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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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vor Feuchtigkeit geschützt waren. Diese Pakete enthielten Waren, die sie unterwegs gegen Nahrungsmittel eintauschen würden. Die Reise sollte fünf Wochen dauern, in denen täglich zwölf bis vierzehn Stunden gerudert würde.
    Eine bunt zusammengewürfelte Menge hatte sich eingefunden, um dem alljährlichen Abschiedszeremoniell beizuwohnen. Ehefrauen, Schwestern, Geliebte, Kinder und Freunde der Männer nahmen an dem Picknick teil, das der Pelzhändler ausgerichtet hatte. Sie drängten sich am Ufer und bestaunten, umarmten und segneten die Reisenden. Van der Meer verschlang ein Stück Räucherlachs, spülte mit Bordeaux nach und wies mit dem Finger auf ein zu locker geschnürtes Haltetau oder einen schlecht verstauten Ballen. Sofort sorgten die Männer für Abhilfe. Sie hatten schon kurz vor Sonnenaufgang mit dem Beladen begonnen, das eine langwierige, mühsame Arbeit war.
    Wie in einem Traum befangen stand Alexander neben dem Boot, in dem er reisen würde, und betrachtete das Schauspiel. Das Stimmengewirr dröhnte in seinen Ohren. Der Geruch des gebratenen Fleisches, mit dem sich die zum Fest gekommenen Honoratioren vollstopften, stieg ihm in die Nase und ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Munro, der bereits auf einer der schmalen Ruderbänke saß, lächelte.
    »In die Boote!«, rief jemand.
    »Der große Tag ist da!«, krähte Munro und ergriff sein Paddel aus rotem Zedernholz, das er mit fröhlichen, lebhaften Farben bemalt hatte.
    »Ja …«, brummte Alexander, riss sich aus seinen Gedanken und setzte vorsichtig den Fuß in das Boot, dessen Dollbord nur sechs Zoll über der Wasseroberfläche lag.
    Der Steuermann stellte sich ans Heck und legte die schwielige Hand fest um das Ruder. Er trug den Beinamen la Grenouille, der Frosch, und als Alexander seine hervorquellenden Augen gesehen hatte, hatte er gewusst, warum. Am Bug saß bereits der Führer, der einen blauen, mit bunt gefärbten Gänsefedern geschmückten Kapuzenmantel trug. Sébastien Lemieux war ein recht schweigsamer Mann, der niemals von sich aus an Gesprächen teilnahm, aber in der Lage war, drei verschiedene Geschichten zugleich anzuhören.
    Außer Alexander und Munro nahmen noch sechs weitere Ruderer in dem großen Kanu Platz. Diese Art Boot nannte man »Montréaler Kanu«. Alle waren fröhlich gestimmt. Mit dem Paddel in der Hand warteten sie darauf, dass der Eigner das Signal für den Aufbruch gab. Jacob Solomon nahm vor Alexander Platz, den er im Vorbeigehen grüßte. Der Schotte antwortete mit einem Lächeln.
    »Ready? «, fragte Solomon, an die ganze Mannschaft gerichtet.
    »Herrje, schon wieder ein Bostoner!«, stöhnte ein Ruderer hinter Alexander. »Schaffen es ja nicht mal, Französisch zu lernen, meine Güte!«
    Mathurin Joly hielt mit seiner Abneigung gegen die englischsprechenden Gesellschaftseigner nicht hinter dem Berg und hatte sich ohne Unterlass über die neue Partnerschaft des Hollandais’ mit dem Amerikaner beschwert. Solomon, der seit seiner Ankunft in Montréal ein paar Worte Französisch gelernt hatte, drehte sich um und grinste ihn breit an.
    »Ich bin kein Bostoner, sondern New Yorker, mein Freund.«
    »Die Leute aus Nouvelle York und die Bostoner, das ist doch alles eins«, murrte der andere in seinen Bart.
    Der immer heitere Munro zwinkerte Alexander zu. Ihre Ruder spiegelten sich im eisigen Wasser des Saint-Louis-Sees. Genau wie die anderen beugten sie die Rücken und hielten sich, den Blick auf den Führer gerichtet, der die Arme gehoben hatte, bereit. Die Kanus hatten sich einige Fuß vom Ufer entfernt gruppiert und den Bug nach Nordwest ausgerichtet. Es war Dienstag, der 1. Mai. Umgeben von Nebelsäulen warteten in der kühlen Luft alle gespannt auf das Zeichen. Alexander schloss die Augen und hörte nichts außer dem Wasser, das sanft gegen die Birkenrinde des Rumpfes plätscherte. Fast hätte er glauben können, allein zu sein.
    »Vorwärts!«, brüllte schließlich der Führer mit lauter Stimme.
    In einem Ballett leuchtender Farben tauchten die Voyageurs 10 ihre Paddel vollkommen gleichzeitig ins Wasser. Freudengeschrei brandete auf, vom Land her und auch in den Kanus, die die glatte Oberfläche des Sees durchschnitten. Alexander hielt mit dem Takt von etwa fünfundvierzig Ruderschlägen pro Minute mit. Ihm war, als hätte er diesen Moment schon einmal erlebt, schon zuvor dieses Gefühl von Zerrissenheit gespürt, das sich in Aufregung verwandelte, je weiter sie sich vom Land entfernten. Den Blick auf die

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