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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Lachine gekommen waren, um der Gruppe Glück zu wünschen.
    »Die gute Sally … Sie ist der Stern, der mich mein ganzes Leben lang geführt hat. Sie hat mir niemals Kinder geschenkt, und ich weiß, dass ihr das großen Schmerz bereitet. Oft sage ich mir, wenn Gott so entschieden hat, wird er wohl seine Gründe haben. Ohnehin hätte ich sie nicht heranwachsen sehen, da ich stets so lange fort bin. Habt Ihr selbst Frau und Kinder?«
    Interessiert musterte der Händler Alexander, der sich abwandte, um seine Bestürzung zu verbergen.
    »Nein.«
    »Hmmm … Wenn ein Mann keine Frau hat, liegt es daran, dass es zu viele davon um uns herum gibt.«
    Kurz verstummte er und sprach dann weiter.
    »Sally ist Irokesin, genauer gesagt eine Mohawk. Ich habe sie bei einer Expedition kennengelernt, die auf die andere Seite des Lac des Deux-Montagnes ging«, erklärte er und wies mit einer Bewegung seines von einem dichten weißen Bart bedeckten Kinns über die Wasseroberfläche. »Damals war sie erst dreizehn Jahre alt, und ich war neunzehn. Sie war noch ein Kind, aber sie besaß bereits eine geheimnisvolle Schönheit. Vor allem ihre schönen schwarzen Augen zogen mich unwiderstehlich an. Ich befand mich auf meiner ersten Reise zum süßen Meer 15 . Das war … 1723, wenn ich mich recht erinnere. Damals trug ich noch den Namen meiner Ziehmutter, Dupuis.«
    Neugierig geworden, warf Alexander dem Hollandais einen erstaunten Blick zu. Der lächelte.
    »Allerdings, ich bin ein angenommenes Kind … besser gesagt, ein gestohlenes.«
    »Gestohlen?«
    »Ich bin in Massachusetts geboren. Im spanischen Erbfolgekrieg haben die Franzosen die Dörfer in Neuengland verwüstet. Das war lange vor dem Vertrag von Paris, und auf dem Kontinent wurde ständig gekämpft. Die Amerikaner schielen begierig auf unsere Jagdgebiete, und der ständige Zustrom neuer Siedler verschiebt die Grenzen weiter nach Westen. Die Gefahren sind nicht unbedingt die gleichen wie in Europa. Die Amerikaner, die zwischen Louisiana und dem Atlantik eingesperrt waren, wollten einige Morgen unseres Landes, besonders im Ohio-Tal, an sich bringen. Aber die Franzosen haben sich erbittert verteidigt und einige Strafexpeditionen aufgestellt, um zu zeigen, dass man mit ihnen so nicht umspringen konnte. Wenn auf dem europäischen Kontinent ein Krieg ausbricht, weckt das hier alten Groll. Das war 1709. Natürlich war ich da noch sehr jung und erinnere mich nicht mehr genau an das, was geschehen ist. Aber die Bilder stehen mir noch oft vor Augen. Mein Vater ist von einem Schlag mit dem Tomahawk getötet worden, der ihn mitten in die Brust traf. Er hatte sich vor meine Mutter, meine Schwestern, meinen kleinen Bruder, der noch ein Säugling war, und mich selbst gestellt, und auf der anderen Seite standen drei Indianer und ein Franzose, die in unser Haus eingedrungen waren. Es war Winter, und draußen tobte ein Sturm. Durch die Tür, die offen geblieben war, drangen Schnee und Kälte ein. Ich weiß noch, dass ich mir das Umschlagtuch einer meiner Schwestern um die Füße gewickelt hatte… Ich hatte drei: Rebecca, Catherine und Joana.«
    Der Pelzhändler runzelte nachdenklich die Stirn. Alexander spürte, dass er plötzlich sehr aufgewühlt war.
    »Eigenartig, ich kann mich nicht mehr an den Vornamen meiner Mutter erinnern … Ich habe sie Mommy genannt, so wie meine Geschwister. Mein Vater war tot, und uns hat man zusammen mit den überlebenden Dorfbewohnern – größtenteils Frauen und Kinder, da die meisten Männer umgebracht worden waren – mit Gewalt weggeführt. Tage und Tage sind wir durch die verschneiten Berge gewandert. Wir waren halb erfroren und litten Hunger. Wer zu schwach zum Weitergehen war und die Gruppe aufhielt, wurde auf der Stelle erschlagen. Entsetzlich war das, mein Freund, entsetzlich! Ich sehe noch vor mir, wie ein Indianer – ein Abenaqui, glaube ich – meine Schwester Rebecca, die nicht aufhörte, über ihre kalten Füße zu klagen, hinter ein Gebüsch zerrte … Ein paar Minuten später kehrte der Mann zu uns zurück, allein. Das sind die Bilder, die ich aus meiner frühesten Kindheit bewahre … Ich sehe das entsetzte Gesicht meiner Mutter, die angstvollen Augen meiner anderen Schwestern, und dann die starre Leiche meines Bruders Karel auf den Armen meiner Mutter. Am Ende dieser erbarmungslosen Reise erreichten wir ein Indianerdorf am Saint-François-Fluss, ein paar Meilen südlich von Trois-Rivières. Ich bin von einer Eingeborenenfamilie

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