Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
zufrieden, weil Alexander sich persönlich betroffen fühlte.
»Habt Ihr in Culloden gekämpft, Alexander? Wenn nicht, dann habt Ihr wenigstens zugesehen, wie Eure Leute sich geschlagen haben. Was ist geschehen? Was ist dabei herausgekommen ? Man hat Euch zerschmettert, nicht wahr? Mäuse greifen keine Elefanten an. Wenn sie klug sind, huschen sie zwischen ihren Beinen hindurch. Gegen die gut organisierten und ausgerüsteten Truppen der Briten hattet Ihr keine Chance. Nicht mehr als die Indianer. Ihr hättet warten sollen, bis Ihr besser bewaffnet wart. Ansonsten warten die Folgen, die Ihr kennt… Repressalien und Unterdrückung, die Euch nur noch mehr schwächen.«
Ein Bild stieg vor Alexander auf: die verdrehten und rauchenden Körper von Highlandern in den verkohlten Ruinen einer Kirche. Der junge Mann blinzelte, um es zu vertreiben.
»Ihr habt die Folgen gesehen und erlebt, mein Freund …«
»Ja.«
»Dann versteht Ihr, was ich Euch zu erklären versuche?«
»Ich glaube schon«, antwortete Alexander aufgewühlt. »Aber ich sehe noch nicht, wie ich Euch helfen könnte, Monsieur.«
»Ihr werdet es bald erfahren, wenn Ihr wirklich etwas tun wollt … für mich und diese Menschen, die genau wie Ihr von der Gesellschaft in Acht und Bann getan werden.«
»Aber… hier ist die Lage doch eine ganz andere. Wir haben einen Thron gefordert, und …«
»Und sie fordern ihr Land. Das weiß ich«, gestand van der Meer und sah dem Schotten unumwunden in die Augen. »Aber in vielerlei Hinsicht ähnelt sich Euer Kampf. In beiden Fällen geht es um die Wahrung der Identität, stimmt’s? Und?«
»Ich weiß nicht, Monsieur … Ich kann Euch nicht meine Unterstützung zusagen, ohne zu wissen, wozu genau ich mich verpflichte.«
»Nein, natürlich nicht.«
Der alte Pelzhändler schwieg einen Moment lang.
»Ich bin der Hüter einer Truhe voller Gold«, erklärte er schließlich.
Alexander blinzelte und sperrte den Mund auf. Der Hollandais sah ihn durchdringend an und studierte seine Reaktion, als wäre er ein Tier, das sein Leben bedrohte.
»Es gibt da eine Gruppe von Händlern, die die Handelsgebiete erweitern wollen. Das Gold stellt den Gewinn aus Pelzen dar, die sie auf dem europäischen Markt verkauft haben. Es soll dazu dienen, Waffen für die Rebellen zu erwerben. Die Spanier, die einen Teil von Louisiana besetzt halten, können uns Waffen beschaffen.«
»Ich dachte, die Spanier wären in diesem Konflikt neutral …«
»Wer kann schon in einer Lage, von der er weiß, dass er Gewinn daraus schlagen kann, vollständig neutral bleiben? Und außerdem lässt Gold die Waage stets auf die Seite desjenigen ausschlagen, der es besitzt. Ich … ich möchte dieses Gold nicht mehr an die Händler zurückgeben, die mich beauftragt haben, es zu befördern, Alexander, denn ich stimme nicht mehr mit ihren Plänen überein. Aber ich glaube nicht, dass ich sie überzeugen kann, sich nur ihre Anfangsinvestition zurückzuholen und von dem Gewinn Medizin und Nahrung für die Völker zu kaufen, die durch die Auseinandersetzungen gelitten haben. Sie werden niemals bereit sein, die Liga aufzulösen, sondern sehen nur ihre eigenen Interessen und Ziele. Versteht Ihr, das Wohl der eingeborenen Völker steht nicht im Mittelpunkt dieser Vereinigung. Die Summe beträgt im Übrigen fast zehntausend Pfund in Louis d’Ors, spanischen Piastern und anderen Währungen …«
Unwillkürlich stieß Alexander einen Pfiff aus, und sein Herz begann schneller zu schlagen. Zehntausend Pfund! Mit einem solchen Vermögen könnte man … Der Hollandais schien seine Gedanken zu erraten und lachte spöttisch.
»Das ist viel Geld, nicht wahr? Mehr als ein Mann, der nichts als das Leben hat, jemals zu besitzen hoffen kann.«
Alexander wandte sich ab.
»Wohl wahr«, gestand er beschämt.
»Jetzt wisst Ihr Bescheid, mein Freund. Und?«
»Ich sehe da ein Problem, Monsieur. Mein Bruder… Er arbeitet für Durand.«
»Ja, darüber habe ich auch schon nachgedacht. Aber Eure Zusage würde Euch mir nur bis zum Herbst verpflichten. Sobald ich wieder in Montréal bin, seid Ihr frei, denn dann kann ich mich selbst um die Angelegenheit kümmern. Die Aussichten, bis dahin Eurem Bruder zu begegnen, sind … ziemlich gering. Durand treibt seinen Handel vom Posten Michillimackinac aus, der Hunderte von Meilen entfernt liegt.«
Alexander zögerte noch. Wenn er van der Meer sein Wort gab, brachte er sich in eine schwierige Lage. Natürlich nur vorübergehend,
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