Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
drohend auf seine Brust.
»Ihr habt meine Tochter vergewaltigt und getötet!«
Alexander begriff, dass es nichts nützen würde, wenn er versuchte, sich zu verteidigen, und schwieg lieber. Étienne war blind vor Rachedurst und würde auf nichts hören, was er ihm sagen konnte. Er musste sehr vorsichtig sein.
Die Stahlspitze ritzte Alexanders Haut. Étienne zog die Augen zusammen und lächelte zuckersüß. Er nahm das silberne Kreuz, das am Hals des Schotten hing, und betrachtete es eingehend.
»Donnerwetter! Ist das etwa das Taufkreuz meiner Schwester? He, sag es mir, ist das Isabelles Kreuz?«
Alexander atmete schwer und schwieg zur Antwort nur. Étienne starrte ihn böse grinsend an und versuchte sich sichtlich zu beherrschen, um ihm nicht auf der Stelle sein Messer in den Leib zu stoßen.
»Und, war es nett, es mit meinem Schwesterchen zu treiben, l’Écossais? Ihr macht es doch gern, oder? Tja, heute treibt es ein anderer mit ihr! Was haltet Ihr davon?«
Alexander vermochte ein Zucken nicht zu unterdrücken und las die Befriedigung auf Étiennes Zügen. Aber der Mann war nervös. Er spielte mit dem Kreuz, das er zwischen den Fingern hielt, und riss es schließlich mit einem kurzen Ruck ab.
»Sie wird sich sicher freuen, es zurückzubekommen.«
Mit einer abrupten Bewegung steckte er das Schmuckstück in die Tasche, trat auf den Händler zu und packte ihn am Kragen.
»Jetzt zu Euch! Ihr wisst, was ich von Euch will, Hollandais! Ihr habt etwas gestohlen, was uns gehört!«
»Ich habe eine Vereinbarung mit den anderen getroffen …«
»Nun, offensichtlich gilt die nicht mehr! Sie wollen das Gold, das Ihr versteckt habt, also müsst Ihr es herausgeben!«
»Ihr werdet es nicht bekommen, Lacroix. Das kann ich Euch schwören!«
»Tsakuki!«
Der Indianer, den er gerufen hatte, trat auf den armen Barisson zu, der immer noch, vor Entsetzen gelähmt, am Boden lag. Er packte brutal in sein Haar, um seinen Kopf nach hinten zu reißen, und Barisson schrie ängstlich auf. Dann schnitt er ihm mit einer raschen Bewegung die Kehle durch. Mit einem grauenhaften Gurgeln schoss das Blut hervor. Wütend versuchte sich Dumais loszumachen, um sich auf Tsakuki zu stürzen. Aber ein anderer Indianer warf ihn rasch zu Boden und hielt ihn mit seinem Gewicht nieder. Der Hollandais stieß einen erstickten Schrei aus, fiel auf die Knie und schlug die Hände vors Gesicht.
»Ich werde Euer Gold bekommen! Wenn Ihr mir nicht sagt, wo es versteckt wird, dann eben Macdonald!«
»Er weiß nichts! Niemand weiß davon!«
»Wemikwanit glaubt da etwas anderes. Er sagt, Ihr hättet dem Schotten Euer Geheimnis anvertraut.«
Alexanders Hände wurden feucht. Er warf Wemikwanit einen wütenden Blick zu, doch der starrte ihn nur ausdruckslos an.
»Ich … ich habe ihm alles über das Gold erzählt, das stimmt«, gab van der Meer zu und wandte sich mit strenger Miene zu Alexander um. Er musste ihn preisgeben, wollte ihm aber gleichzeitig zu verstehen geben, dass er schweigen solle. »Es ist wahr, ich habe ihm sogar einen Plan von der Stelle gegeben, wo es sich befindet. Und der Schwachkopf ist gleich dorthin gerannt, kaum dass es Nacht geworden war! Natürlich hat er nichts gefunden. Ihr glaubt doch nicht, dass ich so treuherzig war, ihm zu sagen, wo das Gold wirklich versteckt ist?! Er hätte mir seinen Dolch zwischen die Rippen gestoßen und wäre damit geflüchtet! So dumm bin ich nun auch wieder nicht, Lacroix!«
Unentschlossen wandte Étienne sich Alexander zu. Was der Pelzhändler behauptete, klang logisch, trotzdem hatte er das Gefühl, angelogen zu werden. Diese beiden Männer verband mehr als ein einfacher Arbeitsvertrag, da war er sich sicher. Van der Meer hatte noch nie einen Leibdiener angestellt. Warum also ausgerechnet auf dieser Reise? Wenn man Wemikwanit glauben wollte, der sie in Grand Portage beobachtet hatte, bestand zwischen Alexander und seinem Dienstherren eine besondere Beziehung. Der Schotte wusste etwas, aber was? Es gab nur ein Mittel, die Wahrheit herauszufinden.
»Nun gut. Dann rede ich eben mit Macdonald.«
Mit diesen Worten stellte sich Étienne hinter den Händler, zwang ihn zum Aufstehen und bedrohte ihn mit seiner Klinge, die er ihm unter die Kehle hielt. Van der Meer rührte sich nicht und atmete tief, um sich zu beherrschen.
»Er sagt, dass du von nichts weißt. Ist das richtig, l’Écossais?«
Alexander erstickte fast vor Angst, mit einem einzigen Wort das Todesurteil für den alten Pelzhändler zu
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