich war so schlecht im Fahrrad fahren, dass ich dachte, ich sollte ein wenig üben«, erklärteAbigail. »Also habe ich eins gekauft von dem Geld, das ich mit dem Nachhilfeunterricht verdient habe.«
Dr. Cushing wollte den Kofferraum wieder zumachen, aber Abigail hielt sie davon ab und griff noch mal hinein. »Wir brauchen noch etwas.« Sie förderte einen Fahrradhelm zutage. Er war in zwei Teile zerbrochen.
»Wofür ist der?«, fragte ich.
»So sieht der Unfall überzeugender aus«, meinte sie. »Leg ihn neben die Straßenlaterne. Dann behandeln sie die Sache nicht wie einen Tatort. Wir wollen ja keine Verzögerungen riskieren bei deiner Reise ins Bestattungsinstitut.«
Ich nahm die beiden Teile. »Wie ist er kaputtgegangen?«
»Beim Üben«, antwortete sie schulterzuckend.
Dr. Cushing stellte das Fahrrad auf den Bürgersteig und schob es zu mir rüber. Es wackelte ein bisschen, als hätte es schon ein paar Zusammenstöße hinter sich. »Ich schätze, der Rest ist jetzt an dir, Nathan. Wir fahren um die Ecke, damit wir außer Sichtweite sind, und warten, bis sie dich wegbringen. Dann parken wir in der Nähe des Bestattungsinstituts. Solltest du irgendwann das Gefühl haben, dass du in Gefahr bist, sieh einfach zu, dass du so schnell wie möglich da wegkommst.«
»Ich werde nicht ohne Mr Murphy abhauen«, erwiderte ich.
»Viel Glück«, sagte Abigail.
»Das ist echt spitze«, sagte Mookie aufgeregt.
Hoffentlich hatte er recht. Ich war kurz davor, etwas zu tun, das ich nie geplant hatte. Ich sah zu, wie Dr. Cushing wegfuhr. Das hier war kein Spiel. Es war Realität.
Bist du bereit, Spion?
Ja, ich war bereit.
Ich wartete, dass die Straße sich leerte, ging dann zum Bordstein und ließ das Fahrrad fallen. Ich überlegte kurz, ob ich auf einem der Räder herumtrampeln sollte, damit der Unfall noch echter aussah, aber ich hatte Angst, ich würde mir den Fuß brechen.
»Tja, das war’s dann wohl …«, seufzte ich. Ein toter Junge, der sich tot stellt. Wie bekloppt war das denn? Ich konnte nur hoffen, dass ich diesmal besser abschnitt beim Totstellen. Ich musste es schaffen. Ich hatte keine andere Wahl.
Ich legte die eine Helmhälfte neben mich und warf die andere auf den Bürgersteig. Dann streckte ich mich neben der Straßenlaterne auf dem Boden aus, mit dem Gesicht nach unten, die Augen geschlossen. Und wartete.
Es dauerte nicht lange.
Ich hörte Reifen quietschen. Dann das Geräusch von Autotüren.
»Hey, Junge«, sagte ein Mann. Er rüttelte an meiner Schulter. Ich blieb schlaff. »Junge? Alles okay mit dir? Wach auf.«
Ich schaffte es, mich davon abzuhalten, ihm zu antworten.
»Beweg ihn lieber nicht«, sagte eine besorgte Frauenstimme. »Er könnte verletzt sein.«
»Ich fürchte, es ist noch schlimmer als das«, flüsterte der Mann.
Die Frau fing an zu weinen. Ich nahm alle Kraft zusammen, nicht meine Augen zu öffnen und ihr zu sagen, dass es mir gutging.
Eine Minute später hörte ich eine Sirene.
Dann ging alles ganz schnell. Ein paar Leute versuchten, mich zum Antworten zu bewegen. Ich blieb tot.
»Keine Reaktion«, sagte jemand.
Dann wurde ich auf den Rücken gedreht. Ich spürte, dass jemand auf meine Brust drückte. Sie schoben mir eine Maske über Mund und Nase und legten mir irgendetwas um den Hals. Jemand pumpte Luft in meine Lungen. Es fühlte sich echt total abgefahren an, aber es gelang mir, meine Augen geschlossen zu halten.
Ich hörte, wie sie mein T-Shirt zerrissen. Auch an meiner Hose machten sie sich zu schaffen.
Dann hoben sie mich hoch.
Ich wurde getragen. Es hörte sich an, als würden sie mich in einen Krankenwagen laden.
Türen knallten.
Sekunden später rasten wir mit heulender Sirene los. Es gab nur einen einzigen Grund dafür, dass ich es diesmal schaffte, mich tot zu stellen: Ich dachte an Mr Murphy, der von VADU festgehalten wurde. Ich musste ihn retten.
Die ganze Fahrt über und auch danach im Krankenhaus versuchten die Ärzte und Sanitäter wirklich mit allen Mitteln, mich ins Leben zurückzuholen. Es war beruhigend zu sehen, dass sie sich so sehr bemühten, auch wenn natürlich alles umsonst war. Irgendwie fühlte ich mich schlecht, dass ich sie so reinlegte. Aber wenn man ein Spion ist, muss man eben manchmal Leute reinlegen.
Schließlich rollten sie die Trage, auf der ich lag, wieder raus. Sie hoben mich hoch, und ich hörte die Türen des
Weitere Kostenlose Bücher