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Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Titel: Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Nelle
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Tür.
    Diesmal ist es Bruno, der ertappt aussieht. Er baut sich schnell ein paar Schritte weiter entfernt von meinem Tisch auf.
    »Herein!«, rufen wir gleichzeitig.
    Die Tür öffnet sich einen Spalt, und ein riesiger knallbunter Blumenstrauß erscheint.
    »Überraschung!«, ertönt eine vergnügte Männerstimme und die Tür wird voller Elan zur Gänze aufgeschmissen.
    Ich schnappe nach Luft.
    Niklas?
    Aber … wir haben doch eben erst telefoniert?
    Und er hatte sich bis Sonntag verabschiedet.
    Stumm starre ich ihn an und denke, wie umwerfend er aussieht.
    Mit seinen leuchtenden Augen. Seinem jugendlichen Haarschnitt. Und seinem strahlend weißen Hemd.
    Mein nächster Gedanke ist allerdings, dass er doch eigentlich bei der Arbeit sein müsste. Und der danach, dass ich immer noch nicht weiß, was für eine Arbeit das ist.
    »Da bist du sprachlos!«, stellt Niklas zufrieden fest und kommt schwungvoll um den Tisch herum. Bruno ignoriert er völlig. Was mich mehr verärgert, als ich vermutet hätte. »Ich komme bestimmt zu spät zur Arbeit. Aber ich konnte einfach nicht widerstehen, dir diese herrlichen Blumen zu bringen, Iris! Bitte schön!«, ruft er und drückt mir das Bukett in die Arme.
    Die Blumen duften so frisch, als hätte Niklas sie gerade gepflückt.
    »Wer ist das?«, höre ich Bruno irritiert fragen.
    »Oh, Pardon!«, antwortet Niklas sofort, indem er sich an meinen Vorgesetzten wendet. »Ich bin Iris’ Neuer!«
    Er zwinkert mir schelmisch zu.
    Entsetzt schaue ich zu Bruno rüber. Der gerät kurz ins Wanken und hält sich schnell am Kopierer fest.
    Wie kann Niklas nur so dreist sein?
    Mit offenem Mund gucke ich ihn an.
    Die vielen Blumen liegen in meinem Schoß. Wütend packe ich sie und stehe auf. Streng trete ich Niklas entgegen. Er lächelt mich glücklich an.
    Merkt er denn nicht, dass er mit solchen Späßen zu weit geht?
    Dass er mich in eine sehr unangenehme Situation bringt?
    »Iris! Sollen es ruhig alle wissen! Was meinst du?«, sagt er zu mir in einem Ton, als sei ich der einzige Mensch auf der Welt, der seinen eigenartigen Humor teilt.
    Er sieht mich treuherzig an.
    Ich habe immer noch kein Wort gesagt, aber mein Blick spricht inzwischen sicherlich Bände.
    Erwartet er von mir, dass ich seinen Auftritt lustig finde? Geht er davon aus, dass ich ihn vollkommen verstehe?
    Vielleicht, weil ich der einzige Lichtblick seit der Trennung von dieser Gesine bin? Ich schlucke.
    Verdammt schwierig, jemanden in seine Schranken zu weisen, wenn man sein einziger Lichtblick ist. Zu allem Überfluss entsinne ich mich plötzlich auch noch seiner fast kindlichen Verletzbarkeit.
    Obwohl ich es nicht will, bin ich mit einmal seltsam gerührt.
    Ich schüttle resigniert den Kopf.
    »Niklas …«, sage ich viel zu zärtlich in Anbetracht seiner ungeheuren Dreistigkeit.
    Niklas’ Augen funkeln siegesgewiss.
    »Dein Neuer?«, fragt Bruno ungläubig von der Seite.
    »Nein«, antworte ich ganz schnell. »Nicht wirklich.«
    »Nicht wirklich ?«, meint Bruno misstrauisch.
    »Wirklich nicht «, sage ich, als hätte Bruno da was vertauscht.
    »Und die Blumen?«, hakt er nach.
    Ich halte ihm den Strauß kurz unter die Nase.
    »Die riechen wundervoll, nicht wahr?«, sage ich kokett. Schließlich hat er gar kein Recht, mich zu verhören.
    Bruno sieht mich unglücklich an.
    Niklas lächelt noch breiter. Seine Augen sind so blau wie die Kornblumen in dem Strauß, den er mir gebracht hat. Mich durchläuft ein wohliger Schauer.
    »Jetzt muss ich aber los«, verkündet Niklas. »Die Arbeit ruft. Bis Sonntag, Iris. Ich freue mich schon.«
    Mit einem kurzen Winken, netterweise auch in Richtung Bruno, ist Niklas entschwunden. Mein Blick bleibt an der Tür hängen, die hinter ihm zufällt.
    Ich seufze genüsslich.
    Wohin er jetzt wohl geht? Was er wohl gleich bei seiner Arbeit macht? Und: Wie soll ich mich bloß dazu bringen, bis Sonntag über etwas anderes nachzudenken als ihn?
    Keine Ahnung.
    »Iris?«, sagt Bruno. Den hatte ich völlig vergessen.
    »Ja?«, frage ich ohne Interesse.
    Bruno zögert einen Moment.
    »Ich gehe dann mal«, sagt er matt.
    »Okay«, antworte ich fröhlich.
    Sobald sich die Bürotür hinter Bruno schließt, klappe ich die aufgeschlagene Akte vor mir wieder zu. Jetzt muss ich mich schließlich erst mal um den wunderhübschen Strauß kümmern. Wie romantisch das ist: einer Frau noch schnell Blumen zu bringen, auch wenn man dann zu spät zur Arbeit kommt!
    Und so etwas ist mir gerade passiert.
    Mir. Der faden

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