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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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einen Vierzehnjährigen umtrieb und seine Deutung der Ereignisse beeinflusste.
    Er selbst versuchte verzweifelt, vor den entsetzlichen Bildern zu fliehen: übereinandergeworfene, aufgeschlitzte Menschen, die in ihrem Blut badeten, gestikulierten, um Hilfe riefen, rohes Fleisch und blanke Knochen. An diesem Tag hatte er sterben wollen. Aber Gott hatte anders entschieden. Und als er Alexander unter den Sterbenden gefunden hatte, in dieser eisigen Schlammwüste, da hatte er verstanden, warum. Der Junge hatte eine gute Seele, die es wert war, gerettet zu werden. Und das war seine Aufgabe.
    Trotz der schmutzstarrenden Umgebung verheilte Alexanders Wunde gut. Die Pflege, die O’Shea ihm in den Wochen nach der Schlacht hatte zukommen lassen, zeigte Wirkung. Der Junge hatte Glück gehabt. Mit Hilfe seines Kräuterwissens hatte der Alte ihm die Qualen erspart, die er jetzt selbst litt. Glücklicherweise war er am Ende seines Weges angekommen. Es war höchstens noch eine Frage von Tagen. Er würde das Ende des Jahres 1746 nicht mehr erleben. Aber er hatte sein Ziel erreicht.
     
    Die klirrende Kälte drang den Gefangenen bis in die Knochen. In der elenden Kerkerzelle drängten sie sich eng zusammen, um ein wenig Wärme zu finden. Der Gestank war entsetzlich, doch er störte Alexander nicht mehr; er hatte sich daran gewöhnt. Das Stöhnen und Schreien, das Klirren der Ketten, das Klicken der Riegel und das Rasseln der Schlüssel waren ihm inzwischen vertraut. All das war nur noch eine schauerliche Melodie, die ihn bis in seine Träume begleitete.
    An diesem Abend herrschte in der Zelle eine andere Stimmung als sonst. So etwas wie Freude schwang in den Gesprächen, und manchmal ließ sich sogar ein Lachen vernehmen. »Sie feiern den Geburtstag des Prinzen, mein Junge«, hatte O’Shea ihm erklärt. Sie hatten Dezember; Nollaig stand vor der Tür, Weihnachten. Und bald würde Hogmanay sein, der letzte Tag des Bliadhna Thearlaich, von Charlies Jahr.
    Der pfeifende Atem des alten Priesters neben ihm ließ einen feinen weißen Dunst aufsteigen, der sich auf seinem Schnurrbart als Reif niederschlug. Das Fieber zehrte seinen abgemagerten Körper aus, von dem ein starker Fäulnisgeruch aufstieg, und schüttelte ihn heftig. Seit drei Tagen verweigerte O’Shea jede Nahrung und nötigte den Knaben, seine Ration zu essen. »Du wirst es brauchen, Alasdair Dhu …« Er hatte nicht einmal mehr die Kraft, Geschichten zu erzählen. Alexander wusste, dass der Tod seinen Freund holen würde. Sein Herz war schwer, und er fühlte sich schrecklich ohnmächtig.
    Das Tageslicht, das durch das Loch in den dicken Steinmauern eindrang, tauchte die Zelle in einen nebligen Schein und beleuchtete den Haufen verwesender Leichen, die sich in der Mitte stapelten. Die Ratten ergötzten sich an den Körpern, deren Zahl immer mehr anwuchs. Ein Mann fand die Kraft, aufzustehen und einen der Nager mit einem Fußtritt zu verjagen. Die Tiere getrauten sich sogar gelegentlich, in das noch warme Fleisch der Lebenden zu beißen. Ein Rattenbiss konnte verhängnisvolle Folgen haben… Aber die Luft in der Zelle ebenfalls …
    Bald würde eine Gruppe von Bettlern kommen, um die Toten zu holen, wie sie es seit vier Monaten regelmäßig taten. Sie warteten stets, bis sich etwa ein Dutzend Leichen angesammelt hatte, was mehrere Tage dauern konnte. Dann trafen neue Gefangene ein, wieder andere starben, und der Kreislauf setzte sich fort. Die Hinrichtungen wurden seltener. Den Menschen bereitete es immer weniger Vergnügen, bei diesen Schauspielen zuzusehen. So vergaß man die Gefangenen in ihren dunklen, feuchtkalten Zellen, denen nur der Tod seinen Besuch abstattete. Ab und zu jedoch holte man Männer und Frauen heraus, um sie in andere Gefängnisse zu verlegen oder sie auf die Schiffe zu bringen, die zu den Kolonien im Süden segelten, wo sie auf den Plantagen wie Sklaven verkauft werden würden.
    Alexanders Lebensumstände waren elend, gewiss, aber vor allem litt er an seiner Seele. Trotz O’Sheas Morallektionen war er zu dem Schluss gelangt, dass er in seinem kurzen Leben nichts vollbracht hatte, über das die Barden singen konnten. Er hatte das Versprechen, das er seiner Großmutter gegeben hatte, nicht eingelöst; er hatte sein Volk nicht gerettet. In dem Versuch, den Feind zurückzuschlagen, Ruhm zu gewinnen und seinem Clan Ehre zu machen, hatte er Schande und Tod über die Seinigen gebracht… Seine Brüder würden ihm nie vergeben, das hatte er in Johns Blick

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