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Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Titel: Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Nelle
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von dem Geräuspere.
    Bruno guckt mit einmal verlegen.
    Und zwar über meine Schulter.
    »Hallo, Jörg«, sagt er laut und setzt so eine Art kumpelhaftes Begrüßungslächeln auf. Jörg steht mit seinem Rad an der Gartenpforte.
    Er sieht vollkommen entspannt aus.
    Und auch ansonsten vollkommen.
    Jedenfalls, wenn man durchtrainierte Männer mit markanten Gesichtszügen in aerodynamischer Sportbekleidung mag.
    Er enthüllt seine blitzweißen Zähne und grinst Bruno an.
    »Hallo, Bruno, altes Haus!«, sagt er mit Betonung auf »altes«. »Erzähl ruhig weiter! Was willst du Iris denn sagen?«
    Mich sieht Jörg nicht an.
    »Ach, das hat eigentlich auch Zeit bis morgen«, antwortet Bruno. »Ich sehe sie ja im Amt.«
    »Genau«, bestätige ich.
    »Einen schönen Abend noch!«, ruft mein Vorgesetzter und springt so schwungvoll auf sein Fahrrad, dass er fast auf der anderen Seite wieder herunterfällt.
    »Sachte, sachte«, mahnt Jörg kopfschüttelnd. Bruno strampelt eilig aus seiner Hörweite. »Unsportlicher Tollpatsch«, murmelt Jörg zufrieden.
    Er kann so gemein sein.
    Mein Magen zieht sich zusammen, und ich blicke auf meine Uhr. Noch eine Viertelstunde, dann kommt Emma. Am besten, ich gehe jetzt rein, mache mich frisch und postiere mich dann vor der Haustür. Entschlossen schreite ich Richtung Tür.
    Die Gartenpforte fällt ins Schloss. Ich blicke mich um und sehe gerade noch, wie Jörg um die Ecke Richtung Weser radelt.
    Ich schlucke.
    Er behandelt mich wie Luft.
    Drinnen klingelt das Telefon.
    Oh, bitte nicht Bruno, der per Handy seine Klärungsversuche fortsetzen will! Und bloß nicht Emma, um abzusagen. Rasch schließe ich auf, eile zum filigranen Telefontischchen und greife nach dem samtbezogenen Hörer.
    »Bei Hirschheimer«, melde ich mich unter Jörgs Familiennamen.
    »Den Jörg hätte ich gerne!«, sagt eine Frau, während sie parallel die unverkennbaren Geräusche geübten Kaugummikauens produziert.
    »Wer ist denn da, bitte?« frage ich.
    »Ich bin doch richtig bei Jörg Hirschheimer, oder?«, fragt die Anruferin lässig schmatzend zurück.
    »Ja, sind Sie«, sage ich. »Und mit wem spreche ich, bitte sehr?«
    »Ist der Jörg denn schon los? Mit dem Rad?«, fragt sie.
    Hm. Sie weiß von seiner abendlichen Sportroutine?
    »Ist er.«
    Soll ich sie etwa noch ein drittes Mal nach ihrem Namen fragen?
    »Danke. Dann treffe ich ihn unterwegs«, sagt sie und ist weg.
    »Ha!«, mache ich empört und lege den piependen Hörer auf die Gabel.
    Also, … also, die hat ja ein genauso miserables Benehmen wie diese Melanie!
    Wahrscheinlich auch dasselbe Alter.
    Mit einmal wird mir ganz schwindelig, und ich lasse mich auf das Stühlchen neben dem Telefontisch plumpsen, das geschockt knirscht.
    Eine junge Frau. Die Rad fährt. Und lässig Kaugummi kaut.
    Anstatt fade auf gutes Benehmen zu achten.
    Ich lege den Kopf in meine Hände. Vermutlich habe ich gerade mit meiner wilden Nachfolgerin gesprochen. Und schön darauf geachtet, auch immer recht höflich zu sein.
    Arrrrgh!
    Kaputtlachen wird sie sich. Mit Jörg. Über mich.

Achtes Kapitel
    E mma und ich sitzen auf Holzstühlen, wie die in unserer alten Schule. Auch der weiß laminierte Tisch und die dunkelgrüne Tafel in der Lehrküche des Hausfrauenbundes erinnern an einen Klassenraum. Den entscheidenden Unterschied macht die chromblitzende Küchenzeile. Und dass an der Tafel »Herzlich Willkommen, liebe Niedergar-Neulinge!« steht.
    Während der kurzen Fahrt zum Hausfrauenbund habe ich Emma nichts erzählt. Das mache ich später. In Ruhe.
    »Die Grundvoraussetzung für einen guten Braten ist die Qualität des Fleisches«, erklärt eine mollige Endvierzigerin in grauem Schlauchkleid unter weißer Schürze der kleinen Schar der Kochinteressierten. Sie zeigt auf einen Brocken hellroten Fleisches, der auf einer Steingutplatte ruht, packt ihn mit behandschuhten Händen und steuert damit ausgerechnet auf Emma und mich zu.
    »800 Gramm Kalbsnuss!«, sagt sie und hält Emma den angehenden Braten unter die zierliche Stupsnase. »Sehen Sie auch nur eine einzige Sehne?«, erkundigt sie sich. Wohl mehr rhetorisch.
    »Nein, keine einzige«, antwortet Emma ernsthaft, aber ihre runden hellblauen Augen blitzen schelmisch.
    Die Dame schaut zufrieden in die Runde.
    »Und wie sieht es mit Fett aus?«, fragt sie Emma.
    Emma beugt sich dicht über das Fleisch und unterzieht es einer gründlichen Begutachtung. Von der Seite meine ich durch ihre blonden Korkenzieherlocken zu sehen, wie sie sich

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