Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
platt!
Anscheinend warst du dir sicher, dass die Sache mit Niklas vorbei ist, wenn ich erst mal seine Familie kennengelernt habe.
Aber ich treffe ihn schon morgen wieder!
Ich lächle vielsagend.
Emma sieht mit einmal ziemlich zerknirscht aus. Vielleicht merkt sie nun, dass sie mit ihrer Einmischung zu weit gegangen ist. Sie lächelt zaghaft, macht ein paar Schritte auf mich zu und streckt mir beide Hände entgegen.
»Ach, Iris, ich freue mich für dich!«, sagt sie, und ich sehe, dass sie sich einen mächtigen Ruck gibt. »Es ist so schön, dass es dir gut geht!«
Sofort verfliegt mein ganzer Ärger über Emmas anmaßende Schwarzseherei in Bezug auf Niklas: Wie anständig von ihr, nun einzulenken. Und sich sogar für mich zu freuen.
Gerührt ergreife ich ihre Hände. Ist doch egal, dass es mir jetzt noch nicht gut geht. Schließlich ist es überhaupt nicht ausgeschlossen, dass Niklas tatsächlich ein ganz wunderbarer Mann ist. Und dann wird es mir derartig gut gehen!
Ich nicke stumm.
»Du hast das wirklich verdient, Iris. In Niklas und seiner Familie Menschen getroffen zu haben, die dir guttun, meine ich«, sagt Emma ernsthaft. Sie drückt ganz fest meine Hände. »Wo Jörg dich schon ewig so mies behandelt hat. Und du immer so gutherzig bist.«
Ein wenig unbehaglich wird mir bei Emmas Worten schon.
Aber es ist noch auszuhalten.
Immerhin habe ich sie ja nicht angelogen.
»Wer ist denn der Mann im Wohnzimmer?«, frage ich leise, heilfroh das Thema wechseln zu können.
Emma zieht scharf die Luft ein.
»Mein Chef«, antwortet sie. »Überraschungsbesuch.«
Ich habe Emmas Agentur-Chef noch nie zu Gesicht bekommen. Nach allem, was ich von Emma höre, lässt er sie als freiberufliche Immobilienmaklerin schalten und walten, wie sie möchte. Weil Emma so erfolgreich ist.
»Weshalb taucht er denn unangemeldet am Sonntag bei dir auf?«
Emma wirft einen finsteren Blick in Richtung Wohnzimmer, aus dem merkwürdige Geräusche zu uns dringen. Als würde Emmas Chef mit etwas aus Holz die Wände abtasten.
»Ach, Iris«, flüstert Emma. »Es ist alles so furchtbar.«
O Gott, plötzlich hat sie dicke Tränen in ihren runden Augen.
»Emma«, sage ich und starre sie an.
Ihre Antwort ist nur ein kurzes Wimmern.
Erschüttert ziehe ich sie am seidigen Ärmel ihres Bademantels in die edle Küche. Und schließe die Tür hinter uns.
»Was geht hier vor?«, frage ich vorsichtig.
Meine arme Emma! Ich kann kaum mit ansehen, wie sie versucht, unter Schluchzen ein Wort hervorzubringen. Ich nehme sie in den Arm und klopfe ihr beruhigend auf den Rücken, während ich fieberhaft überlege, worum es Schreckliches gehen und was ihr Chef damit zu tun haben könnte.
Will er ihr vielleicht keine Aufträge mehr geben?
Das kann nicht sein. Wo sie doch die Perle seines Teams ist, die alle anderen mit Verkaufstalent, Charme und Verhandlungsgeschick in die Tasche steckt – wie Emma es ohne falsche Bescheidenheit formuliert.
Oder ist Emma irgendein schlimmer Patzer unterlaufen?
Auch nur schwer vorstellbar. Schließlich organisiert sie ihren Job mit der gleichen Aufmerksamkeit, mit der sie ihre geliebte Wohnung eingerichtet hat.
Emma schnieft laut an meiner Schulter. Schnell greife ich nach der Küchenrolle und reiße ihr eine großzügige Portion Papier ab.
»Bitte«, sage ich und sehe sie sorgenvoll an.
»Danke«, antwortet sie verschnupft, schnappt sich das Papier und putzt sich energisch die zierliche Nase. Dann atmet sie ein paarmal tief ein, bis es sich einigermaßen frei anhört.
»Alles meine eigene Schuld. Der ganze elende Schlamassel«, erklärt sie und kämpft wieder Tränen hinunter.
Oh, oh – das hört sich nach ernsthaften Schwierigkeiten an. Und auch so, als seien die nicht erst seit heute da.
»Was meinst du mit alles ?«
Emma hat ihr Leben fest im Griff und ist immer auf Erfolgskurs! Deshalb sagt sie ja auch mir immer, wo es langgeht.
Sie schaut mich an.
»Ich muss aus meiner Wohnung raus, Iris«, sagt sie, als könne sie es selber nicht fassen.
»Aber, das … das kann ja überhaupt nicht sein!«, rufe ich und schüttle den Kopf. »Die Wohnung gehört dir doch, Emma! Du hast sie gekauft !«
Ganz genau kann ich mich noch an die kleine, luxuriöse Party erinnern, die Emma vor gut zwei Jahren gegeben hat, um eben diesen Umstand zu feiern – und auch an Jörgs abfällige Bemerkungen auf dem Heimweg. Insbesondere über Emmas angeblich so aufdringlich zur Schau gestellten Wohlstand, über den Champagner,
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