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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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sich eingestehen, dass Tsorihia ihn nicht gleichgültig ließ. Dagegen wirkte die Ehefrau, die man ihm aufgezwungen hatte, nicht besonders anziehend auf ihn. Wenn er mit ihr zusammen war, stellte er sich vor, dass auf der anderen Seite des Ledervorhangs die junge Indianerin mit ihren anmutigen Kurven lag. Die Glut und Leidenschaft, die er dann entwickelte, schienen die Witwe sehr zufriedenzustellen. Sie warf sogar den Frauen, die sich ein wenig zu lange in der Gegenwart von Weißer Wolf, ihrem neuen Mann, aufhielten, bitterböse Blicke zu. Dieser Umstand machte jede Annäherung an die junge Huronin schwierig und behinderte zugleich seine Fluchtpläne.
    Der Nachmittag ging zu Ende. Immer wieder fiel graues Tageslicht in das Langhaus, wenn die Felle, die den Eingang bildeten, hochgeweht wurden. Von Westen blies ein heftiger Sturm, der blendende Schneeböen vor sich her trieb. Die Behausungen bebten. Godasiyo diskutierte wie gewohnt mit den anderen Frauen des Hauses, die die sagamité 38 zubereiteten.
    Inzwischen hatte Alexander sich so gut erholt, dass er die Männer auf die Jagd begleiten konnte; aber durch das schlechte Wetter war er erneut beschäftigungslos. Er lag auf seiner Bettstelle und sah Tsorihia zu, die auf den Knien lag und im Licht einer Bärenfett-Lampe ein Elchfell schabte. Er versuchte zu erraten, wie alt die junge Frau war. Zwanzig? Auf jeden Fall nicht jünger als sechzehn. Ihr rundes, glattes Gesicht war mit Tätowierungen geschmückt: jeweils drei Perlen unter den Wangenknochen und drei vertikale Striche auf dem Kinn. Im Gegensatz zu den Männern trugen nur wenige Frauen Tätowierungen.
    Die Huronin hatte bemerkt, dass der weiße Mann sie beobachtete. Sie lächelte, ohne aufzusehen, und konzentrierte sich auf das Messer, das sie behutsam führte, um das Leder nicht zu verletzen. Nach einer Weile legte sie ihr Werkzeug weg und nahm einen Behälter aus Rinde, den sie auf ihre Knie stellte. Dann steckte sie die Finger hinein und zog eine Paste hervor. Sorgfältig trug sie diese auf die Haare auf, die immer noch an dem Leder hingen. Ihre Hände arbeiteten flink.
    Alexander hatte sich davon fesseln lassen und gar nicht bemerkt, dass sie ihn jetzt eindringlich ansah. Als er endlich zu ihr aufschaute, begegneten sich ihre Blicke. Er lugte zu Godasiyo, die ihnen keine Beachtung schenkte, und setzte sich neben Tsorihia im Schneidersitz auf den Boden.
    »Darf ich es auch einmal versuchen?«, fragte er und wies auf ihr Messer, das im Moment vernachlässigt dalag.
    »Das ist Frauenarbeit«, antwortete sie und schüttelte den Kopf. »Nichts für Euch. Weißer Wolf ist Jäger. Er wird mir schöne Felle bringen, die ich gewissenhaft abschaben werde.«
    Sie nahm ihr Schabemesser und machte sich wieder an die Arbeit, wobei sie ihm ihr stolzes Profil bot.
    »Was hast du auf die Haare getan?«
    »Eine Mischung aus Asche und Hirschgehirn.«
    Ihm war schon aufgefallen, dass die Indianerinnen ganz andere Methoden der Lederbearbeitung hatten als die Weißen. Die Tierhäute, die von Hand abgeschabt, lange weichgekaut und geräuchert wurden, um sie wasserdicht zu machen, waren von höchster Qualität. Sie waren unvergleichlich weich, ließen den Schweiß verdunsten, obwohl sie wasserabweisend waren, und man konnte sie waschen. Dagegen blieben die von den Europäern gegerbten Häute starr und verdarben rasch, wenn sie nass wurden.
    Außerdem nutzten die Irokesen im Gegensatz zu den weißen Trappern, die nur um der Pelze willen jagten, jedes Teil der Tiere, die sie töteten. Vor allem stellten sie aus dem Leder Kleidung her. Aber sie trockneten und ölten auch die »grüne« 39 Haut, um daraus widerstandsfähige Gegenstände wie Gürtel, Futterale, Sohlen für Mokassins und diverse Behälter anzufertigen.
    Das Fleisch, das nicht sofort verzehrt wurde, trocknete man, um daraus Pemmikan herzustellen. Aus den Hufen schnitzte man Werkzeuge und Schmuckstücke. Durch Kochen gewann man aus ihnen eine Substanz, die als Klebstoff und zum Weichmachen der grünen Haut benutzt wurde. Auch die Gedärme fanden eine Verwendung: Sie wurden gereinigt, gestreckt, gedreht, getrocknet und geölt und dann als Nähfaden gebraucht. Nichts ging verloren. Selbst die Exkremente wurden noch als Brennmaterial genutzt. Und mit den Haaren, die Tsorihia so fleißig von der Haut abkratzte, würden, nachdem man sie gefärbt hatte, Kleidungsstücke bestickt; ebenso verfuhr man mit den Stacheln von Stachelschweinen.
    Es beeindruckte ihn, wie die Indianer

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