Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
Oder?«
Emma klettert auf einen der schicken Hocker am Küchentresen und sieht mich erwartungsvoll an. Anscheinend hat sie für den Moment ihren Chef und den Zollstock nebenan vergessen.
Ein wohliger Schauer überläuft mich.
»Ja!«, seufze ich glücklich.
»Erzähl! Er hat was richtig Romantisches gemacht? Ja?«
Hm …
Was richtig Romantisches …
… hat er eigentlich nicht gemacht.
Aber wie sollte er auch! Bei der Familie.
Das einzige halbwegs Romantische war, wie Felix mir durchs Haar gestrichen hat. Aber um ihn geht es ja nicht.
»Doch. Ja«, antworte ich trotzdem.
Auf keinen Fall möchte ich, dass Emma gleich wieder schlecht von Niklas denkt, wo sie ihm doch endlich ein faires Wohlwollen entgegenbringt.
»Was hat er denn gemacht?«, bohrt Emma weiter.
»Ach, Verschiedenes«, sage ich.
»Komm schon, Iris!«, ruft Emma mit neckendem Vorwurf. »Irgendetwas muss es doch gewesen sein, in das du dich verliebt hast! Ich nehme nicht an, dass allein seine Familie dich so für ihn eingenommen hat?«
Die Nienabers – eine Familie zum Verlieben! Fast entschlüpft mir ein hysterisches Lachen. Das ist eine so absurde Idee, dass ich Emma am liebsten gleich und gründlich über die Nienabers ins Bild setzen würde. Wenn sie nicht gerade Niklas’ Familie wären.
Ich schüttle den Kopf.
Emma blickt mich gespannt an.
»Ich weiß! Ich weiß!«, ruft sie. »Romantisch ist vielleicht nicht das richtige Wort. Er hat lauter total nette Dinge gemacht, nicht wahr? Nette, kleine Dinge, die dich berührt haben.«
Nette, kleine Dinge …
Nicht nett war, mich mit seiner Mutter und seiner Schwester alleine in der Küche zu lassen. Immerhin hat er mir meine Handtasche zurückgegeben. Aber ich glaube nicht, dass Emma so was meint.
»Niklas hat mir sehr galant die Autotür aufgehalten«, sage ich.
Emmas Gesicht zeigt inzwischen die Art Begeisterung, die vor allem durch Höflichkeit aufrechterhalten wird.
Immerhin habe ich noch meine Trumpfkarte.
»Niklas hat mich zum Kaffeetrinken eingeladen. Er holt mich morgen bei der Arbeit ab.«
Emma schweigt kurz, aber intensiv.
»Prima!«, ruft sie. »Dann seht ihr beiden Turteltäubchen euch jetzt wohl öfter.«
Sie lächelt mir zu. Eigentlich wie unter besten Freundinnen, wenn die eine frisch verliebt ist und die andere das für eine tolle Sache hält. Nur, dass ihr Lächeln so bemüht wirkt.
Und überhaupt. Turteltäubchen!
Niklas und ich sind doch keine albernen Turteltäubchen!
»Sicher«, sage ich leicht gereizt. »Ich gehe schon davon aus, dass Niklas und ich uns häufiger sehen werden. Weil er es bestimmt genauso schön fände wie ich, wenn unsere Beziehung bald eine ernste wird.«
»Iris«, sagt Emma. »Vielleicht solltest du das Ganze doch etwas …«
Ein Klopfen an der Küchentür lässt uns beide zusammenfahren.
Ich sehe Emma erschrocken an.
Den Mann im Wohnzimmer hatte auch ich inzwischen ganz vergessen!
»Herein!«, ruft sie erstaunlich furchtlos in Anbetracht der Situation.
Angespannt starre ich auf die Tür, die sich langsam öffnet. Doch anstelle eines Unmenschen schiebt sich ein schmächtiger, junger Mann mit rötlichen Locken und babyblauen Augen in die Küche. Den berüchtigten Zollstock hält er harmlos zusammengefaltet in der Hand.
Seine Augen richten sich auf mich.
»Emmas unglückselige Mitbewohnerin, wie ich vermuten darf«, stellt er mit einem harten Lächeln fest – als solle ich mir bloß nicht einbilden, ich könnte ihn vielleicht noch umstimmen.
»Hallo«, antworte ich kühl – als hätten Emma und ich längst einen prima Plan, der uns unabhängig von dieser blöden Luxuswohnung macht.
So schwer kann es doch auch wirklich nicht sein, eine neue Bleibe zu finden. Schließlich ist das Emmas Beruf!
»Mit dem Ausmessen bin ich so weit, Emma«, sagt der kleine Mann.
Gut, dann wird er jetzt wohl gehen.
»Nun müssen wir über Geld reden«, sagt er stattdessen.
Emma blickt mich ernst an.
»Am besten, wir besprechen das unter vier Augen«, sagt sie zu mir.
Hm, wahrscheinlich soll Emma sich an irgendwelchen Renovierungskosten beteiligen.
»Nein. Ich werde dir helfen, Emma.«
Immerhin habe ich dank meiner genügsamen Lebensweise eine kleine Reserve für Notfälle auf dem Sparbuch.
Emma lächelt gequält.
»Das ist lieb von dir, Iris. Aber ich möchte das nicht.«
»Ach, Quatsch!«, rufe ich. »Sei doch nicht so, Emma. Freundinnen helfen sich in solchen Situationen.«
»Wie rührend! Weibliche Solidarität«, sagt die
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