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High Heels und Gummistiefel

Titel: High Heels und Gummistiefel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Zagha
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Anouks Boutique in der Nähe des Forum des Halles. Marie-Laure trug einen schwarzen Pullover mit Polokragen, einen kurzen Rock mit hochhackigen schwarzen Schuhen und ihr süßes rotes Mäntelchen. Sie sah wirklich sehr gut aus, gestand Daisy sich insgeheim ein, aber so was von bloß kein Risiko eingehen. Es würde eine Supersache werden, sie von den ausgetretenen Modepfaden wegzuführen und sie klamottentechnisch ein bisschen aufzumischen.
    Als sie am Schaufenster vorbei auf die Tür zugingen, wurde Marie-Laure, die bis dahin sehr tapfer gewesen war, immer langsamer und blieb stehen, wie hypnotisiert vom Anblick einer Schaufensterpuppe, an der (von Daisy höchstpersönlich) ein dunkelbrauner Pelzmantel mit sieben asymmetrischen Ärmeln drapiert war.
    »Ist das nicht fantastisch?«, fragte Daisy, die ihrem Blick folgte.
    »Ja-a. Aber... na ja, warum?«
    »Ach, du meinst die zusätzlichen Ärmel? Das ist eine kühne Herausforderung, unsere vorgefassten Meinungen neu zu überdenken. Weißt du, der Designer sagt damit: ›Warum soll ein Mantel nicht sieben Ärmel haben? Entscheide selber. Glaub dem Hype nicht.‹«
    »Ich verstehe.« Marie-Laure wandte die Augen von dem Mutantenmantel ab und warf einen nervösen Blick auf ihre eigenen zwei Arme.
    Anouk kam ihnen entgegen, als sie eintraten. Wohlgefällig musterte
sie Marie-Laures schlanke, langbeinige Figur mit scharfem Kennerblick. »Also, mon petit, was suchen Sie?«
    »Ich weiß nicht recht. Vielleicht... ein Kleines Schwarzes?«
    »Also, Marie«, widersprach Daisy energisch, »davon hast du schon ungefähr zwanzig Stück. Ich finde, du solltest mal ein bisschen was wagen. Wie wär’s denn mit so was?«, fragte sie und zog ein raschelndes rotes Kleidchen von der Kleiderstange.
    Marie-Laure starrte ungläubig. »Aber das ist doch ein Witz, nicht? Das ist ja aus...«
    »Papier. Ja. Also?«
    »Also ist es kein richtiges Kleid. Ich meine, das kann man nicht tragen. «
    »Es ist sehr wohl ein richtiges Kleid«, betonte Anouk. »Das Papier ist auf ganz spezielle Weise behandelt worden, so dass es nicht reißt. Jedenfalls eine Zeitlang nicht. Ein klein wenig brennbar ist es schon«, gab sie zu. »Also sollte man sich damit lieber zum Beispiel von Rauchern fernhalten.«
    »Aber das Beste daran«, setzte Daisy begeistert hinzu, »ist, dass man es in einen Briefumschlag stecken kann.« Sie demonstrierte dies, indem sie das Kleid in den dazu passenden DIN-A4-Umschlag schob, der am selben Kleiderbügel befestigt war. »Das ist so was von nützlich, wenn man auf Reisen geht.«
    »Okay. Très pratique. Aber ich brauche kein Reisekleid.«
    »Oooh, schau doch mal, da ist so ein tolles Teil!« Daisy huschte zum anderen Ende der Kleiderstange und packte ein anderes Kleid, das sie vor sich hinhielt. Dies war ein Schlauch aus vollkommen durchsichtigem hautfarbenem Netzstoff, auf das strategisch geschickt farblose Kristalle in Form eines knappen Wäschesets aufgenäht waren.
    »Ah, ja«, meinte Anouk. »Ein sehr witziges Kleid.«
    »Probier’s an! Probier’s doch mal an!«

    Marie-Laure schüttelte den Kopf. »Nein. Ich sehe, dass es wunderbar ist, aber... c’est beaucoup trop! Das ist mir zu viel des Guten. Ich kann mir nicht denken, wann ich das anziehen soll.«
    »Du könntest es anziehen, wenn du...« Daisy fiel wieder ein, worauf Marie-Laure und ihre Familie abfuhren, und sie hatte eine jähe Inspiration. »Wenn du in die Oper gehst! Dafür ist es doch glamourös genug.«
    Marie-Laure lachte laut heraus. »Ich kann mir vorstellen, wie meine Eltern reagieren würden! Komm schon, Daisy: Es ist doch vollkommen durchsichtig.« Anouk und Daisy wechselten einen Blick.
    »Vielleicht ist es besser, wenn ich mich einfach allein ein bisschen umsehe?«, schlug Marie-Laure entschuldigend vor.
    »Selbstverständlich.«
    Während sich Marie-Laure langsam an den Kleiderstangen entlangarbeitete, sagte Daisy: »Anouk, ich kann dir gar nicht genug dafür danken, dass du mir zugeredet hast, mich mit Raoul zu treffen.«
    »Das freut mich ja so, ma chérie. Dann ist es also ernst?«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube schon. Das Ganze ist sehr intensiv.«
    »Intensiver als mit...«
    »Ach, du meinst, mit Octave? Es ist ganz, ganz anders. Raoul ist älter, weißt du, erfahrener. Bei ihm fühle ich mich irgendwie... sicher.«
    »Vielleicht, wenn du diesem Octave später in deinem Leben begegnet wärst...«
    »Oh, das glaube ich nicht«, wehrte Daisy leichthin ab. »Stimmt’s, Marie?«
    Marie-Laure

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