Hier und jetzt
nicht verscheuchen. „Wenn wir uns nach der Anzahl der Jahre richten”, sagte Michael, „und nicht nach der inneren Reife, ist Luke mein älterer Bruder.
Er ist noch nicht so hinfällig wie dieser Tattergreis, der Sie im Moment mit Blicken verschlingt, aber …”
„Achte auf deine Worte”, warnte Jacob lässig. „Mit dir werde ich immer noch fertig, solange du auf die lautlos tötenden Griffe verzichtest, die sie dir beim Militär beigebracht haben.”
„In meiner Küche kommt so etwas nicht infrage.” Ada stand auf. „Jacob, setz dich und häng da nicht wie ein Geier herum, der Ausschau nach Resten hält. Ich mache dir Pfannkuchen.” Irgendwo in der Nähe der Küche klingelte ein Telefon. „Das ist dein Apparat, Ada”, sagte Jacob und nahm einen Schluck Kaffee.
„Glaubst du, das weiß ich nicht? Da ich aber etwas zu tun habe und du nicht, könntest du für mich den Anruf annehmen.”
„Ich bleibe lieber hier und verschlinge Miss McGuire mit Blicken.”
„Kann ich mir denken.” Ada lächelte ihm zu und ging zur Tür. „Claire, verhindern Sie, dass die Jungs meine Küche zerlegen, solange ich weg bin!” rief sie zurück.
„Hoffentlich sind Sie beide im Moment nicht in gewalttätiger Stimmung”, sagte Claire, sobald die Haushälterin auf dem Korridor verschwunden war. „Ich möchte Ada nur ungern enttäuschen.”
„Ich bin eine durch und durch sanfte Seele”, versicherte Michael. „Ganz im Gegensatz zu meinem raubeinigen Bruder.”
Jacob reizte Michael mit jenem kühlen, provozierenden Lä cheln, mit dem er ihn als Jugendlicher zum Wahnsinn getrieben hatte.
„Ich weiß, wie raubeinig Jacob sein kann”, stellte Claire amüsiert fest. „Ein richtiger Unruhestifter. Sie sind beim Militär, Michael?”
„Bei den Special Forces. Seit ich einen Angreifer innerhalb von dreizehn Sekunden töten kann, behandeln mich meine Brüder mit viel mehr Respekt.”
Claire schüttelte den Kopf und verbiss sich ein Lachen. „Wenigstens merke ich bei Ihnen, wann Sie nur einen Scherz machen - hoffe ich wenigstens.”
„Jacob kam schon mit einem Pokergesicht auf die Welt. Als ihm der Arzt einen Schlag auf den Po versetzte, schrie er nicht, sondern schlug zurück. Danach kaufte er die Praxis des Arztes.”
„Das war meine erste Firmenübernahme”, bestätigte Jacob mit todernster Miene.
„Witzbold”, entgegnete Claire trocken. „Ein schlechter, aber eindeutig ein Scherz.”
Jacob mochte noch so locker mit seiner neuen Angestellten plaudern - Michael machte er nichts vor. Der Löwe hatte die Gazelle ausgemacht und verfolgte sie.
„Sollten Sie Brüder haben”, bemerkte Jacob, „wissen Sie, dass Sie Michael nicht die Hälfte von dem glauben dürfen, was er über mich erzählt.”
„Ich habe keine Geschwister, nur einen Cousin, der mir sehr nahe steht”, erwiderte sie.
„Früher waren wir auch große Unruhestifter.”
„Wirklich?” Jacob stellte die Tasse weg. „Das kann ich mir bei Ihnen nur schwer vorstellen. Be i Männern Verwirrung stiften, ja, das schon”, fügte er anzüglich lächelnd hinzu.
„Falls das ein Kompliment sein sollte, kann ich darauf verzichten”, entgegnete sie übertrieben hoheitsvoll.
„Ich habe nur eine Tatsache festgestellt.” Er stieß sich vom Küche ntresen ab. „Es ist noch nicht acht Uhr.”
Sie sah auf ihre Uhr. „Wenn Sie möchten, dass ich früher anfange …”
„Nein, ich wollte nur darauf hinweisen, dass Ihre Arbeitszeit noch nicht begonnen hat.
Dann dürfte ich Ihnen nämlich nicht sagen, wie begehrens wert ich Sie finde.”
„Sie gehen zu weit.”
Jacob schüttelte den Kopf. „Trotz der vielen neuen Regeln, die für den Umgang zwischen Männern und Frauen gelten, darf ein Mann immer noch Interesse an einer Frau äußern. Er muss nur bereit sein, eine Abfuhr einzustecken. Und Sie wirken nicht wie eine Frau, der es schwer fällt, jemandem eine Abfuhr zu erteilen, sofern Sie das wollen.”
„Das fällt mir auch nicht schwer”, bestätigte Claire, „und wenn ich Nein sage, meine ich es auch.”
Michael stand auf. „Ich muss los. Bringst du mich zum Wagen, Jacob?”
Einen Moment sah es so aus, als wollte Jacob ablehnen. Micha el kannte den Grund und lächelte wissend.
Doch dann seufzte Jacob. „Also schön. Wenigstens hat es aufgehört zu regnen.”
3. KAPITEL
„Wie geht es heute Morgen deinem Kopf?” fragte Jacob, während er mit seinem Bruder zur Garage hinter dem Haus ging.
„Ungefähr so schlecht wie meinem
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