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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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gefunden und zerrte und kaute mit großer Konzentration daran. Wie um sich selbst zu erfüllen, richtete sich der Lauf des Gewehrs auf sein Ziel. Ein kräftiger Bock, nicht mehr als hundert Meter. Er konnte das große, feste Herz spüren, das unter seinen eigenen Rippen pumpte, in seinen Fingerspitzen auf dem Metall pulsierte. Der Kolben drückte sich fest in seine Schulter.
    Er begann gerade abzudrücken, als er hinter sich im Wald Schreie hörte. Das Gewehr ging los, der Schuss feuerte ins Leere, der Hirsch verschwand krachend im brechenden Heidegeäst, und die Schreie verstummten.
    Er machte kehrt und hetzte in den Wald, in die Richtung, aus der er den Schrei gehört hatte, und sein Herz hämmerte. Wer? Eine Frau, doch wer?
    Er fand Jenny ohne große Schwierigkeiten, denn sie stand wie erstarrt auf der kleinen Lichtung, auf der er und sie und Ian sich als Kinder gestohlene Süßigkeiten geteilt und Ritter und Soldat gespielt hatten.
    Sie war eine tapfere Soldatin gewesen.
    Vielleicht hatte sie auf ihn gewartet, nachdem sie sein Gewehr gehört hatte. Vielleicht konnte sie sich einfach nicht bewegen. Mit geradem Rücken und leerem Blick stand sie da und sah ihn kommen, ihre Schultertücher wie eine rostige Rüstung um sich gelegt.
    »Fehlt dir etwas, Liebes?«, fragte er und lehnte sein Gewehr an die große Kiefer, unter der sie ihm und Ian in den langen Sommernächten vorgelesen hatte, wenn die Sonne vom Abendrot bis zum Morgengrauen kaum unterging.
    »Nein«, flüsterte sie mit tonloser Stimme.
    »Aye, gut«, sagte er seufzend. Als er sie erreichte, bestand er darauf, ihre Hände zu ergreifen; sie gab sie ihm zwar nicht, widersetzte sich aber auch nicht. »Ich habe dich schreien hören.«
    »Ich wollte nicht, dass es jemand hört.«
    »Natürlich nicht.« Er zögerte und hätte sie gern noch einmal gefragt, ob ihr etwas fehlte, doch das war töricht. Er wusste genau, was ihr fehlte und warum sie in den Wald gehen und schreien musste, dort, wo ihr niemand dumme Fragen stellen würde, ob es ihr gut ging.
    »Möchtest du, dass ich gehe?«, fragte er stattdessen, und sie verzog das Gesicht und zog an ihrer Hand, doch er ließ sie nicht los.
    »Nein. Was ändert das schon? Was ist überhaupt zu ändern?« Er hörte den Unterton der Hysterie in ihrer Stimme.
    »Wenigstens … haben wir den Jungen rechtzeitig zurückgebracht«, sagte er, weil er ihr sonst nichts anzubieten hatte.
    »Aye, das habt ihr«, sagte sie und rang so angestrengt um ihre Beherrschung, dass diese zerriss wie alte Seide. »Und deine Frau hast du auch mitgebracht.«
    »Machst du mir etwa Vorwürfe, weil ich meine Frau mitgebracht habe?«, fragte er schockiert. »Warum denn, in Gottes Namen? Solltest du nicht froh sein, dass sie zurückgekommen ist? Oder kannst du -« Er schluckte seine nächsten Worte hastig herunter; fast hätte er gefragt, ob sie es ihm missgönnte, dass
er noch eine Frau hatte, während sie im Begriff stand, ihren Mann zu verlieren, und das konnte er wahrhaftig nicht sagen.
    Aber das hatte Jenny gar nicht gemeint.
    »Aye, sie ist zurückgekommen. Aber wozu?«, rief sie. »Was nützt uns eine Feenfrau, wenn sie zu kaltherzig ist, auch nur einen Finger zu Ians Rettung zu rühren?«
    Er war so erschüttert, dass er nur benommen wiederholen konnte: »Kaltherzig? Claire?«
    »Ich habe sie gefragt, und sie hat es mir verweigert.« Die Augen seiner Schwester waren tränenlos, panisch vor Schmerz und Not. »Kannst du sie nicht dazu bringen, mir zu helfen, Jamie?«
    Die Lebenskraft seiner Schwester, die immer leuchtend vibrierte, pochte jetzt unter seinen Fingern wie ein in Ketten gelegter Blitz. Besser, wenn er sich an ihm entlud, dachte er. Ihn konnte sie nicht verletzen.
    » Mo pìuthar, sie würde ihn doch heilen, wenn sie könnte«, sagte er so sanft wie möglich, ohne sie loszulassen. »Sie hat mir erzählt, dass du sie danach gefragt hast – und sie hat dabei geweint. Sie liebt Ian genau -«
    » Wage es nicht zu sagen, dass sie meinen Mann genauso liebt, wie ich es tue!«, schrie sie und riss sich so heftig von ihm los, dass er überzeugt war, dass sie ihn schlagen würde. Was sie auch tat; sie ohrfeigte sein Gesicht so kräftig, dass ihm auf der getroffenen Seite das Auge tränte.
    »Das hatte ich gar nicht vor«, sagte er beherrscht. Er rieb sich vorsichtig die Wange. »Ich wollte sagen, dass sie ihn genauso liebt -«
    Er hatte vorgehabt zu sagen »wie mich«, doch dazu kam er nicht. Sie trat ihm so fest vor das Schienbein, dass

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