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High Fidelity (German Edition)

High Fidelity (German Edition)

Titel: High Fidelity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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Plakate, ein paar Telefonanrufe, um an einige Kassetten zu kommen), der dabei anfiel. Was, wenn ich mit meinem Los zu hadern beginne? Was fange ich dann an? Die Vorstellung, die Portion … Leben, die ich auf meinem Teller habe, könne mich nicht satt machen, beunruhigt mich. Ich dachte, wir sollten alles Überflüssige abwerfen und mit dem zufrieden sein, was übrigbleibt, und das scheint überhaupt nicht zuzutreffen.

    Den großen Tag selbst nehme ich nur verschwommen wahr, so muß es Bob Geldof bei Live Aid ergangen sein. Marie erscheint, und jede Menge Leute kommen, um sie zu sehen (der Laden ist brechend voll, sie muß sich zwar nicht auf die Theke stellen, aber dahinter auf ein paar leere Kästen, die wir für sie gefunden haben) und klatschen, und am Schluß kaufen einige von ihnen Kassetten und andere Sachen, die sie im Laden sehen. Meine Ausgaben beliefen sich auf etwa zehn Pfund, und an Umsatz mache ich dreißig oder vierzig Pfund, habe also gut lachen. Kichern. Breit lächeln wenigstens.
    Marie rührt für mich die Werbetrommel. Sie spielt knapp ein Dutzend Songs, und nur die Hälfte ist von ihr; ehe sie anfängt, stöbert sie eine Zeitlang in den Grabbelkisten, um nachzusehen, ob ich auch alle Songs habe, die sie als Coverversionen spielen will, und sich die Preise und Titel der LPs aufzuschreiben, von denen sie stammen. Wenn ich etwas nicht habe, streicht sie es von ihrer Liste und sucht einen Song aus, den ich habe.
    »Das ist ein Song von Emmylou Harris, ›Boulder to Birmingham‹,« kündigt sie an. »Es ist von dem Album Pieces Of The Sky , das Rob heute nachmittag zum unschlagbaren Preis von fünf Pfund neunundneunzig Pence verkauft, und ihr findet es gleich da drüben in der Abteilung ›Countryinterpreten (weiblich)‹.«
    »Das ist ein Song von Butch Hancock…« Und als die Leute am Schluß die Songs kaufen wollen, sich die Titel aber nicht merken konnten, hilft Marie ihnen gerne weiter. Sie ist toll, und als sie singt, wünsche ich mir, ich würde nicht mit Laura zusammenleben, und meine Nacht mit Marie sei besser verlaufen, als sie ist. Beim nächsten Mal, wenn es ein nächstes Mal gibt, fühle ich mich vielleicht nicht so elend, weil mich Laura verlassen hat, und … aber ich werde mich immer elend fühlen, wenn Laura mich verläßt. Das habe ich jetzt verstanden. Also sollte ich glücklich sein, daß sie bleibt, oder? So sollte es funktionieren, oder? Und so funktioniert es auch. Irgendwie. Wenn ich nicht zuviel darüber nachdenke.
    Man könnte fast sagen, daß mein kleiner Event unter seinen Bedingungen erfolgreicher als Live Aid ist, zumindest was den technischen Ablauf betrifft. Es gibt keine peinlichen Pausen, keine technischen Pannen (obwohl man sich zugegeben schwer vorstellen kann, was schiefgehen sollte, abgesehen von einer gerissenen Gitarrensaite, oder daß Marie von den Kästen kippt), und nur einen unbotmäßigen Zwischenfall: Nach zwei Songs erhebt sich eine vertraute Stimme im hinteren Teil des Ladens direkt neben der Tür.
    »Spiel mal ›All Kinds of Everything‹!«
    »Den kenne ich nicht«, sagt Marie freundlich. »Wenn ich ihn kennen würde, würde ich ihn für dich spielen.«
    »Den kennst du nicht?«
    »Nein.«
    »Den kennst du nicht?«
    »Immer noch nein.«
    »Herrgott, Frau, der hat den Eurovisionswettbewerb gewonnen.«
    »Dann bin ich wohl schrecklich ungebildet, was? Ich verspreche, daß ich ihn gelernt habe, wenn ich das nächste Mal hier spiele.«
    »Scheiße, das will ich auch hoffen.«
    Und dann kämpfe ich mich zur Tür durch, Johnny und ich führen unser kleines Tänzchen auf, dann schiebe ich ihn zur Tür raus. Aber das ist doch nichts gegen Paul McCartneys Mikrophonausfall mitten in »Let it Be«, was?
    »Ich fand es riesig«, sagt Marie anschließend. »Ich hätte nicht gedacht, daß es was wird, aber es hat geklappt. Und wir haben alle Geld verdient! So was stimmt mich immer fröhlich!«
    Ich bin nicht fröhlich gestimmt, nachdem jetzt alles vorbei ist. Einen Nachmittag lang habe ich an einem Ort gearbeitet, an den auch andere Menschen gerne kommen, und das hat etwas in mir ausgelöst – ich fühlte mich … fühlte mich … nun sag schon … als ganzer Mann, ein zugleich schockierendes und angenehmes Gefühl.
    Männer arbeiten nicht in stillen, ausgestorbenen Straßen in Holloway: Sie arbeiten in der City oder im West End oder in Fabriken oder Bergwerken, oder auf Bahnhöfen oder Flughäfen oder in Büros. Sie arbeiten an Orten, an denen auch andere

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