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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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erbitten und mir die größte Segelflickernadel zu besorgen, die er finden konnte – und ein paar Flügelknochen aus dem Hühnereintopf an Bord der Pitt.
    Ich hackte beide Enden eines Knöchleins ab, überzeugte mich gründlich, dass das Mark beim Kochen vollständig herausgelöst worden war, und benutzte dann den kleinen Wetzstein des Schiffszimmermanns, um es an einem Ende anzuspitzen. Der Gänsekiel war einfacher zu bearbeiten; er war ja schon angespitzt, um damit schreiben zu können; ich brauchte nur noch die Fahnen abzuschneiden und dann Federkiel, Knochen und Nadel in eine flache Schale mit Brandy zu legen. So weit, so gut.
    Brandygeruch stieg schwer und süßlich auf und kämpfte mit Teer, Terpentin und Tabak und den salzgetränkten alten Schiffsplanken um die Oberhand. Zumindest konnte er die Blut- und Kotgerüche meiner Patienten teilweise überdecken.
    Ich hatte eine Kiste mit Meursault unter der Fracht entdeckt. Jetzt zog ich vorsichtig eine Flasche hervor und stellte sie mit zu der halben Flasche Brandy und meinem Stapel Verbandsmaterial. Ich setzte mich auf ein Teerfässchen, lehnte mich mit dem Rücken an ein großes Fass mit Tabak und gähnte.
    Ich schloss die Augen. Ich konnte meinen pochenden Puls in den Fingerspitzen und Augenlidern spüren. Ich schlief zwar nicht ein, sank aber langsam in einen Zustand, in dem ich nur halb bei Bewusstsein war und in dem mir dumpf bewusst war, wie das Wasser an den Bordwänden entlangrauschte, wie Stebbings laut seufzend atmete, wie der Blasebalg meiner eigenen Lunge gemächlich vor sich hin pumpte und mein Herz langsam und friedlich schlug.
    Die Schrecken und Wirrnisse des Nachmittags schienen schon Jahre her zu sein, und aus der Distanz meiner Erschöpfung erschien mir meine Sorge, ich könnte einen Herzinfarkt erlitten haben, lächerlich. Doch war sie das wirklich? Unmöglich war es jedenfalls nicht. Gewiss war es nicht mehr als panisches Hyperventilieren gewesen, nichts Lebensbedrohliches. Dennoch …
    Ich legte mir zwei Finger auf die Brust und wartete darauf, dass sich das Pulsieren in meinen Fingerspitzen mit dem Pulsieren meines Herzens synchronisierte. Langsam und fast träumend begann ich, meinen Körper vom Scheitel bis zu den Zehen zu durchwandern, und tastete mich durch die langen, stillen Passagen der Venen vor, gefärbt wie das tiefe Violett des Himmels kurz vor dem Anbruch der Nacht. Nebenan sah ich das Leuchten der Arterien, angeschwollen
vom Druck des roten Lebens. Betrat die Kammern meines Herzens und fühlte mich geborgen im Inneren der kräftigen Wände, die sich in festem, beruhigendem, endlosem, ununterbrochenem Rhythmus bewegten. Nein, mein Herz und seine Klappen hatten keinen Schaden genommen.
    Ich spürte meinen Verdauungstrakt, der stundenlang fest unter meinem Zwerchfell zusammengeballt gewesen war und sich jetzt dankbar gurgelnd entspannte, und Wohlgefühl lief mir wie warmer Honig durch die Gliedmaßen und über den Rücken.
    »Ich weiß zwar nicht, was du da tust, Sassenach«, sagte eine leise Stimme in meiner Nähe. »Aber du siehst sehr zufrieden aus.«
    Ich öffnete die Augen und setzte mich gerade hin. Jamie kletterte vorsichtig die Leiter herunter und setzte sich hin.
    Er war sehr blass, und seine Schultern waren vor Erschöpfung zusammengesackt. Doch er lächelte mich schwach an, und sein Blick war klar. So solide und verlässlich sich mein Herz gerade noch gezeigt hatte, nun erwärmte es sich und wurde weich wie Butter.
    »Wie geht es -«, begann ich, doch er erhob sich und unterbrach mich mit erhobener Hand.
    »Ich komme schon zurecht«, sagte er mit einem Blick auf das Lager, auf dem Stebbings flach und deutlich hörbar atmend lag. »Schläft er?«
    »Ich hoffe es. Und du solltest auch schlafen«, sagte ich. »Lass mich deine Verletzung versorgen, damit du dich hinlegen kannst.«
    »Es ist nicht sehr schlimm«, sagte er und zupfte vorsichtig an dem rostroten Stoffbausch in seiner rechten Hemdbrust. So wie er normalerweise zur Untertreibung neigte, hatte er wahrscheinlich einen klaffenden Säbelhieb in der Brust. Immerhin würde dieser leicht zugänglich sein, anders als die unglückliche Verletzung eines Seemanns von der Pitt, der irgendwie hinter dem Hodensack von einem Schrapnellsplitter getroffen worden war. Ich ging davon aus, dass dieser zuerst irgendwo anders aufgeschlagen und dann nach oben abgeprallt war, denn obwohl er glücklicherweise nicht tief eingedrungen war, war er platt gedrückt wie eine Sixpencemünze, als

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