High Heels und Gummistiefel
Baum?«
»Äh... ich weiß nicht.«
»Du weißt es nicht?«, fragte Rosie mit ungläubigem Lachen. »Hast du es denn nie rausfinden wollen?«
»Ich habe nie darüber nachgedacht«, antwortete Isabelle wahrheitsgemäß. »Wahrscheinlich gefällt mir der Baum einfach als Idee.«
Rosie zog die Brauen ein wenig hoch und schaute zu Tom hinüber. Dann versuchte sie es noch einmal: »Und, was für Gärten magst du so?«
Isabelle war bestürzt. Wie viele verschiedene Arten von Gärten gab es denn? »Ich weiß nicht. Ich finde alle Gärten schön.«
»Wirklich? Das ist ja echt seltsam.«
»Bist du mit meinem Garten einverstanden?«, erkundigte Tom sich sanft.
Isabelle drehte sich zu ihm um, und wieder fiel ihr die wunderschöne und ungewöhnliche Farbe seiner Augen auf. »Ich finde, dein Garten ist wunderschön.«
»Gefällt dir das, was ich gerade mache? Eigentlich ist es eine Art Weihnachtsgarten, mit allen möglichen Winterpflanzen – Eiben, Efeu -«
»Und Stechpalmen natürlich, damit ein bisschen Farbe in das Ganze kommt«, warf Rosie ein. »Ich fahre total auf diese neuen Stechpalmen ab, die ich dir besorgt habe, Tommy. Die, die wir gestern eingepflanzt haben, mit den orangeroten Beeren – Feuerdorn.«
Ein Dorn aus Feuer, dachte Isabelle zerstreut, das war ja ein ziemlich surrealistisches Bild. Sie trank den letzten Tropfen Tee aus. Plötzlich kam es ihr in der Küche sehr warm vor. Sie würde sich gleich ein Glas Wasser holen.
»Kennst du die, Isabelle?«
Isabelle schüttelte den Kopf und betrachtete mit einiger Faszination Toms honigbraune Hand, die auf seinem Schenkel lag.
»Die große müssen wir noch an der Gartenmauer festmachen«, fuhr Rosie fort und schickte sich an aufzustehen. »Wir sollten weitermachen, sobald du so weit bist.«
»Stechpalmen gehören zu den Pflanzen, die entweder männlich oder weiblich sind«, sagte Tom an Isabelle gewandt, ohne sich zu rühren. »Männliche Stechpalmen sind ein bisschen langweilig, weil sie keine Früchte tragen, nur Blüten. Aber man sollte auf jeden Fall eine im Bestand haben, damit die weiblichen Stechpalmen bestäubt werden und Beeren hervorbringen können. Im Idealfall bindet man die beiden zusammen, eine männliche und eine weibliche Pflanze. So bekommt man Blüten und Beeren.«
Isabelle nickte und dachte insgeheim, dass Toms Haltung etwas ungeheuer Erotisches an sich hatte, selbst wenn er einfach nur dasaß wie jetzt, regungslos und entspannt.
»Und außerdem pflanzen wir noch ein paar Christrosen«, verkündete Rosie und setzte sich wieder. »Stimmt’s, Tommy?«
»Das sind wirklich wunderhübsche Blumen«, erklärte Tom.
»Weiß mit einem Rosaton. Sie blühen in den dunkelsten Monaten des Jahres, wenn alles andere steinhart gefroren ist. Nieswurz mag ich besonders gern«, fuhr er fort und lächelte Isabelle vage an, »weil die so wunderbar promisk sind. Sie werden ihre Samen im ganzen Garten verstreuen, das weiß ich genau.«
In Isabelles Innerem barst plötzlich etwas, das sorgfältig komprimiert gewesen war, und war kurz davor, auszubrechen.
»Was ist denn mit dir los?«, erkundigte Rosie sich neugierig. »Du bist ja plötzlich ganz rot.«
»Ich glaube«, sagte Isabelle langsam und erhob sich, »ich sollte mal nach draußen gehen und ein bisschen Luft schnappen.«
Tom streckte die Hand aus, als wolle er sie stützen, doch Isabelle wehrte mit einer Geste ab und strebte wie ein würdevoller Betrunkener auf die Tür zum Garten zu. Als sie sie erreichte, war ihr Blickfeld bereits merklich zu einem Tunnelblick geschrumpft, und sie brauchte einen Augenblick, um den Türknauf zu finden und ihn in die richtige Richtung zu drehen. Sie trat in den Garten hinaus und war sich ganz vage hastiger Schritte hinter sich bewusst. Irgendwo hier in der Nähe stand eine hölzerne Bank, erinnerte sie sich. Der Tunnel wurde rasch immer enger. Dann gaben ihre Beine nach, und alles wurde schwarz.
Als sie wieder zu sich kam, lag sie auf der Bank, den Kopf in Toms Schoß.
»Tief durchatmen«, wies er sie an und fächelte ihr mit seinem Hut Luft zu.
»Tom«, flüsterte sie und schaute zu ihm auf, »was...?«
»Du bist ohnmächtig geworden, mein Liebes. Alles sehr dramatisch. In viktorianischen Zeiten hätte ich dir das Korsett gelockert, aber anscheinend trägst du keins.«
Zittrig setzte Isabelle sich auf und rieb sich die Augen. »Aber das ist doch lächerlich. Ich bin noch nie ohnmächtig geworden.« Sie
dachte einen Augenblick lang nach, dann setzte sie
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