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Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Titel: Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Nelle
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hohen Stirn. Die allerdings noch höher als hoch wirkt, da seine Haare schon etwas auf dem Rückzug sind.
    »Möchten Sie noch eins?«, fragt er.
    Überrascht schaue ich auf das leere Glas.
    Wie gerne würde ich jetzt ein wenig allein hier im Halbdunkel sitzen und über meine Zukunftsaussichten nachdenken.
    »Nein, danke. Das hat schon sehr geholfen«, sage ich.
    »Nun können wir uns an die Zubereitung der Vorspeise machen«, verkündet die Kochstudio-Frau vom anderen Ende des Raumes. »Wir zaubern eine leckere Hokkaidokürbissuppe.«
    »Na, was halten Sie von Kürbissuppe?«, fragt mich der Mann leise.
    »Nichts«, gebe ich erschöpft zurück.
    »Hm«, macht er nachdenklich und sieht mich aufmerksam an. »Möchten Sie noch ein wenig hier sitzen bleiben?«
    »Ja«, antworte ich erleichtert.
    »Wollen Sie sich nicht wieder zu uns gesellen?«, ruft die Kursleiterin. Inzwischen etwas ungehalten.
    »Nein«, ruft das nette Exemplar freundlich zurück. »Wir mögen beide keine Kürbissuppe. Leider.«
    Ach du je. Die Leiterin sieht eindeutig verärgert aus.
    »Wie Sie meinen«, sagt sie und rammt ein Küchenmesser seitlich in einen riesigen orangen Kürbis.
    »Ich hoffe, ich bin jetzt nicht zu weit gegangen«, flüstert das Exemplar. »Ich habe ein wenig geschwindelt.«
    »Ja?«
    »Ja. Ich mag Kürbissuppe. Sehr sogar. Meine Mutter macht eine ganz tolle. Sie ist eine hervorragende Köchin.«
    »Weshalb sind Sie dann nicht zum Herd geeilt?«
    »Weil ich den Eindruck habe, dass Sie jemanden zum Reden brauchen.«
    O nein. Ist das so offenkundig?
    »Vielen Dank, das brauche ich nicht. Ich habe schon jemanden zum Reden. Später jedenfalls. Ich werde nachher mit Emma bei einem Glas Wein über alles reden.«
    »Hm«, macht er. Als wäre er nicht wirklich überzeugt.
    »Emma ist meine beste Freundin«, sage ich.
    Er blickt kurz zu Emma, die konzentriert Kürbis würfelt.
    »Und warum kommt sie nicht her und sieht nach Ihnen?«
    »Weil …«, sage ich und sehe Emma lachend mit einer Kursteilnehmerin Kürbiswürfel vergleichen. »Weil …«
    Obwohl ich sitze, wird mir wieder schwindelig.
    Während ich noch nach Worten zu Emmas speziellen, aber doch fabelhaften Charakter suche, legt mir dieser fremde Mann seine Hand auf den Arm. Einfach so.
    Erschrocken öffne ich meinen Mund. Und schließe ihn wieder.
    Mein Gott. Wie gut das tut.
    Ich schlucke. Ein paar Tränen schießen mir in die Augen.
    Endlich, endlich kümmert sich jemand um mich!
    An diesem schrecklichen Tag.
    Der Fremde sieht mich voller Interesse an.
    »Niklas«, sagt er.
    Es dauert ein paar Augenblicke, bis ich begreife, dass er mir seinen Namen genannt hat.
    »Iris«, sage ich heiser.
    Niklas lächelt erfreut.
    Seine Hand liegt warm auf meinem Arm.
    »Iris, was ist Ihnen heute Schlimmes passiert?«, fragt er leise.
    Ich schnappe nach Luft.
    Wie kann er nur … eine Wildfremde so was fragen!
    Fast ziehe ich meinen Arm wieder weg.
    »Warum … warum denken Sie, mir ist was Schlimmes passiert?«, frage ich vollkommen irritiert. »Vielleicht ist mir einfach nur schlecht. Von den Bratdünsten.«
    Niklas schmunzelt.
    »Ich glaube, Sie sind ein äußerst rücksichtsvoller Mensch, Iris. Sie stellen Ihre Bedürfnisse gerne zurück, wenn Sie andere damit froh machen. Nicht wahr?«
    Ich bin derartig erschüttert von seiner Treffsicherheit, dass ich kurz eine Gänsehaut kriege.
    »Ja«, räume ich ein. »Aber woher wissen Sie das? Sie kennen mich doch gar nicht.«
    Niklas nickt.
    »Stimmt«, sagt er. »Aber es ist ganz einfach, es sich zusammenzureimen. Als Emmas beste Freundin müssen Sie jemand sein, der bereitwillig die zweite Geige spielt. Und Sie haben gesagt, dass Sie später mit ihr über alles reden wollen. Über alles, was Ihnen heute Schlimmes passiert ist, nehme ich an.«
    Ich starre ihn gebannt an.
    Ein bisschen unheimlich, wie er das macht.
    »Iris«, sagt er behutsam. »Ich glaube, Ihnen geht es ziemlich mies. Und Sie interessieren sich kein bisschen für die Niedergarmethode.«
    Ich muss lächeln.
    Aufmunternd drückt Niklas meinen Arm.
    »Habe ich recht?«, fragt er.
    Zum ersten Mal an diesem Tag fasse ich ganz in Ruhe einen klaren Gedanken.
    »Es geht mir wirklich mies«, sage ich und atme tief ein. »Mein Lebenspartner hat gestern Abend aus heiterem Himmel unsere Beziehung beendet. Weil ich ihm zu fade bin. Ich muss in zwei Wochen ausziehen. Und eine Neue hat er auch schon.«
    Niklas nickt langsam.
    »Furchtbar, wenn man plötzlich nicht mehr gewollt ist«, sagt

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