Highlander meiner Traeume
gepflegt hatte. In seiner Gegenwart hatte sich Aline wie eine begehrenswerte Frau gefühlt, wie ein Mensch, dessen Meinung wichtig und ernst zu nehmen war. Er hatte ihr aufmerksam zugehört und nicht wie Hector unwirsch abgewinkt, wenn sie etwas sagte.
*
Irgendwann schlief Aline dann doch ein, aber als sie aufwachte, war es noch immer dunkel. Sie sprang voller Elan aus dem Bett, entzündete eine Kerze und zog sich in Windeseile an, nachdem sie sich gründlich gewaschen hatte. Ihre wenigen Kleider befanden sich bereits in einer der Satteltaschen im Flur, und nun packte Aline auch noch den Rest ein, den sie mitnehmen wollte – Haarkämme, eine Haube zum Wechseln, Unterwäsche, Nähzeug, Seife, zwei Handtücher und etliche Talglichter sowie einen Feuerstein.
Es wurde langsam hell. Aline blies die Kerze aus und blickte sich noch einmal in der engen Schlafkammer um. Es war keine Wehmut in ihrem Blick, nur freudiges Begreifen, dass sie all diese Gegenstände nie wieder sehen musste. Dass sie nie wieder nach Ruthemore zurück kommen würde, selbst wenn sie Logan nicht fand, war eine Tatsache, deren sie sich seit dem Tag bewusst war, da sie sich entschlossen hatte, Logan Kerr zu folgen.
Nach einem schnellen Frühstück ging Aline in die Scheune, um Bobby ein letztes Mal in seinem heimatlichen Stall zu füttern, sein Fell zu putzen und ihn zu satteln. Es war merkwürdig still, das stets aufgeregte Gackern der Hühner fehlte, da Jane das gesamte Federvieh bereits vor Tagen abgeholt hatte.
Bobby merkte, dass etwas anders war als sonst. Und als ihn seine Herrin aus der Box führte, schnaubte er leise, als könnte er ahnen, dass sie zusammen auf eine große Reise gingen.
Aline band den Wallach an einem Haken im Hof fest und betrat noch einmal die Scheune, um den schweren Sattel zu holen. Dabei spähte sie ein letztes Mal zu dem Heuhaufen, der ihr gesamtes Leben auf den Kopf gestellt hatte. Mit einem leisen Seufzer kehrte sie dem Heuhaufen den Rücken zu, schlüpfte aus dem Tor und verschloss es sorgsam, obwohl es dort drinnen keine Wertgegenstände gab.
Bobby schnaubte noch einmal, als er gesattelt wurde. Er liebte es, geritten zu werden und freute sich, dass es diesmal seine Herrin sein würde. Sie war leichter und behutsamer als sein Herr, den er ohnehin schon seit Längerem nicht mehr gesehen hatte und keinesfalls vermisste.
Widerstandslos ließ sich der Wallach durch den schmalen Durchlass zwischen dem Bürgermeisterhaus und das Haus des Nachbarn führen und wartete geduldig, als Aline die Haustür abschloss und den Schlüssel auf den Türrahmen legte. Der neue Besitzer würde sich im Laufe des Tages sehen lassen, und es war nicht zu befürchten, dass sich vorher jemand ins Haus schlich, der dort nicht zu suchen hatte.
Aufatmend wandte sich Aline um und bestieg das Pferd. Auf der Straße war es noch ruhig, nur hier und da erklangen Hundegebell oder das Krähen eines Hofhahnes.
Gemächlich ritt Aline die Straße hinunter. Ihr war bewusst, dass sie ihr Heimatdorf verließ, in dem sie jedes Haus und jeden Bürger kannte. Aber nach dem Tod ihrer Eltern hatte sich Aline nicht mehr in Ruthemore wohlgefühlt – vor allem, nachdem der kleine baufällige Pachthof ihrer Eltern im Jahr zuvor abgerissen worden war, um dort ein stattliches Bürgerhaus zu errichten.
Aline schlug die Straße nach Carlisle ein, aber den Umweg hätte sie sich sparen können, denn niemand begegnete ihr. Ebenso gut hätte sie direkt in Richtung schottischer Grenze reiten können, doch nun war es nicht mehr zu ändern.
*
Am Abend machte sie Halt in einem Gasthof. Die Umgebung unterschied sich nicht im geringsten von der in England und bestand zum größten Teil aus Wiesen, Feldern, Wäldern und kleinen Ortschaften.
Nachdem Aline das Pferd einem Knecht übergeben hatte, damit Bobby versorgt wurde, nahm sie die schweren Satteltaschen und betrat die Schankstube. Die Wirtin war sehr freundlich und bot Aline ihr bestes Fremdenzimmer an, wie sie behauptete. Natürlich erkannte sie sofort, dass ihr hübscher Gast Engländerin war, und so fragte sie: „Wohin wollt Ihr reisen, so ganz alleine ohne männliche Begleitung?“
„Ist die Gegend denn so gefährlich?“ Aline erschrak. In ihrer Freude über die Aussicht, vielleicht Logan zu finden, hatte sie die Gefahren, denen eine einzelne Reiterin ausgesetzt war, nicht bedacht, obwohl sich Hectors Pistole unter ihrem Gepäck befand.
Zu ihrer Erleichterung schüttelte die Wirtin den Kopf. „Wenn Ihr auf
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