High Heels und Gummistiefel
ordentlicher aussah, hatte sie dort keine Spur von den Manuskripten gefunden, und auch nicht von The Splodge. Allerdings hatte es ihr ziemlich Spaß gemacht, den Inhalt des Dachbodens nach rationaleren Gesichtspunkten zu ordnen. Und es war sehr zufriedenstellend gewesen, Tom das Ergebnis ihrer harten Arbeit zu zeigen.
»Ich fasse es nicht, wie anders es hier aussieht, Isabelle.«
»Ich bin gern systematisch.«
»Offensichtlich«, hatte Tom bemerkt und die ordentlichen Kartonstapel betrachtet, die jetzt alle säuberlich mit Filzstift beschriftet waren. »Ehrlich gesagt«, hatte er hinzugefügt und sich dem anderen Ende des Dachbodens zugewandt, »ein paar von diesen Möbeln sehen gar nicht so übel aus, jetzt, wo man sie richtig sehen kann.«
»Ein paar sind richtig hübsch. Die Kommode da ist sehr schön. Und das Bett dort, das mit der Todesfallen-Matratze: Das ist ein lit à baldaquin, glaube ich.«
»Ein Himmelbett?«
»Ja, genau. Es ist auseinandergenommen worden, aber die Teile sind alle da.«
»Weißt du, ich habe so eine Ahnung, dass das hier alles Merediths Möbel waren, aus ihrem alten Zimmer. Du hast doch bestimmt die Bettpfosten überprüft – für den Fall, dass welche hohl sind?«
Daraufhin war Isabelle vor Aufregung ganz atemlos gewesen. Gemeinsam hatten sie hoffnungsvoll die Eichenpfosten abgeklopft, aber vergeblich. Das Holz war massiv.
»Nun ja, einen Versuch war’s wert«, hatte Tom gelassen festgestellt.
Der Dachboden war also erledigt. Heute würde Isabelle ihre Aufmerksamkeit der Bibliothek widmen. Tom, der draußen mit Rosie irgendetwas Gartentechnisches machte, hatte Isabelle die Tür geöffnet und sie sich selbst überlassen, wobei er versprochen hatte, rechtzeitig zu kommen und sie zum Tee zu holen.
Isabelle sah sich in dem stillen Raum um und überlegte, wo sie anfangen sollte. Sie dachte an Meredith Quinces Porträt und beschwor, nicht ganz im Ernst, den Geist der Autorin herauf, um sie bei ihrer Schatzsuche zu leiten. Vielleicht fand Meredith ja eine Möglichkeit, es anzuzeigen, wenn Isabelle ihrem Ziel näherkam – beispielsweise durch ein diskretes Klopfgeräusch. Ganz kurz dachte Isabelle an Jules’ Ouija- Brett. Vielleicht hätte Tom ja nichts dagegen mitzuhelfen. Die Gegenwart eines Verwandten konnte doch nur ein Anreiz für die Autorin sein, zu erscheinen.
Doch vielleicht sollte sie zunächst die rationaleren Möglichkeiten ausschöpfen. Am besten, sie begann mit dem Schreibtisch. Behutsam zog Isabelle die Schubladen auf. Alle waren leer, bis auf eine Flasche mit schwarzer Tinte, sehr alt und beinahe aufgebraucht. Isabelle nahm sie in die Hand und starrte sie an: War dies ein Hinweis auf The Splodge , ein von Meredith hinterlassenes Zeichen, dass Isabelle mit ihren Recherchen fortfahren sollte? Nun, wieso sollte sie es nicht als eine Gralsuche interpretieren? Sehr vorsichtig zog
sie die Schreibtischschubladen ganz heraus und legte sie auf den Teppich. Manchmal gab es ja wirklich so etwas wie Geheimfächer in Schreibtischen. Isabelle tastete langsam und systematisch jede Nische des Schreibtisches ab. Sie stieß einen kleinen Seufzer aus. Die volle Nullnummer, Darling, wie Chrissie es ausgedrückt hätte.
Als sie aufblickte und durch die Terrassentür schaute, wurde sie mit dem Anblick von Tom und Rosie belohnt, die Seite an Seite fröhlich gruben und irgendetwas pflanzten. Das sah nach ziemlich harter Arbeit aus, noch dazu bei dem kalten Wetter, doch wenigstens wussten die beiden im Gegensatz zu ihr genau, was sie taten. Isabelle ließ sich in den primelgelben Lehnstuhl sinken und lehnte den Kopf an. Ihr Blick wanderte über die Bücherregale. Diese nervtötende Rosie war ganz sicher eine Dauereinrichtung in Toms Garten. Es hätte Isabelle wirklich nicht überrascht, wenn sie sich im Gewächshaus häuslich niederzulassen gedächte.
Jedenfalls, befand Isabelle ungeduldig, war es an der Zeit, ihre Theorie zu den Bücherregalen auf die Probe zu stellen. Sie überlegte einen Moment lang. Zu ihrer Rechten befand sich die Wand mit der Tür darin, dahinter lag der Flur. Die Wand hinter ihr wurde von der Terrassentür durchbrochen, die in den Garten hinausführte. Auf der anderen Seite der Wand ihr gegenüber befand sich ein weiteres Wohnzimmer, das der Familie Quince als Fernsehzimmer gedient hatte. Damit war nur noch eine Wand übrig, hinter der vielleicht ein Geheimzimmer verborgen sein könnte, die zu ihrer Linken. Sie bemerkte das Fehlen eines Kerzenleuchters oder eines
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