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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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nach ihr verlangen. Aber sie wusste, dass sie bis zum Morgen durchschlafen würde. Sie wartete darauf, dass der alte Macdonald zurückkehrte, doch hatte sie das seltsame Gefühl, dass er so bald nicht auftauchen würde.
    Kühn geworden legte Coll seine Hand wieder auf ihre Haut. Verwirrt sah Madeleine in die blauen Augen, die sie anschauten. Schon lange hatte sie keinen Mann mehr so anziehend gefunden. Gerührt sah sie, wie seine Wangen rosig anliefen, und hätte sie plötzlich am liebsten gestreichelt, hätte die Lippen gerne darauf gelegt, um die goldblonden Stoppeln, die sie bedeckten, zu spüren.
    »Wenn Ihr das wollt, Madam Madeleine, werde ich nicht nach Vincennes gehen.«
    Schweigend nickte sie. Ohne dass sie wusste, wie es dazu gekommen war, hatten ihre Hände einander gefunden, und ihre Finger verschlangen sich. Behutsam, langsam zog Coll sie an sich. Er wollte sie nicht verschrecken. Sie standen einander jetzt gegenüber. Er beugte sich zu ihr herunter, und sie senkte den Kopf, um vor dem Mund, der ihre Lippen suchte, zu fliehen. So bot sie ihm ihren Nacken dar. Zart und cremeweiß lag er unter den widerspenstigen Strähnen, die über die Haut fielen. Zärtlich küsste er ihn, strich mit den Lippen darüber. Sie seufzte leise.
    Als sie endlich das Gesicht zu ihm hob, war sie so bleich, dass er fürchtete, sie könne gleich in Ohmmacht fallen. Tränen glänzten in ihren schönen grünen Augen, die ein wenig verwirrt dreinblickten.
    »Verzeihung …«
    Er trat zurück. Doch sie ließ seine Hand nicht los, und ihr Blick verbarg nicht, welcher Sturm in ihrem Inneren tobte.
    »Madam Madeleine …«
    »Alle nennen mich Mado.«
    »Dann werde ich Maddy sagen …«
    Ihr sanftes Lächeln schenkte ihm neuen Mut. Da stieg ein Bild tief aus Colls Erinnerungen auf: Eine Furie, die ihn mit Schlägen überzog, mit Beleidigungen überschüttete und ihm ihren Hass ins Gesicht spie … An einem Winterabend im Jahr 1760 war das gewesen. Hätte ihm damals jemand vorhergesagt, dass er irgendwann diese Frau in den Armen halten würde, hätte er laut gelacht. Als er sich jetzt über das Gesicht beugte, das sich ihm entgegenhob und ein ganz neues Gefühl ausdrückte, fühlte er sich so berauscht, dass es ihm den Atem verschlug. Dieses Mal entzog Madeleine sich ihm nicht, sondern hieß seine Lippen, die sich zärtlich auf ihren Mund legten, mit unsäglichem Genuss willkommen. All ihr alter Kummer flog mit dem Sturm davon, der sie davonriss, alle beide.

17
Versprochen ist versprochen …
    Blätter raschelten, und Isabelle hob den Kopf. Sie wartete ab, ob das Geräusch sich wiederholte. Dann huschte ihr Blick zu der Stelle, von der es, wie sie meinte, gekommen war. Pochenden Herzens schwang sie die Schaufel über den Kopf. Wieder bebte der Busch. Sie wartete. Aber kein Tier huschte heraus. So ging das schon seit Tagen. Sie legte das Werkzeug weg und griff nach dem Jagdgewehr, das sie seit Lavigueurs Besuch immer mit sich trug. Man hatte den Mann nicht wieder in Red River Hill herumstreichen sehen, und auch in der Mission von Deux-Montagnes war er nicht mehr aufgetaucht. Aber Isabelle hielt Augen und Ohren offen. In den Wäldern hatte sie ständig das Gefühl, als beobachte jemand sie auf Schritt und Tritt.
    Noch fünf lange Minuten verstrichen, ohne dass etwas geschah. Sie hörte nur das Gackern der Hühner und Vogelgezwitscher. Schließlich ließ sie die Arme sinken, legte die Waffe vorsichtig zu ihren Füßen ab und nahm stattdessen wieder die Schaufel. Das wurde langsam zur Gewohnheit …
    »Mama! Mama!«
    »Gaby! Gaaaby! Wo steckst du?«
    Wieder erfasste sie die Panik, und sie riss das Gewehr hoch und fuhr herum.
    »Hier, Mama.«
    Gabriel kam aus dem Busch gekrochen, der sich vorhin bewegt hatte. Isabelle hatte den Atem angehalten; jetzt stieß sie erleichtert die Luft aus.
    »Komm her. Was hast du dort gemacht? Du hast mir einen Höllenschrecken eingejagt! Ich hätte auf dich schießen können! Mach so etwas nie wieder! NIE WIEDER!«
    Ihr Sohn verzog zerknirscht die Lippen. Er wagte sich nicht zu rühren und schaute auf das Gewehr.
    »Mama …«
    Isabelle wurde bewusst, dass sie mit der Waffe auf ihren Sohn zielte, und sie ließ die Flinte zu Boden fallen. Dann tat sie einen Schritt auf Gabriel zu und nahm ihn in die Arme.
    »Tut mir leid, mein Gaby. Ich hatte Angst… ein Bär …«
    »Aber Mama, du weißt doch genau, dass Bären sich bei Tag nicht in die Nähe der Hütte wagen!«
    »Ich weiß, sicher! Aber… Trotzdem.

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