Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
er und seufzt schwer. »Ich kenne das.«
Oh.
Das hätte ich nicht gedacht.
Der Arme.
»Vielleicht war sie einfach nicht die Richtige«, sage ich, ohne zu überlegen.
»Genau«, bestätigt Niklas rasch und sieht mit einmal ganz aufgewühlt aus. »Sie war absolut nicht die Richtige.«
Er lässt meinen Arm los und fährt sich mit beiden Händen durch die Haare. Dann lächelt er wieder.
»Entschuldigen Sie bitte. Aber mein wirklich mieser Tag ist auch noch nicht so lange her.« Er schluckt. »Meine Partnerin hat mich einfach sitzenlassen. Obwohl wir eine ganz wunderbare Beziehung hatten. Ich stehe vor den Trümmern zerbrochener Träume, genau wie Sie, Iris.«
Vor den Trümmern zerbrochener Träume. So was hätte Jörg nie gesagt.
»Das tut mir so leid für Sie«, sage ich gerührt.
Was das wohl für Träume waren?
»Welche Träume hatten Sie denn?«, frage ich forsch.
Niklas guckt mich verlegen an.
»Meine Träume sind ziemlich altmodisch«, sagt er und räuspert sich.
Habe ich es doch geahnt!
»Nur zu«, sage ich.
»Ehe. Kinder. Haus mit Garten«, sagt er und sieht mich gespannt an.
Ich lächle erfreut.
»Sonntags gemeinsam frühstücken«, sagt Niklas.
»Zusammen die Sonntagszeitung lesen«, falle ich begeistert ein. »Dann ein Spaziergang im Bürgerpark.«
»Und bei meinen Eltern Mittag essen!«, ergänzt er.
Bei seinen Eltern ?
Ich runzele die Stirn.
»Meine Schwester ist auch jeden Sonntag da«, erklärt er.
Jeden Sonntag?
Ist das nicht ein wenig … übertrieben?
Kurz finde ich ihn merkwürdig. Doch dann verstehe ich: Das hat er natürlich nur aus Spaß gesagt! Um seine altmodischen Vorstellungen auf die Schippe zu nehmen. Wie sympathisch!
Ich lache und warte, dass er einstimmt.
»Na, geht es dir wieder besser?«, fragt Emma ironisch, die wie aus dem Nichts neben mir aufgetaucht ist.
Irritiert schaue ich zu ihr hoch.
»Danke, ja«, antworte ich. Vielleicht ein wenig spitz. »Niklas war sehr hilfreich.«
Während du dich lieber um einen Kürbis gekümmert hast.
Emma bedenkt Niklas mit einem langen misstrauischen Blick.
»Sie haben sich meiner Freundin hilfreich angenommen?«, fragt Emma. Nicht voller Anerkennung. Sondern als hätte er irgendetwas falsch gemacht.
Kurz sieht Niklas tatsächlich aus, als würde er die Flucht ergreifen.
Dann lächelt er gezwungen.
»Möchten Sie sich zu uns setzen?«, fragt er Emma höflich.
»Nein. Ich möchte kochen. Und zwar mit Iris, nun da ihr besser ist.« Sie blickt mich an. »Wir machen jetzt die Nachspeise. Pfirsich-Tiramisu. Kommst du, Iris?«
Wie zur Antwort knurrt mein Magen vernehmlich. Schließlich habe ich den ganzen Tag über nur ein halbes Käsebrötchen gegessen.
»Das hörte sich wie ein ›Ja‹ an«, stellt Emma zufrieden fest.
»Wann wird denn gegessen?«, frage ich und hake die Möglichkeit ab, weiter mit Niklas über altmodische Träume zu reden. Anstatt meine Frage zu beantworten, packt Emma mich am Handgelenk und zieht mich von Stuhl hoch.
»Komm«, sagt sie enthusiastisch. »Ich zeig dir den tollen Braten!«
Sie schleift mich trotz ihrer zarten Statur mühelos hinter sich her. Ich werfe Niklas einen um Verständnis bittenden Blick zu. Er zuckt bedauernd mit den Schultern.
Oje. Ob er nun geht? Nachdem Emma ein zweites Mal über ihn gesiegt hat?
Emma und ich sind beim Backofen angelangt.
»Schau mal!«, versucht sie mich begeistert mitzureißen. »Wir überwachen den Braten nicht nur mit dem Temperaturregler des Ofens.« Sie zeigt durch die Scheibe auf die Kalbsnuss, die sich sehr prall und saftig ausnimmt. »Da steckt auch ein Thermometer im Braten. Damit wir wissen, wann sein Innerstes 80 Grad Celsius erreicht hat«, informiert sie mich so stolz, als hätte sie diese Methode entwickelt. »Dann ist er nämlich fertig.«
»Ist das nicht bedenklich, ein Thermometer in das Fleisch zu stecken?«, frage ich besorgt. »Schließlich ist da Quecksilber drin. Was ist, wenn das Glas durch die Hitze platzt?«
»Da ist gar kein Quecksilber drin. Glaube ich jedenfalls«, erklärt Emma und reißt die Backofentür auf.
Rasch streift sie einen Küchenhandschuh über und greift nach dem Thermometer.
»Was tun Sie denn da?«, ertönt die Stimme der Kochlehrerin.
Ich blicke mich um und sehe in deren entsetztes Gesicht. Ich drehe mich wieder zu Emma. Sie hat das Thermometer in der Hand und scheint recht erfreut, dass mit einmal alle Augen auf sie gerichtet sind.
»Kein Quecksilber«, sagt sie zu mir.
Der Lehrerin fällt ein
Weitere Kostenlose Bücher