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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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wiedersehen? Oder auf der Suche nach ihrem Geliebten durch leere Weiten irren? Aber all das war ja nur ein Märchen, ein Mythos …
    Pierre, dessen Atem sie an ihrem Hals spürte, bewegte sich und machte sich aus ihrer Umarmung frei. Das Bett knarrte. Isabelle wagte nicht, ihren Mann anzusehen. Sie fürchtete, in seinen Augen die tiefe Verletzung zu sehen, die sie ihm, ohne es zu wollen, zugefügt hatte. Aber sie konnte ihn auch nicht einfach so gehen lassen. Langsam schlug sie die Augen ganz auf und wandte sich ihm zu. Er saß im grellen Tageslicht auf der Bettkante, drehte ihr den Rücken zu und rührte sich nicht.
    »Pierre …«, brachte sie heraus.
    Eine seiner Schultern bewegte sich leicht.
    »Es tut … mir leid …«, stammelte sie und erstickte ein Schluchzen in der Handfläche.
    Doch was konnten Worte ausrichten? Sie krümmte sich zusammen und überließ sich ihrem Kummer.
    »Es tut mir … leid … so leid …«, flüsterte sie in die Laken hinein.
    Die Tür schlug zu, und sie blieb allein zurück, schrecklich allein.
     
    Einige Tage vergingen in gedrückter Stimmung. Pierre kam nicht zum Essen und schloss sich in seinem Arbeitszimmer ein, wenn er nicht einfach ausging. Isabelle respektierte seinen Wunsch, sich zurückzuziehen. Sie nutzte die einsamen Tage, um ihr Gepäck für die bevorstehende Reise nach Québec vorzubereiten. Die Aussicht auf die Abreise besänftigte ihren Kummer. Die Trennung konnte ihnen nur guttun. Pierre würde Sehnsucht nach ihnen beiden haben, und die Zeit würde ihr Werk tun. Sie sollte in drei Wochen, am Tag nach ihrem Geburtstag, aufbrechen. Bald würde sie fünfundzwanzig sein, und mit einem Mal fühlte sie sich alt.
    Die Verwirrung, die sie auf diesem Ball empfunden hatte, als sie dem Blick der saphirblauen Augen begegnet war, verließ sie nicht mehr. Und damit kehrten die Erinnerungen zurück, die sie nicht wegzuschieben vermochte. Sosehr sie sich auch bemühte, Alexander zu hassen, sie musste es sich eingestehen: Sie liebte ihn immer noch. Jede Erinnerung an seine Küsse brannte noch auf ihrer Haut; jede Erinnerung an seine Liebkosungen ließ ihr Herz erbeben. Zu ihrem… und zu Pierres großem Unglück.
    Doch es war Pierre, den sie geheiratet hatte und mit dem sie ihr Leben teilen musste, bis der Tod sie einst scheiden würde. Die Aussicht auf dieses Leben erschien ihr furchtbar traurig … Wenn sie noch ein Kind bekäme, würden Pierre und sie sich gewiss wieder näherkommen. Aber dazu mussten sie sich erst einmal wieder in einem Bett begegnen.
    In Gedanken versunken saß sie auf dem Schemel vor ihrem Frisiertisch und bürstete sich das Har. Langsam legte sie die Bürste auf der Platte ab und wischte mit dem Handrücken eine Träne weg, die ihr über die Wange lief. Sie musste sich zusammennehmen, wenigstens um des kleinen Gabriel willen, der nicht verstand, warum sein Papa nicht mehr mit ihnen aß.
     
    »Ist Papa … böse auf mich?«
    Nicht auf dich, mein Schatz, nicht auf dich …
    »Natürlich nicht, mein Liebling. Dein Papa hat sehr viel mit all diesen Herren zu tun, für die er Verträge aufsetzt.«
    »Den Männe’n, die Englisch sp’echen?«
    »Sprrrechen, Gabriel.«
    Niedergeschlagen verzog das Kind den Mund.
    »Schon gut. Ich weiß genau, dass du es eines Tages richtig aussprechen wirst.«
     
    Im Haus war es still. Isabelle konnte nicht schlafen und stand auf, um ein wenig zu lesen. Dann dachte sie an Pierre. Sie fand, es sei Zeit, mit ihm zu sprechen, auch wenn sie keine große Lust dazu verspürte. Sie mussten sich aussprechen und einen Kompromiss finden, der wieder so etwas wie ein Gleichgewicht in das Leben ihres Sohns hineinbringen würde. Entschlossen stand sie auf, zog ihren Morgenmantel an und huschte in den dunklen Flur. Sie trat um die knarrende Bodendiele vor der offenen Zimmertür ihres Mannes herum. Der Raum war leer; zweifellos war er noch in seinem Arbeitszimmer.
    Sie zog ihren Morgenmantel um sich zusammen, stieg die Treppe hinunter und schlich auf Zehenspitzen durch den Salon. Das Cembalo, das in der Mitte des Raums stand, schimmerte im schwachen Mondlicht. Sie trat heran und strich darüber. Ihre Finger folgten dem Umriss der Rosen und des Laubwerks, das sie umgab. In ihrem Kopf hörte sie das Instrument. Die Musik war die Gefährtin ihrer Stimmungen gewesen. Es war so lange her, seit sie sich ihrem beruhigenden Einfluss hingegeben hatte.
    Bevor Justine nach Frankreich abgereist war, hatte sie ihr das Cembalo geschickt, das einzige

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