Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
Tochter hinunter. Was sollte er tun? Der Geruch war unzweifelhaft. Aber Madeleine war beschäftigt, und er wagte sie nicht zu unterbrechen. Duncan, der die ganze Szene schweigend verfolgt hatte, begann zu kichern.
»Aye! A mhic, a bheil thu a’faireachdainn ceart gu leòr ?« He, mein Sohn, fühlst du dich gut?
»’ Tis Anna .« Es ist Anna …
»Fhioscam, chuala mi na piòba-móra. Déan do dhicheall .« Ich weiß, ich habe die Dudelsackmusik gehört. Tu dein Bestes …
»Och! Winna do wemen’s work! « Herrje! Ich werde doch keine Frauenarbeit tun …
Madeleine sah die ratlose Miene des Schotten. Niemand brauchte ihr das Gespräch zwischen Vater und Sohn zu übersetzen ; sie erriet, worum es ging, und trat auf ihn zu.
»Gebt sie mir. Ihr könnt die Teller und Bestecke herauslegen, ja?«
Sie nahm ihm seine kleine, stinkende Last ab und verschwand im angrenzenden Zimmer. Als Duncan den verstörten Gesichtsausdruck seines Sohnes sah, lachte er laut.
»So, du tust also keine Frauenarbeit, mein Sohn? Sie hat dich gebeten, das Geschirr herauszulegen. Wirst du dich jetzt hinsetzen und nichts tun?«
Coll warf ihm einen finsteren Blick zu, trat ans Küchenbüffet und öffnete es. Er zählte drei Teller ab und wollte den Schrank schon wieder schließen, als er auf dem obersten Brett das gute Geschirr erblickte. Zögernd betrachtete er die Steingut-Teller, die er in der Hand hielt, und dann die Tischdecke. Schließlich entschied er sich für das Porzellanservice mit dem chinesischen Muster. Aber plötzlich fragte er sich, wie viele Gedecke er auflegen sollte.
»Sie gefällt dir, oder?«
Duncan setzte den Schaukelstuhl wieder in Bewegung, und Holz knarrte.
»Vater …«
»Ich habe dich niemals danach gefragt, Coll. Aber ich hatte immer den Eindruck, dass du diese Frau nie vergessen hast.«
»Herrgott, Vater! Sie könnte uns hören!«
»Wieso, versteht sie inzwischen Gälisch?«
»Nur ein paar Wörter, die ich ihr beigebracht habe, aber … Wenn es nicht um Annas willen wäre, hätten wir nichts zu beißen. Sie hat uns aus reiner christlicher Nächstenliebe gastlich aufgenommen. Das heißt aber nicht… also, schon der Gedanke! Das ist lächerlich!«
»Hmmm …«, meinte Duncan und zog die Augen zusammen, die immer noch so durchdringend wie früher dreinschauten, obwohl seine Sehkraft in den letzten Jahren beträchtlich nachgelassen hatte. »Schön, sie liebt deine Tochter und kümmert sich um sie, als wäre sie ihr eigenes Kind. Aber ich habe sie beobachtet : Sie richtet ihre Frisur und ihre Kleidung, wenn sie abends, kurz bevor du zum Essen kommst, hört, wie sich die Tür des Schuppens schließt.«
»Natürlich, sie ist eine Frau. Sie achtet auf ihr Äußeres, das ist alles.«
»Und dieses Essen, das sie seit dem frühen Morgen zubereitet, sodass mir schon seit Stunden das Wasser im Mund zusammenläuft? Ist das vielleicht für Anna?«
Coll hatte die Schatulle hervorgeholt, in der Madeleine die Bestecke aufbewahrte. Ohne sie wirklich zu sehen, schaute er auf die Messer, die er in der Hand hielt, hinunter. Sein Vater schien sehr viel beobachtet und nachgedacht zu haben. War es möglich, dass er recht hatte?
»Ich habe eine Arbeit gefunden, die mir helfen wird, meine Familie zu unterhalten. So war es abgemacht. In zwei Tagen gehe ich fort. Ihr beide, Anna und du, könnt noch so lange bleiben, bis ich eine Amme und eine Wohnung gefunden habe. Und dann ist Madeleine ihre lästigen Gäste endlich los.«
»Hast du sie denn auch nach ihrer Meinung dazu gefragt? Vielleicht fällst du ihr gar nicht so lästig, wie du glaubst, Coll! Sie lebt allein und kann offenbar nicht alle Arbeiten erledigen, die auf ihrem Besitz anfallen.«
»All die Jahre ist sie anscheinend ganz gut zurechtgekommen. Sie braucht mich nicht.«
»Wirklich?«
»Vater! Was soll ich denn tun?«
»Heirate sie.«
»Wie bitte?!«
Duncan sagte nichts mehr. Coll war wie vor den Kopf geschlagen, und die Messer fielen ihm klappernd auf die Teller. Madeleine tauchte mit der Kleinen auf dem Arm im Türrahmen auf.
»Alles in Ordnung?«
Sie wirkte besorgt, beruhigte sich aber rasch, als sie sah, dass nichts zerbrochen war. Coll musterte sie und nickte langsam, ohne ein Wort. Mit einem Mal wühlte ihn der Anblick dieser Frau, die sein Kind auf dem Arm hatte, auf. Sein Herz begann heftig zu pochen. Und wenn sein Vater tatsächlich recht hatte?
Auf der Tischdecke mit den kostbaren Stickereien, die Madeleine von ihrer Mutter geerbt hatte,
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