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High Fidelity (German Edition)

High Fidelity (German Edition)

Titel: High Fidelity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Hornby
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weiter verbrochen, als jemanden kennenzulernen.
    »Hör auf, Barry«, rate ich ihm.
    »Oh, klar, mußt du ja sagen, was? Ihr beide müßt jetzt zusammenhalten. Ficker United, was?«
    Ich versuche, Geduld mit ihm zu üben. »Kommst du jetzt mit in den Pub?«
    »Nein. Scheiße.«
    »Auch gut.«
    Barry haut ab, Dick fühlt sich nun schuldig, nicht weil er jemanden kennengelernt hat, sondern weil ich niemanden habe, mit dem ich einen trinken kann.
    »Ich glaube, eins auf die Schnelle ist noch drin.«
    »Mach dir darüber keine Sorgen, Dick. Du kannst nichts dafür, daß Barry ein Knallkopf ist. Mach du dir mal einen schönen Abend.«
    Er wirft mir einen Blick echter Dankbarkeit zu, und es geht einem richtig ans Herz.

    Ich fühle mich, als hätte ich mein ganzes Leben lang Gespräche wie dieses geführt. Keiner von uns ist mehr jung, aber was sich gerade abgespielt hat, hätte sich auch abspielen können, als ich sechzehn, zwanzig oder fünfundzwanzig war. Wir kamen in die Pubertät, und da war für uns Schluß. Damals steckten wir das Terrain ab und haben die Grenzen seither kein Stück verrückt. Und warum stört es Barry so, daß Dick jemanden trifft? Weil er kein Lächeln von einem Mann mit Überbiß und Anorak in der Kinoschlange will, deswegen. Er macht sich Sorgen, was aus seinem Leben wird, und er ist einsam, und einsame Menschen sind die bittersten von allen.

S olange wir den Laden haben, haben wir versucht, eine Platte von einer Band namens Sid James Experience zu verscheuern. Normalerweise schaffen wir uns Zeug, das wir nicht loswerden, vom Hals – wir reduzieren es auf 10 Pence oder schmeißen es weg –, aber Barry liebt diese Platte (er hat selbst zwei Stück davon, extra für den Fall, daß sich jemand eine ausleiht und nicht zurückgibt) und behauptet, sie sei selten und würde irgendwann irgendwen sehr glücklich machen. Mittlerweile machen wir schon Witze darüber. Stammkunden fragen nach ihrem Wohlbefinden und geben ihr einen freundlichen Klaps, wenn sie sich umsehen, und manchmal bringen sie das Cover zur Ladentheke, als würden sie sie kaufen wollen, sagen dann »Reingelegt!« und stellen sie wieder zurück.
    Wie auch immer, am Freitagmorgen fängt dieser Typ, den ich noch nie zuvor gesehen habe, an, die Abteilung »Britischer Pop S-Z« durchzublättern, stößt ein verblüfftes Keuchen aus und hastet zur Ladentheke, das Cover an die Brust gepreßt, als fürchte er, jemand könne es ihm entreißen. Und dann zückt er seine Brieftasche und bezahlt sie, sieben Eier, einfach so, kein Versuch zu feilschen, kein Bewußtsein von der Tragweite seiner Tat. Ich lasse ihn von Barry bedienen – es ist seine Stunde – und Dick und ich beobachten mit angehaltenem Atem jede Bewegung. Es ist, als wäre er hereingekommen, hätte sich mit Benzin übergossen und ein Streichholzbriefchen aus der Tasche gezogen. Wir wagen erst auszuatmen, als er das Streichholz angezündet und sich selbst in Brand gesetzt hat, und als er weg ist, lachen wir und lachen und lachen. Es gibt uns allen Zuversicht: Wenn jemand einfach reinkommen und die LP der Sid James Experience kaufen kann, dann kann auch alles andere Gute jederzeit geschehen.

    Laura hat sich verändert, seit ich sie das letztemal gesehen habe. Zum Teil liegt es am Make-up: Sie hat es für ihre Arbeit aufgelegt, und es läßt sie weniger gestreßt, weniger müde, selbstbeherrschter aussehen. Aber es ist doch mehr als das. Noch etwas anderes ist geschehen, sei es in Wirklichkeit oder in ihrem Kopf. Was immer es auch ist, man kann sehen, daß sie glaubt, einen neuen Lebensabschnitt begonnen zu haben. Hat sie nicht. Ich werde sie nicht lassen.
    Wir gehen in eine Bar in der Nähe ihres Arbeitsplatzes – kein Pub, eine Bar, mit den Bildern von Baseballspielern an den Wänden, einer mit Kreide auf eine Schiefertafel geschriebenen Speisekarte, Leuten in Anzügen, die amerikanisches Bier aus der Flasche trinken und verdächtig unterversorgt mit Zapfhähnen. Es ist nicht sehr voll, und wir sitzen ungestört in einer Nische nahe der Rückfront.
    Und dann ist sie gleich beim »Wie geht's?«, als sei ich einfach irgendwer. Ich murmele irgendwas und weiß, daß ich nicht fähig sein werde, mich zu beherrschen, daß ich zu schnell kommen werde: Und dann ist es soweit, päng, »Hast du mit ihm geschlafen?« und vorbei.
    »Wolltest du mich deswegen treffen?«
    »Ich denke schon.«
    »Ach, Rob.«
    Ich will die Frage gleich noch einmal stellen, sofort. Ich will eine Antwort, ich will

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