Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung
noch einmal mit mehr Nachdruck. Arch Bug war sowohl nachtragend als auch rachsüchtig – und er hatte jedes Recht dazu, das musste er zugeben. Doch Ian hatte keinen Grund, den Mann für ein Ungeheuer zu halten.
Dennoch ließ er die kleinen Mädchen vor sich her reiten, bis sie an diesem Abend ihr Lager aufschlugen.
SIE SAHEN KEINE SPUR MEHR VON ARCH BUG, OBWOHL IAN HIN UND WIEDER das unheimliche Gefühl hatte, beobachtet zu werden, wenn sie Rast machten. Folgte ihm der Mann? Sehr wahrscheinlich, dachte Ian – denn sein plötzliches Auftauchen war gewiss kein Zufall gewesen.
Aha. Er war also nach Onkel Jamies Aufbruch zur Ruine des abgebrannten Hauses zurückgekehrt, um das Gold an sich zu bringen, doch es war nicht mehr da gewesen. Ian fragte sich flüchtig, ob es Arch wohl gelungen war, die weiße Sau umzubringen, doch dann verwarf er den Gedanken. Sein Onkel sagte, sie sei eindeutig eine Kreatur aus der Hölle und daher unzerstörbar, und er neigte dazu, das zu glauben.
Er warf einen Blick auf Rollo, der dösend zu seinen Füßen lag, doch der Hund benahm sich nicht so, als ob irgendjemand in der Nähe war, selbst wenn seine Ohren halb gespitzt waren. Ian entspannte sich ein wenig, behielt aber das Messer bei sich, auch im Schlaf.
Und das nicht nur aus Angst vor Arch Bug, vor Marodeuren oder vor Raubtieren. Er blickte zur anderen Seite des Feuers hinüber, wo Hermione und Trudy zusammen in seine Decke gewickelt lag – oder auch nicht. Die Decke war mit List und Tücke so zurechtgelegt, dass es aussah, als läge jemand darunter, aber ein Windstoß hatte sie an einer Ecke gelöst, sodass er sehen konnte, dass sie leer war.
Er schloss entnervt die Augen, dann öffnete er sie wieder und sah den Hund an.
»Warum hast du dich nicht gemeldet?», fragte er. »Du musst doch gesehen haben, wie sie gegangen sind!«
»Wir sind doch gar nicht fort«, sagte ein raues Stimmchen hinter ihm, und als er herumfuhr, hockten sie zu beiden Seiten seiner offenen Satteltasche und durchsuchten sie eifrig nach Essbarem.
»Wir hatten Hunger«, sagte Trudy und stopfte sich beiläufig die Überreste eines trockenen Kuchens in den Mund.
»Ich habe euch doch etwas zu essen gegeben!« Er hatte ein paar Wachteln geschossen und sie in Lehm gebacken. Zugegeben, kein Festmahl, aber -
»Wir haben aber immer noch Hunger«, sagte Hermione mit einer Logik, der nichts entgegenzusetzen war. Sie leckte sich die Finger ab und rülpste.
»Habt ihr etwa das ganze Bier getrunken?«, fragte er und packte die Steingutflasche, die zu ihren Füßen hin und her rollte.
»Mm-hm«, sagte sie verträumt und setzte sich abrupt hin.
»Ihr könnt nicht unser Essen stehlen«, sagte er ernst und nahm Trudy die geplünderte Satteltasche ab. »Wenn ihr alles aufesst, verhungern wir, bevor ich euch … dorthin bringen kann, wohin wir, äh«, schloss er ziemlich schwach.
»Wenn wir jetzt nicht essen, verhungern wir sofort«, sagte Trudy mit derselben Logik. »Besser, wir hungern später.«
»Wohin gehen wir denn eigentlich?« Hermione schwankte sacht hin und her wie eine schmutzige Blume im Wind.
»Nach Cross Creek«, sagte er. »Es ist der nächste, einigermaßen große Ort, und ich habe dort Bekannte.« Ob er dort allerdings Bekannte hatte, die ihm in seiner gegenwärtigen Lage helfen konnten … Schade, das mit seiner Großtante Jocasta. Wäre sie noch in River Run, hätte er die Mädchen einfach dort lassen können. Doch Jocasta und ihre Ehemann Duncan waren nach Nova Scotia emigriert. Dann war da noch Jocastas Haussklavin Phaedre … Er glaubte, dass sie in New Bern als Serviermädchen arbeitete. Doch nein – sie konnte nicht -
»Ist es so groß wie London?« Hermione ließ sich auf den Rücken plumpsen und blieb mit ausgestreckten Armen liegen. Rollo stand auf und beschnüffelte sie; sie kicherte – das erste unschuldige Geräusch, das er von ihr hörte.
»Alles gut, Hermie?« Trudy schlenderte zu ihrer Schwester hinüber und hockte sich besorgt neben sie. Nachdem Rollo Hermione gründlich beschnüffelt hatte, wandte er seine Aufmerksamkeit Trudy zu, die seine neugierige Nase jedoch einfach beiseiteschob. Hermione summte jetzt tonlos vor sich hin.
»Ihr fehlt nichts«, sagte Ian, nachdem er einen raschen Blick auf sie geworfen hatte. »Sie ist wohl nur ein bisschen betrunken. Das geht vorbei.«
»Oh.« Beruhigt setzte sich Trudy neben ihre Schwester und legte die Arme um ihre Knie. »Papa war auch immer betrunken. Aber er hat dann
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