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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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lag zu ihren Füßen.
    In dem Boot saßen zwei Männer, Nonyacha und ein anderer Eingeborener – nicht Wemikwanit, zur großen Erleichterung des Schotten. Das Kanu wurde langsamer, näherte sich dem Ufer und hielt ein paar Fuß vom Wasserrand an. Alexander stand auf und nahm ihre Bündel. Die junge Frau rührte sich nicht, sondern starrte ihren Bruder an, der das Gleiche tat. Nonyachas von schrecklichen Narben durchzogenes Gesicht erinnerte Alexander an das seines Vaters, der bei der Schlacht von Sheriffmuir 1715 durch eine englische Klinge verletzt worden war. In letzter Zeit dachte der Schotte immer öfter an seine Familie. Seine Erinnerungen waren wie ein Anker, der verhinderte, dass er in dieses Land abdriftete, in dem er oft sogar seinen Namen vergaß. Wenn es Gott gefiel, ihn in die Provinz Québec zurückkehren zu lassen, gelobte er sich, seinem Vater zu schreiben…
    »Schnell!«, flüsterte Nonyacha. »Onkwahkwari! 43 « Steigt ein!
    Tsorihia ging bis zu den Knien ins Wasser und trat auf ihren Bruder zu, der ihr die Hand entgegenstreckte. Als sie sich zu ihm umdrehte, stellte Alexander fest, dass zwischen den beiden eine frappierende Ähnlichkeit bestand. Die junge Frau bemerkte, dass sich hinter ihrem Gefährten ein Zweig bewegte, und wollte einen Schrei ausstoßen. Doch da saß dem weißen Mann schon eine Klinge an der Kehle.
    »Niyakwai!«, schrie sie. »Te-neh! Te-neh! « Tu ihm nichts!
    »Wohin geht Weißer Wolf?«, fragte Niyakwai an Alexanders Ohr. »Flieht er mit Tsorihia?«
    »Hier ist nicht mein Platz, Niyakwai«, erklärte der Schotte mit heiserer Stimme. »Und ihrer ebenfalls nicht.«
    »Tsorihia ist die Tochter der Clanmutter. Wenn Godasiyo nicht will, kann sie nicht gehen.«
    »Tsorihia möchte dorthin zurückkehren, wo ihre Seele zurückgeblieben ist. Nonyacha ist ihr Bruder. Er wird sie zu ihrer Familie bringen, wo ihr Platz ist. Willst du ihn daran hindern, Niyakwai?«
    Die Klinge wurde heruntergenommen.
    »Und du, Weißer Wolf?«
    Alexander trat von dem Krieger weg und fuhr herum, damit er ihn ansehen konnte.
    »Ich gehe mit ihr.«
    Der Irokese schüttelte den Kopf.
    »Wir sind jetzt deine Brüder … und außerdem nimmst du dein Geheimnis mit.«
    Alexander erstarrte. Sein Kamerad hatte vor dem Rat zu seiner Verteidigung gesprochen und versichert, er wisse nichts, denn der Chippewa habe ihm nicht einmal unter der Folter das Geringste entlocken können. Und nun erzählte er etwas ganz anderes.
    »Bist du mir gefolgt, Niyakwai? Warum? Was wolltest du heute Abend von mir? Glaubst du, ich habe dieses Gold, von dem alle reden?«
    Jetzt spannte sich der Krieger ebenfalls an und zog die Augen zusammen.
    »Der Geist des Großen Wolfes würde nie die Schritte eines Verräters lenken. Wenn der Geist des Großen Weißen Wolfes dich leitet, muss ich seiner Weisheit vertrauen.«
    So blieben sie einen Moment lang Auge in Auge stehen und maßen einander, bis Tsorihia, deren Beine im eisigen Wasser starr wurden, in das Kanu kletterte. Das Wasser plätscherte gegen den Rumpf und erinnerte Alexander daran, dass sie so rasch wie möglich fortmussten. Wenn Niyakwai sie nur fahren ließ …
    »Meinst du denn, dass das Gold des Hollandais’ ausreichen würde, um dein Volk vor den finsteren Plänen eines so mächtigen Reichs wie Großbritannien zu retten, Bruder? Ihr könnt eine ganze Armee massakrieren, es wird eine andere über den großen Salzsee kommen, um sie zu rächen. Wenn ihr die vernichtet, kommt eine weitere. Sei versichert, dass die Engländer durch ihre bloße Übermacht alles bekommen, was sie wollen. Glaube mir, ich weiß, wozu sie fähig sind. Sie werden weder vor eurer Unterdrückung noch vor irgendeiner anderen Abscheulichkeit zurückschrecken, um ihre Ziele zu erreichen. Hier geht es nicht um Kleinkriege zwischen Clans, sondern um die Vernichtung eines Volkes. Hört auf die Stimme der Vernunft. Momentan solltet ihr um einen Frieden verhandeln, bei dem jeder zu seinem Recht kommt.«
    Niyakwai schwieg lange. Dann, nachdem er einen Blick auf das Kanu geworfen hatte, das sanft im Dämmerlicht schaukelte, maß er Alexander mit einem harten, kalten Blick.
    »Die Engländer werden ihr Wort nicht halten.«
    »Es stimmt, ich kann euch nicht versichern, dass sie zu ihrem Versprechen stehen. Aber leider kann ich euch sagen, dass sie hierher gekommen sind, um zu bleiben, und dass alles Gold der Welt nichts daran ändern wird. Genau wie eure Völker sind die Clans aus den Nebelbergen meiner Heimat

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