Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
ein, die wunderbar nach Gewürzen dufteten.
»Oh! Danke, mein Schatz! Das ist aber nett!«
Rasch sprang Isabelle auf, um auf dem Schreibtisch ein wenig Platz zu schaffen. In ihrer Hast stieß sie einen Aktenstapel an, der sich auf den Boden ergoss.
»Ach, heiliger Himmel! Wie ungeschickt ich bin! Tut mir furchtbar leid, Monsieur Guillot. Ich … wartet, ich werde Euch helfen. Du kannst den Teller hierher stellen, Gabriel.«
Der Kleine sah zu, wie seine Mutter zusammen mit dem Notar hinter dem gewaltigen Schreibtisch verschwand, und runzelte die Stirn. Er hatte schon bemerkt, dass der Monsieur seiner Mama besondere Aufmerksamkeit entgegenbrachte. Und er hatte festgestellt, dass seine Mutter in seiner Gegenwart nicht so traurig war. Schon aus diesem Grund war er bereit, sie ein wenig zu teilen, aber… Dieser Monsieur nahm ihm inzwischen ein bisschen zu viel von seiner Mama weg.
Isabelles Kopf tauchte über der Schreibtischplatte auf.
»Du kannst jetzt wieder in die Küche gehen, Gabriel. Lass uns arbeiten.«
»Kann ich nicht noch ein bisschen bleiben?«, fragte Gabriel mit betrübter Stimme.
»Nein, das kannst du nicht. Wir haben noch viel zu tun. Würde es dir Freude machen, wenn ich dir erlaube, meine Schachtel mit den Malstiften zu benutzen?«
»Deine Malstifte?«, rief Gabriel hocherfreut aus. »Du leihst sie mi’ wi’klich aus? Oh ja!«
Der Knabe drehte sich wie ein Kreisel und rannte dann hinaus.
»Sie sind in…«
»Ich weiß, wo sie sind, Mama!«
Schon war Gabriel auf dem Korridor verschwunden. Isabelle starrte noch einen Moment lang auf die Tür und fragte sich, ob sie nicht wirklich Montréal verlassen und nach Beaumont gehen sollte. Ihr Sohn langweilte sich hier. Das Landleben würde ihm bestimmt guttun. Vielleicht würde er dort Freunde finden…
Ein dumpfer Knall und ein Fluch rissen sie aus ihren Überlegungen. Sie wandte den Kopf.
»Oh! Habt Ihr Euch verletzt? Geht es wieder?«
Sie sah den Mann an, der das Gesicht verzogen hatte, und tastete mit den Fingerspitzen seinen Schädel ab. Auf seinem Hinterkopf bildete sich bereits eine kleine Beule, die sie kräftig massierte.
»Besser?«
Genüsslich gab sich Jacques Guillot ihren zarten Händen hin. Er schlug die Augen zu ihr auf und sah sie eindringlich an.
»Ja, der Schmerz vergeht schon …«
Sie konnte nicht umhin zu argwöhnen, welche Gedanken ihm im Kopf herumgingen. Daher zog sie rasch die Hände zurück, worauf er ihr die Fingerspitzen küsste.
»Ich … Was haltet Ihr von einem Zeichenatelier?«, fragte sie unvermittelt.
»Einem Zeichenatelier?«
»Für Gabriel. Ich hatte überlegt, was man mit diesem Raum anstellen könnte, wenn er nicht mehr gebraucht wird.«
»Ein… Atelier? J … ja, das ist eine gute Idee.«
Seine Antwort hatte ein wenig kühl geklungen. Er hatte genau begriffen, dass sie ihm zu verstehen gab, er solle das Zimmer so rasch wie möglich räumen.
»Er besitzt wirklich künstlerische Begabung, und ich finde, ein Atelier würde sie fördern.«
»Natürlich… Wahrscheinlich habe ich Euch lange genug mit meiner Anwesenheit belästigt … Gerade gestern habe ich einen Raum in der Rue Saint-Vincent aufgetan.«
»Es ist nicht so, dass Ihr mir lästig wäret, nur… Bestimmt versteht Ihr, in welcher Lage ich mich befinde. Ihr könntet uns ja gelegentlich besuchen. Die Rue Saint-Vincent liegt doch ganz in der Nähe …«
Verlegen unterbrach sie sich. Jacques Guillot schlang behutsam seinen Arm um ihre Taille.
»Wünscht Ihr das wirklich, Madame? Dass ich Euch besuche ?«
Sie errötete heftig und hatte das Gefühl, in eine Falle gegangen zu sein.
»Natürlich, Ihr seid ein sehr guter Freund.«
»Ein Freund? Nichts weiter als ein Freund?«
Isabelle versuchte sich loszumachen.
»Monsieur Guillot! Ich trage erst seit einem Monat Trauer!«
»Ein Monat, ich weiß. Nicht nötig, mich daran zu erinnern. Oh, Madame! Ihr wisst, welche Gefühle ich für Euch hege! Soll ich wirklich so tun, als wäre nichts, wenn wir allein sind?«
»Ich habe Pierre geliebt und brauche Zeit, mich mit seinem Ableben abzufinden; und ich finde es nicht schicklich, dass Ihr mir so früh den Hof macht.«
Widerwillig ließ er sie los, trat jedoch nicht von ihr weg. Einen Moment lang sahen die beiden einander schweigend an. Dann wandte Isabelle sich ab.
»Vergebt mir, Madame.«
Als der Mann sich aufrichtete, zog ein metallisches Aufblitzen seine Aufmerksamkeit auf sich: Da glänzte ein Schloss aus Messing.
»Was ist denn
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