High Fidelity (German Edition)
gefragt als ich. Irgendwas rausgefunden?«
»Bißchen was. Ich hab' rausgefunden, daß ich wirklich einsam war und mit dem ersten ins Bett gesprungen bin, der mich wollte. Und ich hab' auch rausgefunden, daß ich Glück hatte, daß du es warst, und nicht einer, der bösartig, langweilig oder verrückt ist.«
»Ich bin jedenfalls nicht bösartig. Und du wärst nicht mit einem ins Bett gegangen, der irgendwas davon ist.«
»Da bin ich mir nicht so sicher. Ich hatte eine schlechte Woche.«
»Was ist passiert?«
»Nichts ist passiert. Ich hatte mental eine schlechte Woche, das ist alles.«
Bevor wir miteinander geschlafen haben, gab es wenigstens die Illusion, daß es etwas sei, was wir beide tun wollten, daß es der gesunde, aussichtsreiche Beginn einer aufregenden neuen Beziehung sei. Jetzt ist die ganze Illusion dahin, und wir müssen der Tatsache ins Gesicht sehen, daß wir hier sitzen, weil wir sonst niemanden kennen, neben dem wir sitzen könnten.
»Macht nichts, wenn du den Blues hast«, meint Marie. »Das ist okay. Und du hast mir nichts vormachen können, als du so völlig cool über … wie heißt sie noch mal?«
»Laura.«
»Stimmt. Laura. Aber man darf gleichzeitig geil und am Boden zerstört sein. Du solltest deswegen nicht verlegen sein. Warum sollte man uns grundlegende Menschenrechte absprechen, nur weil wir unsere Beziehungen vermurkst haben?«
Langsam bringt mich diese Unterhaltung mehr in Verlegenheit, als alles, was wir eben gemacht haben. Geil? Sie nehmen wirklich dieses Wort in den Mund? Guter Gott. Mein ganzes Leben lang wollte ich mit einer Amerikanerin ins Bett gehen, und nun habe ich es getan und fange an zu begreifen, warum die Leute das nicht häufiger tun. Abgesehen von Amerikanern natürlich, die wahrscheinlich ständig mit Amerikanerinnen ins Bett gehen.
»Du hältst Sex für ein menschliches Grundrecht?«
»Da kannst du drauf wetten. Und ich werde nicht zulassen, daß dieses Arschloch zwischen mir und einem Fick steht.«
Ich versuche, nicht über das eigentümliche anatomische Bild nachzudenken, das sie gerade gezeichnet hat. Und ich entschließe mich auch, nicht darauf hinzuweisen, daß Sex wohl ein grundlegendes Menschenrecht sein mag, aber einigermaßen schwierig einzufordern ist, wenn man es sich weiter mit den Leuten verdirbt, mit denen man Sex haben will.
»Welches Arschloch?«
Sie spuckt den Namen eines ziemlich bekannten amerikanischen Singer-Songwriters aus, jemanden, von dem ihr vielleicht gehört haben werdet.
»Das ist der, mit dem du die Patsy-Cline-Platten teilen mußtest?«
Sie nickt, und ich kann meine Begeisterung nicht verhehlen.
»Ist ja toll!«
»Was, daß du mit jemand geschlafen hast, der mit … geschlafen hat?« (Hier wiederholt sie den Namen des ziemlich bekannten Singer-Songwriters, den ich im folgenden Steve nennen werde.)
Sie hat's erfaßt! Genau! Genau! Ich habe mit jemand geschlafen, der mit Steve geschlafen hat! (Dieser Satz hört sich ohne den richtigen Namen blöd an. Ähnlich wie: Ich habe mit einem Mann getanzt, der mit einem Mädchen getanzt hat, das mit … Bob getanzt hat. Aber stellt euch einfach den Namen von jemand nicht wahnsinnig Berühmtem, aber doch ziemlich Berühmtem vor – Lyle Lovett zum Beispiel, obwohl ich aus rechtlichen Gründen darauf hinweisen sollte, daß er es nicht ist – und ihr habt eine ungefähre Vorstellung.)
»Sei nicht blöd, Marie. So ein Hohlkopf bin ich auch wieder nicht. Ich meinte nur, es sei verblüffend, daß jemand, der …« (hier nenne ich den Titel von Steves größtem Hit, einer triefend sentimentalen und widerlich einfühlsamen Ballade) »geschrieben hat, so ein Dreckskerl sein soll.« Ich bin mit dieser Erklärung für meine Verwunderung sehr zufrieden. Nicht genug, daß sie mir aus der Patsche hilft, sie ist auch noch treffsicher und passend.
»Das Stück handelt von seiner Ex, verstehst du, die vor mir. Ich kann dir sagen, es tat richtig gut, ihn das Nacht für Nacht singen zu hören.«
Das hier ist klasse. Es ist genau so, wie ich es mir vorgestellt habe, mit jemandem zusammenzusein, der einen Plattenvertrag hat.
»Und dann schrieb ich ›Patsy Cline Times Two‹, und er schreibt wahrscheinlich einen Song darüber, wie ich einen Song über alles schreibe, und sie schreibt wahrscheinlich einen Song darüber, daß über sie ein Song geschrieben wurde, und …«
»So läuft das Spiel. Das machen wir alle.«
»Ihr schreibt alle Songs übereinander?«
»Nein, aber …«
Es würde zu
Weitere Kostenlose Bücher