Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
ihr würde er sich geschickt anstellen müssen. Die Kleine, die jetzt ein Jahr alt war, fuhr zurück, wenn er sich ihr näherte. Im Moment duldete sie nur Frauen um sich. Doch er hatte bereits erraten, dass sie ein Leckermaul war wie ihre Mutter. Wenn er diese kleine Schwäche ausnutzte, würde er sie schon für sich gewinnen.
Dieser Tag war für ihn so etwas wie eine Wiedergeburt gewesen. Sicher, er hatte im Leben schon mehr Widrigkeiten als alles andere erlebt und wusste, dass auch in Zukunft Probleme auf sie warten würden. Aber im Moment besaß er das, worauf es ankam: die Liebe seiner Familie.
Er ließ den Blick durch das fast dunkle Zimmer schweifen, das von einem angenehmen Duft erfüllt war, den Ausdünstungen des Glücks und der fleischlichen Liebe. Isabelles warmer Körper bewegte sich in seinen Armen. Er passte perfekt hinein. Sie hatten sich leidenschaftlich geliebt; und dann, als ihr dringendes Bedürfnis, einander in Besitz zu nehmen, gestillt war, hatten sie die Lust ihrer Umarmungen mit in eine Unterhaltung genommen, in der ihre Seelen miteinander gesprochen hatten.
Ein Gefühl von Erfüllung ließ ihn glücklich lächeln. Ja, es gab doch einen Stern, der an diesem geheimnisvollen Firmament für ihn leuchtete. Kein Zweifel, seine Großmutter Caitlin wachte über ihn, wie seit jeher. Jetzt begriff er, dass sie seine Schritte in die Herberge zum Blauen Hund gelenkt hatte.
Isabelle bewegte sich wieder. Er legte den Arm fest um ihre Taille, und sein Herz schwoll vor Zufriedenheit und Stolz. Doch er war auch besorgt, denn er würde seinem Vater gegenübertreten müssen. Als sie am Abend endlich allein gewesen waren, hatte Isabelle ihm erklärt, Duncan und Coll seien in Kanada. Sie seien Ende letzten Sommers in Québec angelandet. »Dein Bruder hat … nun ja, dein Bruder und meine Cousine sind verheiratet.« Coll und Madeleine? Er war so verblüfft und froh gewesen, dass er zunächst gar nicht gewagt hatte, daran zu glauben. Stattdessen hatte er gelacht. »Es ist sein Kind, mit dem sie schwanger ist?« Dann hatte sie ihm von Colls und Peggys trauriger Reise erzählt.
»A Thigheanra mhór …«, hauchte Alexander überglücklich. »Hmmm …«, stieß Isabelle träge hervor und zappelte unter seinem Arm. »Willst du die ganze Nacht reden und dann den morgigen Tag verschlafen? Wenn du schnarchst, bist du weniger laut.«
»Tut mir leid«, flüsterte er und küsste sie auf den Scheitel, »ich wollte dich nicht wecken. Schlaf weiter, a ghràidh . Es ist noch früh.«
»Weiterschlafen? Bald geht die Sonne auf …«
Sie lachte leise, reckte sich und drehte sich so, dass sie einander ins Gesicht sahen. Mit einem koketten Lächeln sah sie ihm tief in die Augen.
»Vielleicht habe ich ja gar keine Lust, noch zu schlafen?«
Sie schlang die Arme um seine Schultern und schmiegte sich an ihn.
»Ich habe den Eindruck zu träumen, Alex. Das ist zu wunderbar, um wahr zu sein. Beweise mir, dass ich nicht träume.«
»A leannan …«
Stöhnend bewegte Alexander sein Bein. Sofort rückte Isabelle ein wenig von ihm ab.
»Oh! Tut mir leid, Alex. Ich hatte nicht mehr daran gedacht.«
»Es geht schon.«
»Hast du immer solche Schmerzen?«
»An manchen Tagen schon. Ich bin in letzter Zeit viel gelaufen.«
»Hmmm … Aber das ist vorbei. Von jetzt an bleibst du hier.«
»Ja …«
Er seufzte bei dem Gedanken, dass er heute beinahe auf der Suzanna erwacht wäre. Es hatte nur wenig gefehlt, so wenig…
Ohne auf den Schmerz in seinem Bein zu achten, zog er Isabelle auf sich und fuhr mit den Händen in die goldblonden Locken, die sich auf seiner Brust ausbreiteten.
»A Thighearna mhór! Iseabail, ’tis no dream …« Großer Gott! Das ist kein Traum, Isabelle …
Isabelle richtete sich auf, sodass sie rittlings auf ihm saß. Ein blasser Lichtstrahl, der durch das Fenster fiel, hüllte sie in eine schillernde Aureole. Ihr halb offenes Nachthemd ließ den Ansatz samtweicher Brüste erkennen. Lange sah er sie an. Er konnte es noch immer kaum glauben, dass er wirklich mit der Frau verheiratet war, die da auf ihm saß. Unsicher betastete er ihre rundlichen Schenkel und spürte, wie sie erschauerten und sich an seinen Flanken spannten.
»Och, no! ’Tis no dream … Und wenn ich denke, dass ich um Haaresbreite auf das Schiff gegangen wäre …«
»Pssst!«, machte Isabelle und beugte sich über ihn. »Die Suzanna ist in diesem Moment schon weit fort und hat einen Passagier weniger an Bord. Und das ist
Weitere Kostenlose Bücher