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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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mitzuteilen. Er hatte ihr von seiner Rückkehr nach Schottland erzählt, von dem Elend, das in den Highlands herrschte und das seiner Meinung nach keine Besserung erfahren würde, von seiner Frau Peggy und dem viel zu frühen Tod seines Sohns Duncan … Verbittert hatte er ihr die bestürzende Geschichte der Überfahrt nach Kanada geschildert. Während sie ihm lauschte, hatte Madeleine nach und nach einen warmherzigen Menschen in ihm entdeckt. Gleichzeitig war ihr klar geworden, dass trotz der sprachlichen und räumlichen Grenzen die Menschen überall die gleichen Hoffnungen hegten. Doch eines wühlte sie mehr als alles andere auf: Endlich hatte sie begriffen, warum sie vor acht Jahren in den Straßen von Québec so panisch vor dem Schotten geflohen war.
     
    Die Hammerschläge drangen bis zum Haus, weckten den alten Macdonald jedoch nicht aus seinem Schlummer. Er saß im Schaukelstuhl und hatte den Kopf auf die Brust sinken lassen, die sich langsam und pfeifend hob und senkte. Der arme Mann! Nur der Schlaf befreite ihn von seinem Leid.
    Der alte Herr sprach sehr wenig Französisch, verstand es jedoch recht gut. Schweigend verfolgte er die Unterhaltungen zwischen Madeleine und seinem Sohn. Er bemühte sich, ein paar Brocken zu erlernen, aber wenn er etwas Bestimmtes sagen wollte, zog er seine eigene Sprache vor. Coll übersetzte dann. Oft traf sie die beiden Männer tief ins Gespräch versunken an. Da sie auf Gälisch diskutierten, konnte sie nur am Ton ihrer Stimmen und an dem Namen Alasdair, der häufig vorkam, erraten, worum es ging. Coll hatte ihr erklärt, dass sein Vater die beschwerliche Reise unternommen habe, um seinen Sohn Alexander wiederzusehen.
    Madeleine fühlte sich immer schuldiger. Eines Tages hatte sie ihren ganzen Mut zusammengenommen und den beiden die traurige Wahrheit gesagt. Der Vater war aufgestanden, hatte seinen Stock genommen und war ohne ein Wort hinausgegangen. Wenn sie an diesen Abend zurückdachte, erstickte sie fast vor Scham.
     
    »Er muss trauern. Als meine Mutter starb, war es genauso. Er wird zurückkommen.«
    »Er ist mir böse, weil ich es Euch nicht früher gesagt habe, stimmt’s? Ich weiß, ich hätte es tun sollen, aber … ich habe es einfach nicht fertiggebracht.«
    Coll antwortete nicht gleich.
    »Schon möglich. Wie auch immer, er weiß, dass es auf dasselbe hinausläuft: Er wird Alasdair nie mehr wiedersehen.«
    Er verstummte und ließ ihnen Zeit, ihre Gedanken zu ordnen.
    »Wisst Ihr«, fuhr er dann fort, »letztendlich hätte es meinen Vater umbringen können, wenn er die Nachricht vom Tod meines Bruders an dem Tag bekommen hätte, als ich Euch nach ihm gefragt habe … Jetzt hat er Zeit gehabt, sich ein wenig von der Reise zu erholen, und kann besser damit fertig werden. Vielleicht sollte ich Euch dafür danken, dass Ihr… gewartet habt. Es wäre so einfach gewesen … Ich meine, Ihr habt ja gewusst, was für ein Schlag diese furchtbare Nachricht für mich sein würde, und es wäre ja denkbar gewesen, dass Ihr Euch … schadlos halten wolltet.«
    Verblüfft sah Madeleine zu Coll auf, der sie eindringlich und ohne jede Feindseligkeit ansah.
    »Da Ihr Euch nicht direkt an dem Soldaten rächen konntet, der Euren Mann getötet hat …«
    »Nein! Das ist es nicht …«
    »Tuch! Madam Madeleine , dinna lie to spare my feelings.« Lügt nicht, um meine Gefühle zu schonen … »Eure Lüge würde mich tiefer verletzen als die Wahrheit. Glaubt Ihr, ich hätte nie diesen Durst nach Rache empfunden? Und nie versucht, mein Mütchen am Nächstbesten zu kühlen? Mo chreach! Many times I did! Too many!« Oft habe ich das getan, zu oft …
     
    Die Tage vergingen. Der alte Macdonald blieb schweigsam und öffnete den Mund nur zum Sprechen, wenn es nicht anders ging. Da sie seine Gedanken nicht lesen konnte, setzte sich bei Madeleine der Eindruck fest, dass er ihr immer noch gram war. Allein seine Enkelin konnte ihm ein Lächeln entlocken.
    Anna Morag Macdonald, die am dritten Sonntag nach ihrer Ankunft in Québec getauft worden war, machte alle glücklich. Mit der Hilfe einer Nachbarin lernte Madeleine, sich um den Säugling zu kümmern. Sie gab sich Mühe, das Fläschchen aus Fayence zurechtzumachen, versicherte sich, dass der Sauger aus Stoff gut mit Milch getränkt war und die Flüssigkeit die richtige Temperatur hatte. Sorgfältig wusch sie die Windeln und wickelte das Kind gut. Sie erwies sich als begabte Schülerin, aber Anna war auch ein ganz entzückendes kleines

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