Highschool der Vampire
freiwillig Chaucer«, sagte Dad. »Gesegnet sei Graf Dracula.«
»Während seine Mutter und sein Vater DVDs von alten Filmen anschauen, die schon damals, als sie heraus kamen, schlecht waren«, sagte M o m . »Wir werden als El tern untauglich!«
»Bogart und Bacall haben nie einen schlechten Film gemacht«, meinte Dad. »Höchstens vielleicht einen mit unbedeutenden kleinen Mängeln.«
»Ich gehe in mein Zimmer rauf«, sagte ich. Die beiden Canterbury-Bücher nahm ich mit.
Ich legte die Bücher auf meinen Schreibtisch und kam mir wie ein Genie vor. Ich würde Chaucer lesen; dann würde ich bereit sein, mein eigenes Epos zu schreiben.
U n d dann würde Ileana es lesen, sehen, wie toll ich war, und sich in mich verlieben.
Ich ging ins Bett und lauschte dem sachten, leisen Zi-schen des Schnees, der in dieser durchaus edlen Nacht fiel.
Noten für Gadje
Am nächsten Tag fing ich nach dem Frühstück mit der Arbeit an.
Ich legte die beiden Fassungen der Canterbury-Erzäh lungen nebeneinander und las sie parallel. Zuerst eine Zeile in m o d e r n e m Englisch, danach eine in Chaucers.
Nach einer Stunde war ich bereit aufzugeben. Es war, als würde ich versuchen mit zwei Eimern Zement an den Füßen zu laufen.
U n d außerdem war Chaucer nicht besonders interes sant. Er stellte jeden einzelnen seiner Geschichtenerzäh ler vor und allein das nahm schon achtundzwanzig Seiten in Anspruch. U n d das meiste davon ergab keinen Sinn.
Ich wusste, was ein Rittersmann war, aber was war eine Priorin? Oder ein Kirchenbüttel oder ein Ablasskrämer?
N u r die Liebe brachte mich dazu, bis zum Ende des ers ten Teils durchzuhalten. Bis dahin war es Zeit zum Mit tagessen.
Als ich mich wieder an die Arbeit machte, war ich selbst auf ein paar Ideen gekommen. Es würde in mei nem Epos zwei Dichter geben, die in dieselbe Prinzessin verliebt waren. Sie würden Anaxander und Vasco hei ßen. U n d sie sollten sich einen Wettstreit liefern. Jeder von ihnen würde in ihren Palast gehen, um ihr Ge schichten zu erzählen, und der mit der besten Geschichte sollte sie heiraten.
Ich fand diese Idee so großartig, dass ich auf meinem Stuhl herumhüpfte, während ich sie niederschrieb. Alles, was ich jetzt brauchte, waren die Geschichten, die sie er zählen sollten, und Ileana hatte gesagt, dass sie mir die liefern würde.
Ich nahm das Blatt Papier, auf das ich vor ein paar Nächten Die geschrieben hatte, und fügte Myriade hinzu.
In die Zeile darunter schrieb ich von Cody Elliot.
Ich war so begeistert, dass ich mit meinem Prolog an fing:
» Wenn im August mit seinen heißen Tagen Der Dichter Pferde auf den staub'gen Weiden traben, Dann Anaxander und sein Freund Vasco Gen' Ileanas Burg begeb'n sich froh, Sie mit Geschichten zu berauschen, Während sie dasitzt und ihnen lauscht Und draußen hinterm Fenster glitzert Schnee.
Beide woll'n zur Frau sie nehm'n, o weh.
Doch einer nur wird sie erringen,
Vom hohen Turme fort sie bringen,
Wo Stund um Stund sie lebt,
Zu seiner eig'nen starken Burg.
Und da, in Freundschaft sie verbunden, Nicht kämpfen können sie viel Runden, Auf andre Art gilt's zu buhl'n um sie.
Erzählen woll'n sie kurzweil'ge Geschichten Und dann möge die Schöne richten,
Entscheiden sich mit ihrem Hirn,
Welcher der beiden Ritter gefallet ihr.«
Kein Wunder, dass Shadwell gern Epen schrieb! Ich hatte schon fast eine Seite fertig. Ich würde ein paar Änderun gen vornehmen müssen, das sah ich schon. Um nur eine zu nennen: Die Prinzessin konnte nicht Ileana heißen.
Aber das war leicht. Das große Problem war, wie ich er klären sollte, warum mitten im August draußen Schnee glitzerte. Aber ich wollte jetzt nicht aufhören, um das zu lösen. Ich war in Fahrt.
* * *
Der Montagmorgen fing ziemlich gut an. Z e h n Seiten von meinem Epos waren fertig. Ich hatte für alle meine Hausaufgaben etwas gemacht. U n d ich war gespannt, welche Noten ich auf die bereits abgegebenen bekom men hatte, und freute mich Ileana und Justin zu sehen.
U n d außerdem freute ich mich auf die Schwimmhalle.
Das Leben war nicht leicht, aber es begann interessant zu werden.
Dann, etwa fünf Minuten bevor M o m mich zur Schule bringen wollte, klopfte es an der Tür. Als sie öff nete, stand dort ein Chauffeur.
»Master Cody?«, sagte er.
M o m hatte ihre altejogginghose an und der Chauffeur war wie ein deutscher General angezogen. Sie starrte ihn bloß an. Sie hatte noch nie einen Jenti aus der Nähe ge sehen und dieser Typ war schon
Weitere Kostenlose Bücher