Highland-Vampir
schaute sich kurz um, entdeckte keine Gefahrenquelle und ließ ihre Beute von der Schulter rutschen.
Sie legte Brian Wallace zu Boden. Der Mann war noch immer angeschlagen, so konnte sie sich dann um Gordon McClure kümmern, den sie allein zurückgelassen hatte.
Beim ersten Hineinschauen in die Höhle sah sie ihn nicht. Weiter hinten, wo sich die Querwand aufbaute, strahlten noch immer die Lampen das Licht ab. Wie hell gestrichene Balken schnitten sie dort die Dunkelheit entzwei, aber ihr Licht reichte keinesfalls bis in die vorderen Regionen hinein.
Sie warf einen letzten Blick auf ihre menschliche Beute, bevor sie auf den Eingang der Höhle zuging. Ihr war bei der letzten Aktion nichts passiert. Wieder einmal hatte sich Justine auf ihre übermenschlichen Kräfte verlassen können.
Sie blieb dicht vor dem Eingang der Höhle stehen – und ihr Gesicht entspannte sich, denn diese Szene war einfach perfekt. Super, ideal, grandios, denn so etwas hatte sie sich vorgestellt.
Auch der letzte Teil der Spannung fiel von ihr ab, und so betrat sie mit einer lässigen Bewegung das Innere der Höhle.
Ihr Blick fiel nach unten.
Da lagen sie. McClure über seinem Opfer, mit dem er noch nicht fertig war. Er hatte sich an dessen Hals regelrecht verbissen und saugte das Blut, denn darauf deuteten seine Bewegungen hin. Hin und wieder hörte Justine ein wohliges Stöhnen, und das veranlasste sie zu einem kalten Lächeln.
Sie drehte sich um und ging zu Brian Wallace.
Zusammengerollt hatte sie ihn auf die Erde gelegt, aber er war wieder erwacht und hatte auch gesehen, was sich inzwischen ereignet hatte.
Er wollte weg!
Justine lachte nur, ließ den Mann allerdings hochkommen, bis er eine hockende Stellung erreicht hatte. Dann trat sie mit einer lässigen Bewegung zu, erwischte die Schulter, und Brian Wallace wurde wieder zurück auf den Boden geworfen.
»So nicht«, sagte sie und stellte ihren rechten Fuß auf die Brust des Mannes.
Wallace konnte sich nicht mehr bewegen. Er hatte das Gefühl, auf seiner Brust eine Zentnerlast zu spüren. Er schaute in die Höhe, und dabei sah er, dass Justine auf ihn herablächelte.
So wie sie lächelte, hätte auch der Tod grinsen können. Es war das Lächeln einer Teufelin oder einer Raubkatze, die genau wusste, dass ihr das Opfer nicht mehr entkommen konnte.
»Keine Chance, Brian, nicht die geringste. Dein Blut gehört mir, denn nicht nur alte Vampire brauchen Nahrung. Ich bin ebenfalls hungrig, verstehst du?«
»Nein, nein, das ist...«
»Du willst es nicht verstehen, nicht wahr? Es ist auch nicht leicht, sich damit abfinden zu müssen, dass es Vampire tatsächlich gibt. Aber die Welt ist eben bunter, als sie sich die meisten Menschen vorstellen.«
»Lass mich laufen!«
»Ja, du wirst bald laufen!«
»Wieso? Ich...«
»Du wirst bald zu uns gehören, mein Lieber. Nach meinem Biss wirst du zunächst in eine wunderbare Dunkelheit versinken, die dich wiegt wie eine besorgte Mutter ihr Kind. Aber dann wirst du die Dunkelheit verlassen. Du wirst aus ihr in die Höhe steigen, und du wirst spüren, dass ein Mensch auch etwas anderes sein kann als ein Mensch und dabei das menschliche Aussehen nicht verliert.«
»Ich werde zu einem Vampir?«
»Ja, zu einem Wiedergänger. Und du wirst dir fortan eine neue Nahrung suchen. Eine flüssige. Du wirst auf die Jagd nach Menschen gehen, aber du hast auch die Möglichkeit, mit mir zusammen einzugehen in die wunderbare Vampirwelt. Das ist eine wunderbare Zukunft für dich, und ich werde mal wieder satt...«
Brian Wallace hatte alles gehört. Allein ihm fehlte der Glaube. Etwas sperrte sich in seinem Inneren dagegen. Er glaubte noch an einen bösen Traum, aber als der Druck des Fußes von seiner Brust wich, da wusste er, dass er keinem Traum anheim gefallen war, sondern leider die grausame Realität erlebte.
Justine Cavallo bückte sich.
Mit einer Hand zerrte sie den Mann hoch, als hätte dieser so gut wie kein Gewicht. So demonstrierte sie wieder einmal ihre über alles Menschliche hinausgehende Kraft.
Brian Wallace hing in ihrem Griff. Sie hielt seinen Nacken umfasst, als wäre er ein Karnickel. Er konnte kaum den Kopf drehen, sein Mund stand verzerrt offen. Er atmete tief ein und keuchend wieder aus.
Die schöne Bestie drehte ihn herum und war drei Schritte später in der Höhle verschwunden.
Dort hatte es der Highland-Vampir geschafft und sein Opfer leer getrunken. Er war dabei, sich aufzurichten, drehte seinen Kopf und präsentierte dabei
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