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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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wissender Miene. Er legte eine Pause ein und schaute träumerischen Blickes über den See hinaus.
    »Und dann fahren wir wirklich los. Das heute war ja eher ein kleiner Spaziergang. Heute Abend genießen wir die gute Küche von Jo-mé und lassen uns dann in der Kapelle segnen. Das wird dir bestimmt gefallen«, meinte er mit einem leisen Lächeln.
    »Jo-mé?«
    »Joseph-Aimé Baby, unser oberster Koch! Wir nennen ihn Jo-mé, das ist kürzer. Hier hat jeder seinen Spitznamen. Ich bin ›le Revenant‹. Du … ›le Sauvage‹, der ›Wilde‹ würde gut zu dir passen, aber ›le Géant‹, der ›Riese‹ wäre auch nicht übel. Für einen Voyageur bist du ein wenig zu groß. Mit Stelzen, wie du sie hast, hat man im Kanu nicht besonders viel Platz. Aber wenn der Hollandais dich eingestellt hat, wird er wohl seine Gründe gehabt haben. Du siehst ziemlich zäh aus. Wahrscheinlich wirst du die Reise sogar überleben!«
    »Hmmmpf …«
    Alexander war in der Tat schon aufgefallen, dass die meisten Männer eher klein gewachsen waren und ihm der größte von ihnen nur bis ans Ohr reichte. Bei ihm stießen die Knie ständig an die Ruderbank vor ihm, sodass es ihm schwerfiel, sich zu bewegen. Munro, der kleiner als er war, hatte es leichter. Aber schließlich war erst ein Tag vorüber, und eintausendneunhundertvierundneunzig Tage lagen noch vor ihm… Da hatte er genug Zeit, sich daran zu gewöhnen. Er seufzte.
    »Um ganz offen zu sein, mein Freund«, fuhr le Revenant fort, »Neue, die Däumchen drehen, halten sich bei uns nicht lange, wenn du verstehst, was ich meine! Und du darfst auf keinen Fall einen Kameraden einen ›faulen Hund‹ nennen; für einen Voyageur gibt es keine schlimmere Beleidigung.«
    Er grüßte Alexander mit einem Lächeln und ging zu den anderen, die ihre Mokassins am Feuer trocknen ließen. Der berühmte Jo-mé machte sich an einem großen, dampfenden Kessel zu schaffen. Daniel Chabot ging ihm zur Hand. Er hatte sein Hemd ausgezogen, das an einem Haken über dem brodelnden Mahl hing. Alexander fiel auf, dass seine eigenen Rehleder-Mokassins ebenfalls durchnässt waren, und er zog sie aus. Er nahm auch die »mitasses« aus Baumwolle ab, eine Art Beinlinge, die er anstelle von Strümpfen trug. Zufrieden brummend wackelte er mit den Zehen und bohrte sie in den Sand. Er fühlte sich so schlaff wie ein mit Haferbrei gefüllter Schlauch! Verglichen mit dieser Reise waren die Feldzüge, die er miterlebt hatte, Spaziergänge gewesen. Er rieb sich die Schultern und ließ seinen Blick zwischen den Voyageurs umherschweifen. Die Boote, aus denen man die schweren Ballen entladen hatte, lagen umgekehrt am Ufer. Darüber waren große Bahnen Wachstuch gespannt, unter denen geschlafen wurde.
    Ein Stück weiter unterhielt sich Munro wild gestikulierend mit Mathurin Joly, der ihm die Methoden zur Reparatur der Kanus erklärte. Obwohl sein Cousin nicht perfekt Französisch sprach, schlug er sich durch und schaffte es immer, sich mit denjenigen, die kein Englisch sprachen, zu verständigen. Außerdem trugen ihm sein Humor und seine gute Laune stets rasch die Sympathie der anderen ein. Er langweilte sich nie.
    Unter einer Plane, die an den Ästen eines Baums befestigt war, diskutierte van der Meer mit Solomon. Er beugte sich über etwas, das auf dem Boden ausgebreitet lag, wahrscheinlich Karten. Alexander nahm einen Schluck von seiner Rumration und schaute über den Deux-Montagnes-See hinaus, der sich in Richtung Westen erstreckte.
    Er zog die Augen zusammen und suchte nach der Mündung des Großen Flusses, den manche auch Ottawa oder Outaouais-Fluss nannten. Es hieß, dieser stellenweise gefährliche Wasserlauf sei auch ebenso majestätisch. Für jeden Voyageur war er das Eintrittsportal in die Freiheit der nördlichen Territorien. Die Holzkreuze an den Ufern erinnerten diejenigen, die sich auf diesen Weg wagten, daran, wie vergänglich das Leben war. Bei den Trinkgelagen in den Tagen, bevor sie auf die große Reise aufgebrochen waren, hatte Alexander Geschichten über Schiffbrüche in den Stromschnellen gehört: Die Männer waren mit gewaltiger Wucht gegen Felsen geschleudert worden, wenn sie das schäumende Wasser nicht einfach verschlungen hatte.
    Man erzählte den neuen Männern viele derartige Geschichten, um die abzuschrecken, die nur Reichtum suchten und nicht für das Abenteuer geschaffen waren. Alexander hatte sich nicht beeindrucken lassen; er hatte die große Herausforderung, die diese Reise darstellte, eher

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