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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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unendlichen Wälder an den Ufern gerichtet, erinnerte er sich daran, wie die irische Küste zwischen Himmel und Meer verschwunden war, während die Martello durch die grauen Wogen pflügte. Dann dachte er an Glencoe, sein majestätisches Tal, und sah seine unendlich vielen abgestuften Grüntöne vor sich … dann das Grün von Isabelles Augen, das er nie wiedersehen würde. All das lag jetzt hinter ihm und gehörte nur noch ins Reich der Erinnerung … Er legte noch mehr Kraft in seine Ruderschläge und atmete tief durch. Dann richtete er den Blick in die Ferne, auf das Unbekannte und die Zukunft.
    Die Sonne begleitete sie. Über dem Wasser erhoben sich die Stimmen der Männer, die Lieder anstimmten. Vielleicht würden sie bis zu den wenigen Bewohnern dringen, die sie ab und zu am Ufer erblickten und die ihnen mit der Hand oder mit dem Hut zuwinkten. Zwischen zwei Pausen von wenigen Minuten, in denen sie sich ausruhten oder eine Pfeife rauchten, sah Alexander einige Häuser vorbeiziehen, von denen Rauchsäulen aufstiegen. Nachdem sie einen Blick auf den Kirchturm von La Présentation 11 erhascht hatten, durchquerten sie die Große Bucht. Der Kirchturm von Pointe-Claire erhob sich hoch und gerade wie ein Pfeil in den Himmel, und die Flügel der Windmühle begrüßten sie knarrend. Sie passierten die Saint-Geneviève-Insel und erreichten schließlich, etwa fünfzehn Meilen weiter, die ersten Stromschnellen auf ihrer Reise, die von Sainte-Anne. Dort würden sie die Nacht verbringen.
    Nachdem Alexander seine Ballen ans Ufer geschleppt hatte, ließ er sich völlig erschöpft in den Sand fallen. Er spürte seine Arme nicht mehr und hatte schmerzhafte Krämpfe in den Beinen, die viele Stunden auf engem Raum eingezwängt gewesen waren. Sein Rücken machte ihm den Eindruck, als wäre eine Herde Kühe darüber getrampelt. Während er eine Stellung suchte, die ihm nicht allzu viele Schmerzen bereitete, beobachtete er zerstreut zwei Männer, die mit nacktem Oberkörper im See standen und sich fröhlich mit Wasser bespritzten. Nicht weit von ihnen füllte der junge Chabot einen Eimer. Der älteste von ihnen, der auf den Namen Dumais hörte, war von ziemlich beeindruckender Gestalt. Er war ebenso breit wie lang und trug Tätowierungen zur Schau, die dunkle Tiergestalten zeigten und durch seine dichte Brustbehaarung hindurchschienen. Lachend spritzte er den kleinen Burschen nass, der fluchend protestierte und hochfuhr. Chabot war kaum achtzehn Jahre alt, und obwohl er von kräftigem Körperbau war, ahnte Alexander plötzlich, dass seine Jugend und seine naive Kühnheit ihn zum Prügelknaben der Gruppe gemacht hatten.
    »Elender fauler Hund!«, knurrte der kleine Bursche.
    »Wie bitte?«, gab der Behaarte zurück. »Sag das noch einmal, und du spuckst deine Zähne aus!«
    »Ich sagte … Au, au! Ich kann nicht schwimmen, du dreckiger …«
    Der Rest seiner Proteste ging in einem Blubbern unter, das Alexander zum Lächeln brachte. Dumais hatte Chabot an einem Arm gepackt und dann seinen Kopf unter die Achsel geklemmt und sich mit ihm ins Wasser geworfen. Alexander spürte, dass jemand neben ihm stand, und drehte sich um. Ein kleiner, untersetzter Rothaariger, in dessen Gesicht an Stelle der Nase ein ungewöhnlicher Metallschnabel saß und der einen runden, zerbeulten Filzhut trug, lächelte ihm zu. Er trug eine Flasche in der Hand, die seine »Régale« 12 enthielt, und nahm einen kräftigen Schluck davon. Alexander erkannte den Mann, den man ihm als Hébert Chamard bezeichnet hatte. Er trug den Beinamen »le Revenant«, also der »Wiedergänger«.
    »Mit Dumais sollte man sich nicht anlegen!«, warnte ihn der Rothaarige lachend. »Hast du seine Schulter gesehen?«
    Alexander hatte allerdings bemerkt, dass auf einer von Dumais’ Schultern ein Bild prangte, das sich von den anderen unterschied und vage an eine französische Lilie erinnerte.
    »Hmmm.«
    »An seinem fünfzehnten Geburtstag ist er gebrandmarkt worden, weil er Papiergeld gefälscht hatte. Er rühmt sich, im Gefängnis großgeworden zu sein, und ist ein äußerst rauer Bursche. Am besten ist man bei ihm sehr vorsichtig und sagt vor allem nichts Dummes.«
    »Ich werde es versuchen.«
    Rot vor Zorn und triefend kam Chabot schimpfend aus dem Wasser. Er nahm seinen Eimer und entfernte sich unter dem Gelächter der Zuschauer.
    »Da hat der kleine Bursche also seine Taufe bekommen. Alle Neuen müssen da durch, auf die eine oder andere Weise«, erklärte le Revenant mit

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