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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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und mit Tränen in den Augen. »Nie vergesse ich sein Gesicht… Seine Wange, ein Messer hatte ihm die Wange aufgeschlitzt.«
    Alexanders Gedanken überschlugen sich schwindelerregend. Tsorihias Bruder… Er musste irgendetwas tun, eine solche Chance würde sich ihm bestimmt nicht wieder bieten. Die Besucher wirkten enttäuscht und schickten sich zum Aufbruch an.
    »Warte auf mich, ich bin gleich zurück!«
    Rasch umrundete Alexander das Langhaus und postierte sich an einer Stelle, an der die Gruppe vorbeikommen musste. Er konnte den Besuchern nicht aus dem Dorf folgen, ohne aufzufallen. Daher musste er versuchen, sich im Schatten zu halten und von dort aus Tsorihias Bruder auf sich aufmerksam zu machen. Er hob ein paar Kieselsteine auf und wartete.
    Ein paar Fuß vor ihm tauchten die Besucher auf. Nonyacha ging als Letzter und kam direkt vor ihm vorbei, ein unerhörtes Glück. Mit pochendem Herzen warf Alexander ihm einen Kiesel vor die Füße. Der Hurone erstarrte und blieb stehen.
    »Dreht Euch nicht um, Nonyacha«, flüsterte Alexander.
    »Wer seid Ihr?«, fragte der andere alarmiert zurück.
    »Ein Freund von Tsorihia.«
    »Tso …«
    Der Mann wirkte plötzlich sehr nervös, aber er nahm sich zusammen und sprach leiser weiter.
    »Tsorihia? Wo ist sie? Wo ist meine Schwester?«
    »Hier.«
    »Hier? Wie geht es ihr?«
    Tsakuki schaute in ihre Richtung. Alexander wusste, dass er ihn von seinem Standort aus nicht sehen konnte. Aber der Krieger wirkte trotzdem besorgt.
    »Gut … Wir können hier nicht weiterreden«, flüsterte er, während er den Irokesen im Auge behielt. »Wenn Ihr morgen zurückkehren könntet … am Flussufer … steht etwa eine halbe Meile vor der Mündung eine hohe Weide …«
    »Wer seid Ihr?«
    »Vertraut mir, Nonyacha. Ich will nur das Beste für Eure Schwester.«
    Der andere war aufgewühlt. Er bohrte den Absatz in den Boden, damit er sich nicht zu seinem geheimnisvollen Gesprächspartner umdrehte, denn er wusste, dass Adleraugen auf ihm und den drei Händlern, die immer noch diskutierten, ruhten.
    »Morgen? Unmöglich. Da kommt ein Konvoi aus Fort Schenectady, der nach Niagara unterwegs ist, durch diese Gegend. Zu gefährlich.«
    Er gehört zu den Rebellen, dachte Alexander.
    »Gut, dann in zwei Tagen… bei Sonnenuntergang.«
    »Übermorgen? Einverstanden. Ich werde da sein.«
     
    Zerstreut spielte Alexander mit Tsorihias Haar. Er konnte nicht schlafen. Böse Vorahnungen quälten ihn, aber er wollte die junge Huronin, die sich freute, ihre Familie bald wiederzusehen, nicht belasten, indem er ihr davon erzählte. Ob Nonyacha ein Komplize von Wemikwanit war? Hatte er ihn etwa hergeschickt, um ihn gegen ein Tauschgeschäft zu holen? Wenn es sich so verhielt, dann war er geradewegs in die Höhle des Löwen gelaufen! Er konnte Tsorihia nicht daran hindern, sich mit ihrem Bruder zu treffen, also würde er sie gehen lassen und selbst eine andere Richtung einschlagen… Doch der Gedanke gefiel ihm nicht. Er umarmte seine Gefährtin fester, schloss die Augen und hoffte, dass ihn endlich der Schlaf übermannen würde.
    »Wärest du auch ohne Tsorihia gegangen?«
    »Was?«
    Die junge Frau bewegte sich und drehte sich um, damit sie im schwachen Feuerschein sein Gesicht besser erkennen konnte.
    »Du hast heute darüber nachgedacht. Ich habe es in deinen Augen gesehen. Du bist ›Der-mit-den-Augen-spricht‹.«
    Alexander stieß einen langgezogenen Seufzer aus. Sie durchschaute ihn immer; er konnte sie nicht anlügen.
    »Ja, ich habe daran gedacht.«
    »Du wärest ohne mich fortgegangen? Bitte, verlass mich nicht!«
    Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Er musste wieder an die Geschichte von dem vergessenen Maiskolben denken, die sie den Mädchen heute Nachmittag erzählt hatte. War das vielleicht ein Vorzeichen gewesen?
    »Ich hätte es nicht fertiggebracht, ohne dich zu gehen«, flüsterte er zärtlich und küsste sie auf die Stirn.
     
    Am nächsten Tag machte tatsächlich ein Nachschubkonvoi aus Fort Schenectady im Dorf Halt, mit dem auch ein Vertreter des Ministers für indianische Angelegenheiten reiste, George Croghan. Auf seinem Weg nach Süden verteilte er Friedens wampums . Gayengwatha empfing ihn respektvoll, aber kühl: Die schönen Worte der Engländer enthielten immer Gift. Pontiac wiegelte das Land der Illinois auf, und das machte die Engländer außerordentlich nervös. Genau das hatten die Franzosen aus Cahokia ihnen gestern mitteilen wollen.
    Pontiac hetzte die Illinois auf:

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