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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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auf Englisch versuchen, einer Sprache, die manche Irokesen aufgrund ihres alten Bündnisses mit den Engländern in Neu-England verstanden. Der brutale Schlag fiel verblüffend schnell. Tsorihia stöhnte vor Schmerz und hielt sich mit einer Hand die Wange, während sie die andere ausstreckte, um den zweiten Schlag abzuwehren, der jedoch nicht kam.
    Alexander fühlte sich überrumpelt und wusste nicht, was er tun sollte. Ehe er ein Wort sagen konnte, fuhr Godasiyo herum und ging wieder ans Feuer, zu den anderen Frauen, die sich immer noch unterhielten und sich gar nicht für das interessierten, was soeben geschehen war. In der Folge hielt Alexander sich von Tsorihia fern, um keinen Skandal hervorzurufen und seine Sicherheit und die der Huronin nicht zu gefährden.
     
    Es war so kalt, dass ihr Atem in der Luft gefror. Die Jäger waren von einem Beutezug zurückgekehrt, hatten aber leider nicht genug frisches Fleisch mitgebracht, um den vielen Kranken wieder ein wenig Kraft zu spenden. Im Dorf wütete eine Grippeepidemie. Zwei kleine Kinder und vier alte Menschen waren ihr schon zum Opfer gefallen.
    Wie viele andere Bewohner des Langhauses wurde auch Tsorihia krank und musste ihr Lager hüten. Als ihr Fieber am stärksten war, fantasierte sie und verlangte nach den Falschgesichtern 40 , die sie, wie sie sagte, im Traum gesehen habe. Godasiyo war ärgerlich, weil ihre Tochter nicht aufstehen konnte und sie ihre Aufgaben zusätzlich zu den ihren übernehmen musste, und beugte sich ihrer Bitte.
    Ein Zug von Menschen, die fantastische, groteske Masken trugen, betrat das Langhaus. Besorgt und fasziniert zugleich drückte sich Alexander in eine Ecke, um die Zeremonie anzusehen, die zu seinem großen Erstaunen relativ kurz ausfiel. Die Eingeweihten schwenkten ihre mit Symbolen bemalten chichigouanes , intonierten geheimnisvolle Gesänge und tanzten um Tsorihia herum. Dann bliesen sie Asche, die sie zuvor von glühenden Kohlen abgenommen hatten, auf die Kranke und berührten ihre Stirn. Nachdem das Ritual beendet war, bot Godasiyo den Falschgesichtern Tabak und sagamité an. Schweigend nahmen sie die Gaben entgegen und gingen.
    Wie gebannt betrachtete Alexander die Huronin und wartete darauf, dass sie aufstand wie der Lahme aus der biblischen Geschichte. Aber nichts dergleichen geschah. Tsorihia begann erneut zu husten, blieb auf ihren Fellen liegen und drehte sich stöhnend um. Er machte sich Sorgen um sie. Während der Nacht war ein junger Bursche gestorben. Wenn die junge Frau auch starb, war jede Aussicht auf Flucht dahin. Doch es war nicht nur das. Beinahe gereizt erkannte er, dass noch etwas anderes ihn ängstigte … Er fürchtete sich wirklich davor, sie zu verlieren.
    Am nächsten Tag fühlte die Huronin sich kräftig genug, um sich auf ihrem Lager aufzurichten und ein wenig Brühe zu trinken, in der man Kräuter eingeweicht hatte. Ihre Augen, unter denen bläuliche Schatten lagen, strahlten Alexander an, und er war zutiefst erleichtert.
     
    Es musste inzwischen Februar geworden sein. Die Irokesen bereiteten sich eifrig auf ihr Mittwinterfest vor. Tsorihia erklärte Alexander, dass man den Kampf zwischen Teharonkiawako, dem Hüter den Paradieses, und Sawiskera, dem Bösen, feierte.
    Die Feierlichkeiten begannen am ersten Tag mit dem Umzug der Großen Köpfe. Grotesk gekleidete Männer gingen von Haus zu Haus und verkündeten offiziell den Beginn des Festes, mit dem nach dem irokesischen Kalender das neue Jahr anfing. Sie rührten in allen Herdfeuern die Asche um; ein Symbol dafür, dass das Feuer des alten Jahres zerstreut und das des neuen Jahres angezündet wurde. Dann erwürgten sie einen weißen Hund, der für die Reinheit stand und rot bemalt und mit weißen wampums geschmückt war, und hängten ihn mitten im Dorf auf, wo ihn alle sehen konnten.
    Der zweite Tag war der Erneuerung der Träume und den Visionen gewidmet, die eine besondere Bedeutung für die Heilung seelischer Krankheiten hatten. Die Menschen versammelten sich in der großen Ratshütte, wo man tanzte und Dankeslieder sang, ehe man sich dem Spiel des Großen Rätsels widmete.
    Träume bestimmten hier das Leben. Die Irokesen glaubten, dass sie stets eine Botschaft bargen und man ihr nachkommen müsse, um die Kräfte des Bösen zu vertreiben. Die Teilnehmer am Spiel des Großen Rätsels erzählten einen Traum, den sie im Lauf des vergangenen Jahres gehabt hatten, und gaben ihn den Dorfbewohnern, die ihn deuten mussten, als Rätsel auf. Derjenige, der

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