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Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung

Titel: Highland-Saga Bd. 7 - Echo der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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seiner Kinder zu sprechen. Sie zu trösten, so gut er konnte, ihnen vielleicht noch den einen oder anderen Rat zu erteilen, sie zumindest in dem Bewusstsein zurückzulassen, dass er sie liebte.
    Er hatte neben Jenny gestanden, als Ian starb. Sie hatte aufgeseufzt und schien dann in sich zusammenzusinken, als hätte man ihr plötzlich die Eisenstange aus dem Rücken gezogen, die sie während des letzten Jahres gestützt hatte. Ihr Gesicht hatte kein Leid gezeigt, obwohl er wusste, dass es da war; in diesem einen Moment jedoch war sie einfach nur froh gewesen, dass es vorüber war – um Ians willen, um ihrer aller willen.
    Also hatten sie gewiss in den Monaten, seit sie es wussten, Zeit gefunden, sie und Ian, einander zu sagen, was zu sagen war.
    Was würde er unter solchen Umständen zu Claire sagen?, fragte er sich auf einmal. Wahrscheinlich das, was er ihr schon beim Abschied gesagt hatte. Ich liebe dich. Ich werde dich wiedersehen. Schließlich hätte er nicht gewusst, was dem noch hinzuzufügen gewesen wäre.
    Er konnte nicht im Haus bleiben. Die Frauen hatten Ian gewaschen und ihn im Wohnzimmer aufgebahrt, und jetzt waren sie mit einer wütenden Koch- und Putzorgie befasst, denn das Ereignis begann schon, sich herumzusprechen, und die ersten Gäste kamen zur Totenwache.
    In der Dämmerung hatte der Himmel Regen gespuckt, doch jetzt fiel keiner mehr. Er ging durch den Gemüsegarten und dann zum Obstgarten hinauf, wo er Jenny entdeckte. Er zögerte einen Moment, doch dann setzte er seinen Weg fort und nahm neben ihr auf der Bank Platz. Sie konnte ihn ja fortschicken, wenn sie allein sein wollte.
    Doch das tat sie nicht; sie griff nach seiner Hand, und er umfasste die ihre, während er dachte, wie zierlich sie doch war, wie zerbrechlich.
    »Ich möchte fort«, sagte sie ruhig.
    »Das kann ich dir nachempfinden«, sagte er und warf einen Blick auf das Haus. Der Obstgarten war voller neuer Blätter, grün und frisch und glänzend vom Regen, doch irgendjemand würde sie gewiss bald finden. »Möchtest du ein bisschen am See spazieren gehen?«
    »Nein, ich meine, ich möchte fort von hier. Aus Lallybroch, für immer.«
    Das verblüffte ihn mehr als nur ein bisschen.
    »Das meinst du doch nicht ernst«, sagte er schließlich vorsichtig. »Du stehst schließlich unter Schock. Du solltest nicht -«
    Sie schüttelte den Kopf und hob die Hand an ihre Brust.

    »Etwas ist in mir zerrissen, Jamie«, sagte sie leise. »Was auch immer es ist, das mich hier festgehalten hat – es bindet mich nicht mehr.«
    Er wusste nicht, was er sagen sollte. Es hatte es vermieden, zum Turm und dem Friedhof hinüberzublicken, als er aus dem Haus trat, weil er den Anblick des dunklen, feuchten Stücks blanker Erde nicht ertragen konnte. Doch jetzt blickte er bewusst hinüber und wies mit dem Kinn darauf.
    »Du würdest Ian verlassen?«, fragte er.
    Sie stieß einen leisen Kehllaut aus. Sie hatte die Hand noch auf der Brust liegen, und bei diesen Worten presste sie sie mit aller Kraft flach auf ihr Herz.
    »Ian ist bei mir«, sagte sie und richtete sich auf, um dem frisch geschaufelten Grab die Stirn zu bieten. »Er wird mich nie verlassen und ich ihn auch nicht.« Dann wandte sie den Kopf und sah ihn an; ihre Augen waren rot, aber trocken.
    »Dich wird er auch nie verlassen, Jamie«, sagte sie. »Das weißt du genauso gut wie ich.«
    Da stiegen ihm die Tränen in die Augen, unerwartet, und er wandte das Gesicht ab.
    »Das weiß ich, aye«, murmelte er und hoffte, dass es tatsächlich so war. Denn in diesem Moment war die Stelle in ihm, die gewöhnlich Ian gehörte, leer und hohl, und sie hallte wider wie eine Bodhran. Würde er zurückkommen?, fragte sich Jamie. Oder war Ian nur ein Stück weitergezogen, in einen anderen Teil seines Herzens, an eine Stelle, wo er noch nicht nachgesehen hatte? Er hoffte es – doch vorerst würde er sich nicht auf die Suche machen. Und er wusste, dass es aus Angst war, dass er womöglich nichts finden würde.
    Gern hätte er das Thema gewechselt, um ihr Zeit und Raum zum Nachdenken zu lassen. Doch es war schwer, etwas zu finden, das nichts damit zu tun hatte, dass Ian tot war. Oder mit dem Tod im Allgemeinen. Alle Verluste sind eins, und jeder Verlust ist allgemein, ein einzelner Tod der Schlüssel zum Tor der Erinnerung.
    »Als Pa gestorben ist«, sagte er plötzlich und überraschte sich selbst genauso wie sie. »Erzähl mir, was passiert ist.«
    Er spürte, wie sie sich ihm zuwandte, um ihn anzusehen, doch er

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