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High - Genial unterwegs an Berg und Fels

High - Genial unterwegs an Berg und Fels

Titel: High - Genial unterwegs an Berg und Fels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lama
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Puigblanque und Patxi Usobiaga. Der Franzose Sylvain Millet. Jeder von ihnen ist für einen Platz auf dem Podest gut oder wenigstens fürs Finale. Und ein Holländer namens Jorg Verhoeven. Der Weltklasse-Autofahrer. Jorg klatscht mich ab, als er mich in der Iso-Zone sieht, und sagt: »Hey, Fuzzy. Nicht zu viel Gas geben, verstanden?«
    Ich widerstehe dem Impuls, mit Jorg das Blödeln zu beginnen, klatsche ihn ab und schüttle den Kopf: »Den Gefallen tu ich dir nicht. Heute wird Gas gegeben, bis der Tank leer ist.«
    Drinnen eine Megastimmung. Die Leute sitzen am Boden und auf den Stiegen, die zum benachbarten Turnsaal führen. In einer Ecke ist ein Baugerüst aufgestellt, auf dessen Brettern noch mehr Zuschauer hocken. Direkt im Anschluss an die Halle, verbunden durch einen gemeinsamen Eingang, ein weiterer Turnsaal. Dort haben die Veranstalter eine große Leinwand aufgestellt und übertragen live, was in der Halle passiert.
    Wenn ein Athlet aus der Iso-Zone kommt, ein kollektiver Schrei.
    Hey, hey, hey.
    Kein Zweifel, dass sich in diesem Moment der ganze Planet für nichts anderes interessiert als fürs Klettern.
    Als Jorg zur Qualifikation aufgerufen wird, höre ich, dass der Schrei noch lauter ist als bei den anderen. Ich kann zuhören, wie er klettert, bis zum frenetischen Applaus am Schluss.
    Der Mann ist in Form.
    Dann komme ich, und ich kriege denselben Roar wie Jorg, aber ich tauche in meine tiefe Konzentration und sehe nur noch die Wand und die schwarze Tour. Ich denke in Zügen. Eins links, zwei rechts, drei links, und so weiter. Als ich den ersten Griff spüre und merke, dass er sich gar nicht anders anfühlt, sondern so, wie ich einen Griff kenne, wie ich einen Griff mag, dann greife ich schon den nächsten und den übernächsten, und ich blende den Krach aus, der sich in meinem Rücken entfesselt.
    Allez, Fuzzy.
    Fuzzy, allez!
    Ich mache Zug um Zug, ruhig und präzise, und als die Lautstärke von unten wieder zu mir vordringt und ich am Seil hinunter zu den Zuschauern schwebe, bin ich im Halbfinale.
    Das Halbfinale, noch besser. Die Tour ist grün, und ich klettere sie als Einziger zu Ende. Als ich oben bin und den Jubel der Zuschauer höre, wundere ich mich ein bisschen: Das war doch ein Spaziergang.
    Eines ist klar, bevor das Finale überhaupt begonnen hat: Alles, was jetzt kommt, ist nur noch Draufgabe.
    Ich weiß, ich kann Achter werden, und ich bin voll happy.
    Ich weiß, ich kann gewinnen, und ich bin voll happy.
    Reini hüpft durch die Halle, als hätte er einen Frosch verschluckt. Der Mann ist – voll happy ist gar kein Ausdruck.
    Das Finale ist also bloß noch der letzte Kick für meine Premiere im Weltcup, für die Bestätigung dessen, was ich mich in vielen Stunden an der Kletterwand gefragt habe: Wie gut bin ich? Bin ich gut genug?
    Ich klettere auch im Finale gut, wenn auch nicht so fehlerlos wie im Halbfinale. Am Ende gewinnt der Italiener Flavio Crespi, er klettert um einige Züge weiter als ich. Und wenn schon. Dies ist mein erster Weltcup, und ich stehe auf dem Podest, auf der Anzeigetafel ist es klar und deutlich zu lesen: 2. David Lama, Austria, und hinter mir auf Rang drei der starke Tscheche Tomás Mrázek.
    Jorg, der Vierter geworden ist, kommt auf mich zu, er hat den Zeigefinger ausgestreckt und tut so, als würde er mir drohen. »Fuzzy, hab ich dir nicht verboten, Gas zu geben …«
    Dann gratuliert er mir herzlich. Ich glaube, er freut sich mehr über meinen zweiten Platz, als er sich darüber ärgert, dass ich ihm das Podest streitig gemacht habe.
    Reini kommt zu mir. Ein anderer Trainer hätte mich jetzt vielleicht in die Arme genommen und gedrückt. Aber Reini holt aus und haut mir eine auf den Rücken, dass ich fast vornüber kippe. Er muss nichts sagen. Seine Freude und seine ganze Liebe hat er in dieses Schulterklopfen gepackt.
    Nach dem Wettkampf die Party. Fast nach jedem Wettkampf findet eine Feier statt, manchmal richtet sie der Veranstalter aus, manchmal tun sich ein paar Kletterer zusammen und lassen es krachen. Klettern und Feiern, das ist eine gute Mischung. Unser Sport ist nur ein anderes Wort für Lebensfreude, und Lebensfreude gibt auch den Rhythmus bei guten Partys vor – und in Puurs feierten wir eine sehr gute Party. Eine sehr, sehr gute Party.
    Musik, Groove, Bier. Der Sponsor der Veranstaltung zeigte sich nicht kleinlich, und tausend Hände, die mir auf die Schulter klopften. War ich vor dem Wettkampf noch als kleiner Außerirdischer betrachtet worden,

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