Highlander meines Herzens
sie sich so gut wie gar nicht erinnern, denn sie war noch sehr klein gewesen, als er von den Engländern verschleppt worden war. Einzig, dass er einmal Davis verscheucht hatte, als der sie auslachte, wusste sie noch.
»Sag mir«, bat sie leise. »Wenn man bedenkt, dass Sin gegen seinen Willen von den Engländern mitgenommen
worden ist, wie kommt es dann, dass er es heute vorzieht, sich nach englischer Sitte zu kleiden und zu benehmen?«
Braden holte tief Luft. Er drehte den Kopf zu ihr um, und sie konnte die Sorge in seinen Augen sehen. Und den Schmerz.
»Als Sin vierzehn war, wurde Henry zum König von England gekrönt, und als Teil der Krönungsfeierlichkeiten wurde den schottischen Geiseln, die König Stephen genommen hatte, gestattet, zu ihren Familien zurückzukehren. «
Maggie runzelte die Stirn. Davon hatte sie nie etwas gehört. Noch ergab es einen Sinn. Wenn Sin doch hatte heimkehren können, warum hatte er es nicht getan? »Wieso wollte Sin nicht nach Hause kommen?«
Ein Muskel begann an Bradens Kinn zu zucken. »Er wollte schon, aber mein Vater hat es ihm untersagt. Er hat König Henry eine Nachricht gesandt, dass er Sin behalten könne, da er keine Verwendung für seinen Sassenach-Sohn habe.«
Maggie stockte der Atem. Solche Grausamkeit konnte sie nicht begreifen. Bei allen Heiligen, wie sehr hatte das Sin schmerzen müssen, von der Antwort seines Vaters zu erfahren.
Plötzlich erschien ihr das ständige Herummäkeln ihres Vaters an ihr selbst gar nicht mehr so schlimm.
»Warum hat dein Vater das getan?«, fragte sie. »Was hatte denn deine Mutter dazu zu sagen?«
Braden blickte fort, aber sie sah trotzdem die Qual in seinen Augen. Und ein merkwürdiges Schuldbewusstsein, das sie sich nicht erklären konnte.
»Meine Mutter war der Grund, warum Sin nicht heimgekehrt ist«, sagte er schließlich mit gepresster Stimme. »Sie hat sich geweigert, mit ihm im selben Haus zu leben.«
»Warum?«, wollte Maggie wissen.
Warum wollte Aisleen nicht, dass ihr Sohn zu ihr zurückkehrte?
Braden seufzte. »Sins Mutter war eine englische Adelige, die mein Vater bei seinem ersten und einzigen Aufenthalt in London verführt hatte. Sin wurde nur wenige Monate vor Lochlan gezeugt.«
Maggie verzog bei diesen Worten das Gesicht. Das also war der Grund.
Die Zähne zusammenbeißend schüttelte sie ungläubig den Kopf. Männer und ihre Untreue. Wie konnte Braden nur so mit Frauen umgehen, wenn er doch die Folgen solcher Unverantwortlichkeit aus nächster Nähe hatte miterleben können?
Armer Sin, ausgestoßen zu werden, weil Aisleen es nicht ertrug, den sichtbaren Beweis für die Untreue ihres Mannes vor Augen zu haben.
Das Herz wurde ihr schwer, und sie verspürte für beide Mitleid.
»Was ist mit Sins Mutter?«, erkundigte sie sich.
Angewidert presste Braden die Lippen zusammen. »Sie wollte nichts mit Sin zu schaffen haben. Darum hat sie ihn zu meinem Vater geschickt, dass er bei ihm lebt. Schon vor Jahren hat sie entschieden, dass Sins Existenz ihr peinlich ist.«
»Also wurde er von beiden Elternteilen verstoßen?«
»Aye. Er ist ein bitterer Mann, aber das ist nur verständlich. «
Dem stimmte Maggie zu. Sie verstand nun den feindseligen Blick, mit dem Sin Aisleen betrachtet hatte, als sie auf dem Kirchhof erschien.
Er musste sie aus tiefstem Herzen hassen.
Maggie konnte sich nicht vorstellen, wie er sich gefühlt
haben musste, von seinen beiden Elternteilen im Stich gelassen zu werden. Das war mehr, als jemand erleiden sollte.
Sie sah Braden an, bemerkte den Schmerz in seinen Augen und fragte sich, was er wohl von dem Verhalten seiner Eltern hielt. In ihrem Herzen wusste sie, dass es auch ihm wehtun musste.
Braden ging schweigend weiter, während ungebeten die Erinnerung an jenen Tag in ihm aufstieg, als Sin gezwungen worden war, sein Zuhause zu verlassen.
Bis heute konnte Braden seiner Mutter nicht verzeihen, was sie getan hatte. Wie eine Frau ein Kind, selbst wenn es nicht ihr eigenes war, dem Todfeind ausliefern konnte, überstieg sein Begriffsvermögen.
Es war an genau jenem Tag gewesen, dass er beschlossen hatte, nie zu heiraten.
Sollte je ein Kind zu ihm kommen, das behauptete, seines zu sein, würde Braden es mit offenen Armen willkommen heißen. Er würde keine Frau haben, die es hassen könnte. Keine Frau, die ihm so lange zusetzte, bis er etwas Unverzeihliches tat.
Noch schlimmer aber war das niemals ganz vergehende Schuldgefühl, dass Sin es damals gewesen war, den sein Vater nach
Weitere Kostenlose Bücher